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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meine Güte und dein Christentum für meinen Islam zu halten. Willst du mir eine Bitte erfüllen?“
    „Wenn ich kann, ja, gern.“
    „Sprich immerhin vom Christentum mit mir, und erlaube mir, auch von ihm sprechen zu dürfen, wenn ich dich nach ihm zu fragen habe! Ich war in der letzten Zeit gar nicht zufrieden mit mir, daß ich damals im Kontinentalhotel diese Bedingung gestellt habe. Es raubt den Schlaf, wenn man gern etwas wissen will und doch nicht davon sprechen darf.“
    „Gut; wir wollen diese Bedingung also fallenlassen. Jetzt werden wir zwei Rikschas nehmen und nach dem Gasthaus fahren, wo du wohnen sollst.“
    Da hob er die gesenkten Augen wieder empor und ließ ein frohes Lächeln sehen. Er fühlte, daß ich ihn nur deshalb nicht zu Fuß gehen ließ und sogar selbst mitfuhr, um ihm zu zeigen, daß ich nun wieder mit ihm zufrieden sei. Er ahnte gar nicht, daß er nur noch mit einem Fuß in der Moschee, mit dem andern aber schon auf dem Wege zur Kirche stand.
    Als wir dann hinunter kamen und der Türsteher fragte, ob er nach Wagen oder Rikscha rufen solle, antwortete Omar in zwar höchst fraglichem Englisch, aber mit der ganzen, niederschmetternden Hoheit, die ihm möglich war:
    „Wir brauchen nur zu winken. Von euch übervorteilen lassen wir uns nicht!“
    Er vermutete ganz richtig, daß jeder von den Hotelbediensteten besorgte Wagen höher zu bezahlen sei als einer, den man sich selbst besorgt. Ich hatte für dieses Mal gegen seine Eigenmächtigkeit nichts einzuwenden. Er hob zwei Finger in die Höhe, worauf zwei Rikschamänner herbeigeeilt kamen. Ich stieg ein; er wartete, bis ich saß; dann nahm er auf der zweiten Platz, und zwar in einer Haltung und mit einer Miene, als ob er soeben das Grand Oriental-Hotel gekauft, bar bezahlt und an den ersten besten Bettler sofort wieder verschenkt habe.
    Wir fuhren nach dem Pettah, die Straße, welche nach der Markthalle führt. Sie ist erst breit und licht, wird aber später eng. Kurz vor Mittag ist dieses sogenannte ‚schwarze Stadtviertel‘ sehr belebt. Es gab Stellen, wo man sich drängte; trotzdem fiel es unsern Rikschaleuten nicht ein, ihre Schnelligkeit zu mindern. Sie haben ein bewundernswertes Geschick, sich überall glücklich durchzuwinden. Aber als wir einen kleinen buddhistischen Pilgerzug erreichten, fielen sie in langsamen Schritt, um nicht zu stören, weil sie die Heiligkeit der Religion achteten, obgleich sie nicht Buddhisten, sondern Christen waren.
    Diese Pilger kehrten vom indischen Festland zurück, wo sie die altehrwürdigen Tempel von Thana, Garapori, Pandsch-Pandu und Adschanta besucht hatten, um Gott in ihrer Weise zu verehren, und zogen nun nach ihrem heimischen Tempel, weil sie es für eine Pflicht hielten, dem, an den sie glaubten, für seinen Schutz während dieser Reise zu danken. Sie taten das in der stillsten, unaufdringlichsten Weise. Ruhige bescheidene Menschen, die nicht das geringste Aufsehen mit ihrer Frömmigkeit erregen wollten! Als sie uns hinter sich bemerkten, wichen sie unaufgefordert nach der Straßenseite hinüber, um uns bereitwillig Platz zu machen. Also wurden wir an ihnen vorübergefahren, wobei ich nach meiner Gewohnheit freundlich grüßte. Ihre sauberen, teils sogar aus Seide gefertigten Anzüge bewiesen, daß sie keineswegs zur sogenannten ‚Hefe des Volkes‘ gehörten. Von einem Europäer gegrüßt zu werden schien für sie beinahe ein Wunder zu sein. Sie staunten über diese ihnen so ungewohnte Höflichkeit und erwiderten meinen Gruß dann aber mit um so größerer Herzlichkeit und Freude.
    Wir näherten uns einer Straßenkreuzung. Von jenseits kamen uns Rikschas, Zebuwagen und dichtgedrängte Fußgänger entgegen; von links und rechts her flutete ein ähnlicher Verkehr, und hinter uns hörten wir plötzlich galoppierenden Hufschlag und ängstlich schreiende Menschenstimmen. Ich sah mich um. Es kam eine Schar Europäer geritten, Gentlemen, und auch einige Ladies dabei, mit wehenden Schleiern an den Tropenhelmen und Hüten. Sie ritten trotz des Gewühls beinahe Karriere, und zwar straßenbreit. Ich kannte die Art dieser von der Zivilisation bevorzugten Kaukasier, die sich um nichts anderes als um sich selbst, am allerwenigsten aber um die gesunden Glieder tief unter ihnen stehender Völkerschaften kümmern. Da war weiter nichts zu tun, als sich zu salvieren. Wehe dem, dem es nicht gelang, sich rechtzeitig seitwärts zu retten! Ich ließ schnell halten, stieg ab und sprang nach dem nächsten Haus, um mich

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