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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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miteinander zu verkehren! Das ist ein großes, wahres Wort. Aber der ärmste und niedrigste Mann besitzt bei Ihnen sein sogenanntes Hausrecht. Das Gesetz schützt ihn gegen jeden, der ohne seine Erlaubnis bei ihm eindringen will. Dieses Recht hat jeder Mensch, jedes Dorf, jede Stadt, jedes Land, jeder Verein, jede Gemeinde, jedes Volk. Haben wir es etwa nicht auch? Ja, wir haben es! Und es ist eine geschichtliche Lüge, zu behaupten, daß wir dieses Recht mißbraucht hätten. Wir haben asiatische Völkerschaften bei uns aufgenommen, welche noch heut bei uns wohnen, obgleich sie anderen Glaubens sind. Wir haben auch mit den Christen den Versuch gemacht. Sie wurden willkommen geheißen und mit hohen Würden und Ämtern bekleidet. Wie aber dankten sie uns? Heut hatten wir sie bei uns aufgenommen, und schon morgen griffen sie gierig in unsere Herzen, um sich nicht nur in unserem Land und in unseren Städten, sondern auch in unserem Himmel einzunisten. Sie, die wenigen Fremden, die sich daheim ihres Glaubens wegen selbst bitterlich hassen und bekämpfen; sie, die ihre gepriesene Zivilisation seit Anbeginn bis auf den heutigen Tag mit dem Blut ihrer eigenen Brüder düngten; sie, deren angebetete Weltweisheit nicht weitergekommen ist als nur zu der Behauptung, daß kein Gott die Welt regiere; sie, deren so laut ausposaunte Humanität nichts als nur der verkappte Egoismus ist; sie, deren staatliche Konstitutionen so vom Anarchismus, Nihilismus, Sozialdemokratismus und anderen Krankheiten, von denen wir uns freigehalten haben, zerfressen sind, daß sie sich ihrer kaum erwehren können: sie kommen zu uns, die wir Hunderte von Millionen zählen und eine fünftausendjährige Geschichte und Kultur besitzen, und wollen uns zwingen, unsere Religion ihren haßerfüllten Konfessionen zu opfern; sie legen mit ihren Kanonen unsere Türme, Mauern und Häuser in Trümmer, um uns ihre bessere Bildung und Gesittung beizubringen; sie verlangen von uns, anstelle unserer bewährten Philosophie die ihrige zu setzen, welche, ohne zum selbständigen Mann zu werden, noch gegenwärtig an den vertrockneten Brüsten heidnischer Ammen saugt; sie muten uns die sträfliche Befangenheit zu, ihrer Versicherung zu glauben, daß sie es mit der Erfindung ihrer ‚Interessensphären‘ und ‚offenen Tür‘ nur auf unser Heil abgesehen haben; sie tragen uns den Ungehorsam der Untertanen gegen ihre Vorgesetzten und die auflehnende Verachtung altehrwürdiger, heilig gewordener Gebräuche zu; sie nennen uns Heiden, ohne zu bedenken, daß unser Recht, auch sie als solche zu bezeichnen, viel größer als das ihrige ist, denn ganz abgesehen davon, daß sie nicht nach Christi Liebe und Lehre gegen uns handeln, haben sie das unerforschliche, unbegreiflich allgütige Wesen, welches der Urgrund alles Daseins ist, durch irdische Gestaltung und menschliche Ausstattung aus der Unantastbarkeit seines Himmels gerissen und zum Götterbild gemacht, während wir es so verehren und für so rein und über uns erhaben denken, daß wir nicht einmal unserer Sprache erlaubt haben, uns ein Wort zu geben, welches wir als seinen Namen nennen! Aber gerade weil wir keinen Namen haben, ist dieses Wort als Geist bei uns, und wenn die irdische Form, in welche wir diesen Geist nicht zu fassen und zu zwingen wagen, einst auch für uns in Staub zerfällt, so haben wir einen Schritt zu ihm empor getan und nehmen die Ehrfurcht und die Liebe derer mit, welche uns nie vergessen dürfen, weil sie uns nachzufolgen haben. Und wenn die Christen dieses zum Himmel hebende Verlangen, die Vorangestiegenen nicht aus den Augen zu verlieren, weil uns mit ihnen auch der Weg zum Himmel verloren sein würde, als sündhaften, götzendienerischen Ahnenkultus bezeichnen, so beweist dies nur, daß sie in den Geist unserer Religion nicht eingedrungen sind und nicht eindringen konnten, weil sie den Geist der ihrigen noch nicht begriffen haben. Er kann sich nur der Liebe offenbaren, und diese, die besitzen sie noch nicht!“
    Hier hielt er wieder inne. Erwartete er eine Antwort von mir, ein Eingehen auf diesen für mich so heiklen Gesprächsgegenstand? Ich räusperte mich, unschlüssig, ob ich sprechen solle oder nicht. Da sagte er schnell:
    „Bitte, schweigen Sie! Ich erwarte keine Antwort. Ich habe die Religion und die Kultur der Christen studiert. Ich weiß also, daß Sie sich jetzt in der höchst fatalen Lage befinden, als wahrer Christ die Scheinchristen verteidigen zu sollen und doch nicht zu können, weil

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