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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gehorsam eigentlich verantworten zu können.“
    „Dennoch rate ich, es zu probieren. Tun Sie wenigstens mich den Jefallen!“
    „Meinetwegen. Wenn es nichts nützt, so wird es jedenfalls auch nichts schaden.“
    Er zog die erwähnte Legitimation hervor, reichte dieselbe dem Mandarin hin und sagte: „Sehen Sie einmal dieses Schriftstück an! Vielleicht hat es die Wirkung, Sie von Ihrem grausigen Entschluß abzubringen.“
    Der Beamte griff nach dem Kuan. Als sein Auge auf die Zeichen fiel, nahm sein Gesicht einen ganz andern Ausdruck an.
    „Ein T'eu-kuan!“ rief er aus. „Und zwar ein derartiger, wie ihn nur ganz bevorzugte Personen bekommen! Herr, Sie sind ein vornehmer Schützling des T'eu. Ich darf mich nicht weigern; ich muß tun, was Sie wollen.“
    „Das wußten Sie schon vorher, da wir die Macht hatten, Sie zu zwingen. Es handelt sich jetzt darum, ob Sie auch jetzt noch entschlossen sind, sich das Leben zu nehmen?“
    „Jetzt nicht mehr, da die Befürchtungen, welche ich hegte, nun nicht mehr zutreffend sind. Welch ein Glück, daß Sie einen solchen T'eu-kuan besitzen! Er entbindet mich ja jeder Verantwortung.“
    „Wirklich?“
    „Ja, Herr. Wehe dem, welcher mich wegen einer Tat bestrafen wollte, welche ich auf Vorzeigen dieses Kuan vorgenommen habe!“
    „Aber Sie müssen Ihren Vorgesetzten beweisen können, daß Ihnen derselbe gezeigt worden ist?“
    „Allerdings.“
    „Wie aber wollen Sie das tun?“
    „Können Sie mir den Kuan nicht zurücklassen?“
    „Nein. Sie sehen ein, daß ich mich von so einem wichtigen Schriftstück unmöglich trennen kann. Es ist wahrscheinlich, daß ich seiner noch sehr oft bedarf.“
    „Aber Sie wissen, wo der T'eu sich jetzt befindet?“
    „Nein. Derjenige, von welchem ich den Kuan empfing, konnte es mir nicht sagen. Der T'eu hat ja keinen festen, bleibenden Aufenthaltsort.“
    „Das ist wahr. Aber es ist zu erfahren, wo man ihn treffen kann. Wer einen solchen Kuan besitzt, dem muß jeder Untertan des T'eu genaue Auskunft erteilen. Wohin wollen Sie die Gefangenen bringen?“
    „Sie sehen ein, daß Sie der allerletzte sind, dem ich das verraten darf.“
    „O nein. Ich bin der allererste, dem Sie es sagen können, denn ich werde mit Ihnen gehen. Ich selbst werde diese Herren aus dem Gefängnis führen.“
    „Darf ich diesen Worten Glauben schenken?“
    „Gewiß! Ich muß dem T'eu gehorchen. Aber um meine Ehre zu retten, muß ich nachweisen können, daß er es ist, dem ich zu Willen gewesen bin. Infolgedessen muß ich ihn aufsuchen, ihn oder einen seiner Offiziere, um mir das Zeugnis zu holen, dessen ich bedarf, wenn ich nicht allen meinen Hoffnungen auf die Zukunft entsagen will.“
    „Sie wollen also sogleich mit uns fort? Jetzt?“
    „Ja, denn wenn ich eingesperrt werde, kann ich den erwähnten Beweis nicht liefern. Und da Sie den Kuan besitzen und nicht aus der Hand geben wollen, ist es mir nur mit Ihrer Hilfe möglich, das Zeugnis zu erlangen.“
    „Können Sie es denn verantworten, das Gefängnis ohne Aufsicht zu lassen?“
    „Das beabsichtige ich ja gar nicht. Ich werde, bevor ich gehe, die Aufsicht einem Unterbeamten übergeben und ihm zugleich sagen, daß ich auf höheren Befehl die Gefangenen entlassen und persönlich begleiten muß.“
    Der Mandarin sprach mit dem Ausdruck der Wahrheit und zeigte dabei eine so aufrichtige Miene, daß es dem Methusalem schwer wurde, an ihm zu zweifeln. Aber es galt, vorsichtig zu sein. Der so schnelle Entschluß des Mandarinen konnte eine Kriegslist sein. Darum erkundigte sich der Student: „Wenn Sie mit uns gehen wollen, so müssen Sie sich vorher auf eine längere Abwesenheit vorbereiten?“
    „Ja.“
    „Wir sollen Ihnen also erlauben, dieses Zimmer zu verlassen?“
    „Ich muß Sie freilich darum bitten.“
    „Und da haben Sie Gelegenheit, alle Ihre Leute gegen uns zusammenzurufen! Nein, das kann ich nicht genehmigen.“
    Der Mandarin antwortete in bescheidenem Ton: „Ich kann es Ihnen nicht verdenken, daß Sie Mißtrauen hegen; aber ich will dasselbe zerstreuen, indem ich Sie bitte, mich nach meiner Wohnung zu begleiten. Sie liegt hier in diesem Gang. Ich werde zwischen Ihnen gehen, und Sie können mich sofort töten, wenn ich das geringste tue, was Ihren Verdacht rechtfertigt.“
    „Damit bin ich einverstanden, vorausgesetzt, daß Sie mir erlauben, die bisherigen Gefangenen vorher aus diesem Haus zu bringen.“
    „Wohin?“
    „Ganz in die Nähe, wo unsre Tragsessel halten.“
    „Wollen Sie mich

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