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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Was soll sie denken, wenn sie sieht, daß ich – daß – – daß – – –“
    Er sprach den angefangen Satz nicht aus. Das Lächeln, welches ich nicht ganz unterdrücken konnte, machte ihn irr, er errötete sogar.
    „Ja, was soll sie denken?“ fragte ich. „Daß sie ihnen Dank schuldet, weiter nichts! Sie haben sich keinen Augenblick besonnen, sondern alle Ihre Verpflichtungen liegenlassen, um mit uns zu gehen und ihren Vater zu retten. Meinen Sie etwa, daß sie darüber zürnen soll?“
    „Nein, das nicht; aber ich hätte sie fragen sollen, ob sie es mir erlaubt.“
    „Jede gute Tat ist erlaubt; ja, man soll sie sogar ohne Erlaubnis tun! Aber es gab ja auch gar keine Zeit zur Frage. Als Sie zu mir in das Hotel kamen, war Miß Mary soeben von uns gegangen, und wir haben sie nicht eher wiedergesehen, als bis sie vorhin an Bord kam. Es war also unmöglich, ihr zu sagen, daß sie außer mir noch einen zweiten Gefährten aus Kairo hier treffen werde. Wünschen Sie, daß ich sie auf diese Überraschung vorbereite?“
    „Ich bitte sogar darum! Es würde mir außerordentlich peinlich sein, sie in einer für mich nicht erfreulichen Weise überrascht zu sehen. Auch hege ich meines Namens und Standes wegen gewisse Bedenken. Sie weiß da nicht, woran sie mit mir ist.“
    „Nicht? Nun, das soll sie sofort erfahren!“
    Mary war soeben aus ihrem Raum getreten, um einen Scheideblick auf Penang zu werfen, denn die ‚Yin‘ begann sich zu bewegen. Ich wandte mich von dem Chinesen ab, um zu ihr zu gehen, und hatte meine Worte selbstverständlich nur im Scherz gemeint; da ergriff er meinen Arm und sagte ängstlich:
    „Was wollen Sie? Wie wollen Sie zu ihr, zu – zu – – –“
    „Ich werde ihr alles sagen, alles!“ fiel ich ihm in die Rede und machte meinen Arm frei.
    „Aber ich bitte Sie um – – –!“
    Mehr hörte ich nicht, weil ich mich schnell von ihm entfernte. Mary kam mir auf halbem Weg entgegen. Sie wollte irgendeine Bemerkung, eine Frage aussprechen; ich ließ ihr aber keine Zeit dazu, sondern erkundigte mich bei ihr:
    „Haben Sie vielleicht grad jetzt grausam viel zu tun, Miß Waller?“
    „Nichts, gar nicht“, lächelte sie.
    „Ich möchte Ihnen einen Herrn vorstellen.“
    „Welchen, wo?“
    „Bitte, kommen Sie!“
    Ich führte sie nach Tsis Kabine, in welche er wieder geschlüpft war. Er sah uns kommen und war also gezwungen, wieder herauszutreten. Welch eine Überraschung für die Amerikanerin!
    „Das ist Herr Doktor Tsi, welcher Medizin studiert hat und ein untrügliches Mittel gegen Dysenterie kennt“, sagte ich ernst und feierlich, als ob ich überzeugt wäre, daß sie einander noch nie gesehen hätten. „Dieser junge Arzt“, fuhr ich fort, „ist auch den beiden Englishmen, deren Gäste wir sind, als Doktor Tsi bekannt. Mehr ist wohl auch nicht nötig.“
    Hierauf verbeugte ich mich und ging fort. Ich war mir bewußt, Tsi in eine unendliche Verlegenheit gebracht zu haben, doch aber so vollständig gefühl- und gewissenlos, mir nichts daraus zu machen. Die letztere Bemerkung hatte ich nicht unterlassen wollen, weil Mary Waller doch wissen mußte, als was unser chinesischer Freund hier auf dem Schiff zu gelten hatte. Nun wandte ich meine ganze Aufmerksamkeit dem letzteren zu.
    Raffley kommandierte selbst. Er war der Mann, welcher bei der Ankunft der ‚Yin‘ den großen Strohhut auf dem Kopf gehabt hatte; er trug ihn jetzt wieder, um seine Augen gegen die Strahlen der schon schiefstehenden Sonne zu schützen. Es war eine wahre Pracht, wie willig das schöne Fahrzeug jeder Silbe gehorchte, welche er in das Sprachrohr hauchte. Die See war heute ziemlich unruhig, aber diese ‚Yin‘ machte sich nichts daraus; sie nahm die Wogen mit solcher Leichtigkeit, daß von einer Erschütterung ihres Körpers fast nichts zu spüren war.
    Man pflegt, wenn man von Penang nach Uleh-leh geht, nach Durchquerung der Malakkastraße in Edi, Lo-Semaweh und Segli anzulegen. Das sind Militärstationen, welche an der fieberhauchenden Küste angelegt sind, um bei den Kämpfen gegen den Herrscher von Atjeh den kriegerischen Vorstößen in das Innere als Stützpunkte zu dienen. Infolge dieses dreimaligen Anlegens sind zwei Tage notwendig, um von Penang nach Uleh-leh zu kommen. Unsere kleine ‚Yin‘ aber konnte die direkte Linie nehmen, und da sie pro Stunde zehn Knoten mehr als die ‚Coen‘ meines Freundes machte, so brauchten wir nicht einmal einen vollen Tag, um hinüberzukommen.
    Das Wetter

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