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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig
Autoren: Michelle Stern
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Ende gewesen.
    »Gilam’esh?« Die Öffnung hatte sich so leise geweitet, dass er es gar nicht gehört hatte. Gilam’esh drehte sie zu Pan’dorah um. Sie sah besorgt aus. Ihre grünblaue Musterung wirkte fahler als sonst. »Dein Bruder ist noch nicht zurück?«
    »Nein. Schwimmen wir rüber ins Hydrosseum?« Er wollte unter Hydriten und sich daran erinnern, dass es andere um ihn herum gab.
    Sie stimmte zu und begleitete ihn. »Was genau ist es, das Quart’ol so zusetzt?«
    Gilam’esh glaubte, außer der Sorge auch Interesse aus der Frage herauszuhören. Vielleicht hatte Sam’esh recht und Pan’dorah hatte einen Narren an Quart’ol gefressen. »Er hat die Hydritin verloren, die er liebt.«
    »Oh.« Sie schnalzte leise. Eine Weile schwiegen sie beide.
    Gilam’esh dachte über das Hydrosseum und die Geschichtsaufzeichnungen nach, die dort lagerten. Fast jedes Hydrosseum verfügte über Bilder, die sich berühren ließen und mentale Botschaften ausstrahlten. Die Aufzeichnungen konnten sowohl von den Quan’rill, den Geistwanderern, als auch von den Dyr’ell, den nicht mental begabten Hydriten, wahrgenommen werden. Über diese Bilder hatte er die vernichtende Kraft der Molekularbeschleuniger gesehen, die zu einer weltumfassenden Sintflut geführt hatte. Auch das Jahr kannte er inzwischen: Er befand sich im 983. Zyklus vor Ei’dons Krönung. 2402 Jahre dauerte es noch, bis laut einem Mythos der Oberflächenbewohner ein Gottmensch namens Jesus von Nazareth in Jerusalem geboren werden sollte.
    Vor ihm lag eine verdammt lange Zeit, wenn er Matt tatsächlich helfen wollte. Ob er seine Vertrauten je wiederfinden würde, blieb im dunklen Wasser.
    Pan’dorahs Stimme unterbrach seine düsteren Gedanken. »Steht deine Entscheidung noch? Sam’esh und ich wollen schon in wenigen Phasen aufbrechen.«
    »Ja. Ich begleite euch.« Er überlegte kurz. Es gab noch etwas, das er mit Pan’dorah klären wollte, ehe sie loszogen. »Warum hilfst du mir?«
    »Was?« Sie sah ihn überrascht und ein wenig ängstlich an. Dabei hatte es bisher nicht den Eindruck gemacht, als würde sie sich vor ihm fürchten.
    »Du hast dem Rat von Igin’dir gesagt, ich sei ein Wissenschaftler aus Hykton, ohne dass du wissen kannst, ob das stimmt. Du hast mir eine Wohnsphäre samt einer neuen Ausrüstung besorgt. Du möchtest mich sogar zu deinem Forschungsauftrag mitnehmen, ohne mehr über mich zu erfahren. Auch wenn die Zeiten gerade relativ friedlich sind und Gilam’esh Offenheit und Freundlichkeit lehrte, möchte ich wissen, was dich antreibt.«
    Sie hatten die große Halle des Hydrosseums erreicht. Nebeneinander verhielten sie an einer Korallenstatue des Verehrten Ramyd’sam, der als König Gilgamesh im Reich Uruk am Fluss Euphrate Wissen unter die Menschen brachte.
    Pan’dorah hielt seinem forschenden Blick stand. Sie senkte ihre Stimme. »Sam’esh würde sagen, weil ich dumm und naiv bin. Ich sage, weil ich spüre, dass du nichts Böses im Schilde führst. Du bist Wissenschaftler und ganz bestimmt kein Mar’os-Jünger. Wenn du so wenig über deine Herkunft verrätst, dann sicher nur, um andere zu schützen. Außerdem...« Sie hielt inne. »Wann hast du dich das letzte Mal in einem Spiegel betrachtet?«
    Die Worte machten ihn verlegen. Gilam’esh fühlte sich auf einmal in seine Jugendzeit zurückversetzt, lange bevor er Manil’bud kannte. »Du meinst, ich sehe... gut aus?« Dieser Ansatz für eine Entscheidungsfindung verwirrte ihn.
    Sie lachte schnalzend auf, wurde jedoch sofort wieder ernst. »Es ist nicht direkt ein gutes Aussehen. Eher eine Art Aureole, die dein Mentalkörper ausstrahlt. Du glaubst, ich wüsste nicht, wer du bist? Du bist ein mächtiger, uralter Quan’rill. Sicher kannst du auch einige Tiere beherrschen. Deine Gaben sind selten. Da wo ich herkomme, giltst du als Erwählter. Erwählte haben keinen leichten Weg. Deswegen helfen Hydriten wie ich ihnen, damit sie das tun können, wofür sie bestimmt sind.«
    Gilam’esh kämpfte gegen ein Gefühl von Enge im Hals. »Und was wäre das?«
    Sie legte ihm beide Flossenhände auf die Schultern. In ihren Augen lag Zuversicht. »Etwas Großes«, klackerte sie schlicht, mit einer Ehrfurcht, die Gilam’esh schaudern ließ.
    ***
    »Das ist die Letzte.« Gilam’esh verstaute das vasenartige Bionetikgefäß in einem abgetrennten Quallenraum mit mehrfacher Sicherung. Dort standen inzwischen zehn Vasen mit Proben in Nährlösung.
    »Na hoffentlich«, maulte Sam’esh. »Wenn wir
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