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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in stürmischer Weise: „Herr, der Brief ist von unserm Vater?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte.
    „Und dieses Weib heißt Hao-keu?“
    „So ist ihr Name.“
    „Dann ist sie unsre Mutter?“
    „Sie ist es. Und ihre Töchter sind Méi-pao und Sim-ming, Ihre Schwestern.“
    „O Himmel, o Allmacht! Unsre Mutter und unsre Schwestern! Komm, Bruder, komm hinaus zu ihnen!“
    Sie eilten ihren Anverwandten nach. Die andern wußten nicht, was geschehen war. Degenfeld erklärte es ihnen mit kurzen Worten. Sein Bericht erfüllte sie mit großer Freude und tiefer Rührung, der sie in fröhlichen Worten Ausdruck gaben. Turnerstick meinte, indem er den Klemmer abnahm und sich die Augen wischte: „Welch ein Wiederfinden! Welch eine Szene! Aber von Ihnen, Methusalem, war es sehr unrecht und hinterlistig, uns zu verschweigen, was Sie wußten. Auch wir waren ganz unvorbereitet; wie leicht konnten wir da aus lauter Rührung auch in Ohnmacht fallen!“
    „Wenn auch dat nich“, sagte der Gottfried, „denn ich bin kein Freund von Ohnmacht; überhaupt von allen Wörtern, welche in die erste Silbe mit ‚ohne‘ bejinnen, aberst dennoch bin ich ebenso unzufrieden mit Ihnen, oller Methusalem. Wenn Sie mir bei die Joldjeschichte zu Ihren Vertrauten machten, so konnten Sie mich auch in diese weitere Anjelegenheit einen jeheimnisvollen, vielsagenden Wink jeben. Es ist janz unverantwortlich, einen erwachsenen Menschen so mich nichts, dich nichts aus die eine Empfindung in die andre zu stürzen! Wie leicht kann da ein weiches Jemüt zu Schaden kommen. Man hat doch auch ein Herz! Nicht wahr, Mijnheer?“
    „Ja“, antwortete der Dicke, welcher seine schottische Mütze in der Hand hielt und sich mit derselben die Zähren der Teilnahme aus den kleinen Äuglein wischte. „Ik heb ook een hart, een mijn hart is goed, zeer goed. Ik moet snuiven en snuiten, dat deze mensen zieh gekregen hebben. Ik ben daardoor zoo zwak geworden, dat ik zitten moet – Ja, ich habe auch ein Herz, und mein Herz ist gut, sehr gut. Ich muß schnauben und schneuzen, daß diese Menschen sich bekommen haben. Ich bin dadurch so schwach geworden, daß ich sitzen muß.“
    Er wollte sich niederlassen, aber der Methusalem sagte: „Nicht wieder niedersetzen, Mijnheer! Unsere Gegenwart würde jetzt hier nur belästigen. Überlassen wir diese guten Leute vielmehr sich selbst, indem wir uns leise entfernen. Solche Szenen dürfen keine fremden Zeugen haben.“
    „Schön, jehen wir!“ stimmte der Gottfried bei. „Dat wird ihnen einen Beweis liefern, dat wir von diejeniger zartsinnige Noblesse sind, welche bei dergleichen Wiedersehen und sonstige Bejegnungen dat Zeichen einer juten Erziehung ist. Aberst die Pipe muß anjesteckt werden. Sie soll dat Freudenfeuer bedeuten, dat wir dem neubejründeten Glück unsrer Nebenmenschen bringen.“
    Er tat es nicht anders, der Methusalem mußte das Mundstück nehmen. Dann, als der Tabak glimmte, verließen sie das Haus, um sich nach dem Einkehrhaus zurückzubegeben.
    Noch immer standen viele Leute draußen, welche ihnen ehrerbietig Platz machten und sie so lange begleiteten, bis die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte.

SIEBZEHNTES KAPITEL
    Unter dem Schutz des Bettlerkönigs
    Nun ließ der Methusalem den Wirt kommen, um bei demselben die für das Abendessen nötigen Bestellungen zu machen. Eben als sie beisammen standen und sich berieten, erschollen draußen laute Rufe, und die Menschen, welche vor dem Haus gestanden hatten, eilten davon, die Straße entlang.
    „Was ist das? Was ruft man?“ fragte Degenfeld den Wirt.
    „Ich kann die Worte nicht genau verstehen. Es scheint jemand zu kommen, den die Leute kennen“, lautete die Antwort.
    „So muß dieser Jemand eine hier beliebte oder gar hervorragende Persönlichkeit sein!“
    „Jedenfalls. Ich werde nachschauen.“
    Er ging hinaus vor die Tür, kehrte aber sofort zurück und rief in freudigem Ton: „Wissen Sie, wer da kommt, hoher Herr?“
    „Natürlich nicht. Wer ist es?“
    „Der T'eu, der T'eu, kein andrer als der T'eu!“
    „Ah! Der Bettlerkönig?“
    „Ja, der Bettlerkönig. Da es schon spät am Tag ist, so wird er nicht weiterziehen, sondern hier bei mir bleiben, was er stets tut, wenn er nach Ho-tsing-ting geht, um Herrn Sei-tei-nei zu besuchen.“
    „Diesen besucht er?“
    „Ja, und oft.“
    „Was tut er dort?“
    „Er kommt aus Liebe und Zuneigung, denn der Bettlerkönig und Herr Sei-tei-nei sind sehr gute Freunde. Aber ich muß hinaus, um ihn zu

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