314 - Exodus
umklammerte seine Beine. Überrascht ging Vogler zu Boden. Die Stange fiel herab, Xij fing sie im Liegen auf. Sie spürte, wie ihr schwindelig wurde. Sie musste weg, in Sicherheit, bevor sie das Bewusstsein verlor.
Hastig kroch sie von Vogler fort und kam mithilfe der Stange auf die Beine. Vogler machte keine Anstalten, ihr zu folgen. Er stand unsicher auf und taumelte Richtung Ausgang davon, ganz so, als habe der Kampf gar nicht stattgefunden. Dabei drehte er sich nicht einmal zu ihr um. Stattdessen begann er tief und gleichtönend zu summen.
Das Bild seines pendelnden Körpers mit den langen schwarzen Haaren verschwamm vor Xijs Augen. Ihr wurde übel. Sie musste ihre Stirn nicht berühren, um zu wissen, dass sie blutete. Der Gang drehte sich vor ihr. Sie musste Hilfe holen!
Inzwischen lag ihr Quartier viel weiter entfernt als das von Clarice und Vogler. Sie schrak zusammen, als sie an Clarice dachte. Ob Vogler sie verletzt oder sogar getötet hatte? Es gab keinen Zweifel mehr daran, dass der nahende Streiter ihn beeinflusste.
»Clarice!«, krächzte Xij, sich an der Wand abstützend. Sie musste zu Clarice.
***
Matt träumte und wusste, dass er träumte. Aber obwohl der Traum ihn quälte, lag er wie gelähmt und schaffte es nicht, aufzuwachen.
Auch im Traum lag er gelähmt am Boden, Arme und Beine weit vom Körper gestreckt. Er fühlte sich, als würden ihn Nägel an die Eisfläche unter sich pinnen. Aruula beugte sich über ihn. Ihr Gesicht war blutverschmiert. Sie hielt das Schwert in der Hand, das er ihr gestohlen hatte. Das Schwert mit Aikos Speicherkristall. Die blutbesudelte Klinge ragte ihm entgegen, zielte auf seinen Bauch. Ihre Stimme klang höhnisch.
»Du willst das Schwert? Da hast du es!« Sie stieß zu, durchbohrte ihn bis zum Heft. Dabei lachte sie, aber es war nicht ihr Lachen. Der Streiter lachte.
Matt schrie. Aruula kreischte: »Wo ist er?! Wo ist er?! Sag es mir, Bastard!«
Ich träume nur, ich träume, ich muss aufwachen, das ist nicht real! Er riss die Augen auf und hörte den Schrei noch immer in weiter Ferne. Aruula schrie – auf Hydritisch! Matt blinzelte; er brauchte einen Augenblick, zu sich zu kommen. Sein Blick fiel im schwachen Diodenlicht auf das leere Lager von Xij. Das Schreien war real, aber nicht er oder Aruula schrien. Vor seiner Kammer kreischte ganz eindeutig ein Hydrit!
»Was zur Hölle...« Er sprang auf und verlor keine Zeit. Hastig packte er den Blitzstab und lief zum Schott. Draußen fand er Quart’ol schreiend im Gang vor. Gilam’esh hielt ihn um die Körpermitte gepackt.
»Es ist gut!«, herrschte Gilam’esh seinen Freund auf Hydritisch an. »Du hast nur geträumt!« Seine Stimme klang verzweifelt. »Komm zu dir!«
Matt eilte zu den beiden. »Wir müssen ihn zu Clarice bringen. Vielleicht beruhigt ihn eins ihrer Pflaster.« Er griff Quart’ols Arm. Gemeinsam zogen sie den Hydriten mit sich. Quart’ol wehrte sich nicht. Mit weit aufgerissenen Augen stieß er weiterhin Schreie aus.
»Was... ist denn passiert?«, keuchte Matt.
»Es sind die Träume.« Gilam’esh klang, als würde ihm das Sprechen große Mühe bereiten. »Ich hatte sie auch. Ich dachte, ich müsste durchdrehen. Aber manchmal hat es seine Vorteile, wenn man schon einmal wahnsinnig war und diesen Zustand überwunden hat.« Er gab ein hartes Klacken von sich, ein bitteres Lachen. »Ich kann es kontrollieren, Matt. Aber ich weiß nicht, wie lange noch.« Er verstummte.
Sie erreichten das Quartier von Clarice und Vogler. Das Schott glitt auf. Drinnen saß nur eine Person auf einer der Bionetikliegen: Xij. Sie wirkte benommen, ihr Oberkörper pendelte von links nach rechts. Ein Verband lag um ihre Stirn.
»Xij!« Matt ließ Quart’ol los, dessen Schreie inzwischen in ein schnalzendes Wimmern übergegangen waren. »Was ist passiert? Wo sind Clarice und Vogler?« Er hatte ein ganz mieses Gefühl.
Xij blinzelte, als wäre sie gerade aus dem Schlaf erwacht. Ihre Worte klangen schwach. »Vogler... Vogler ist durchgedreht und hat... mich niedergeschlagen. Dann...«
Takeos Stimme unterbrach sie von einer Membran im Gang her. »Das Schott zur Schleuse wurde geöffnet! Ich wiederhole: Jemand hat das Innenschott geöffnet!«
»… ist er weggelaufen«, endete Xij schwach. »Ich bin zu Clarice. Sie... hat mich verbunden und... ist ihm nach.«
Gilam’esh nahm zwei der Pflaster aus Clarices Vorräten und klebte sie Quart’ol und sich selbst auf den Hals.
»Ich muss nachsehen!« Matt wandte sich
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