32 - Der Blaurote Methusalem
nach seinem Schirm, seinen Gewehren und sogar nach dem Ranzen. Der Gottfried bemerkte dem letzteren, daß diese Dinge nicht notwendig und im Gegenteil nur hinderlich seien, doch wurden seine Worte nicht beachtet. Der Dicke war von seinen Sachen eben nicht zu trennen.
Die Menschenmenge hatte sich ziemlich verlaufen, so daß die drei unbelästigt das Ufer erreichten. Dort winkten sie einen der Kähne herbei.
„Master“, rief Turnerstick dem in demselben sitzenden Mann zu, „wir wolleng fischang und den Kahn für eine Stunde mietung. Was wird das kosting?“
Als der Fischer den Kopf schüttelte, fuhr er fort: „Fischang, fischeng, finsching, fischong, fischung wolleng wir! Verstanding?“
Er erhielt als Antwort dasselbe erstaunte Kopf schütteln und meinte zornig: „In China scheinen nur Taubstumme in die Fischergilde aufgenommen zu werden. Dieser Mensch schaut mich an wie die Kuh das neue Tor. Was ist zu tun?“
„Wollen mal versuchen, wat ich jelernt habe“, schmunzelte der Gottfried.
„Sie? O weh! Da kommen wir auch nicht weiter!“
„Nun, einige Worte und Redensarten habe ich mich doch jemerkt. Wat Fisch und Kahn und Stunde heißt, dat weiß ich. Das Wörtchen ‚mieten‘ kenne ich auch. Also versuchen wir es!“
Es gelang ihm wirklich, sich verständlich zu machen, und als er dem Mann so viel Geld, als er für erforderlich hielt, in die Hand drückte, lachte derselbe am ganzen Gesicht und lud die glänzenden Herren durch drei tiefe Verneigungen ein, in das Fahrzeug zu steigen. Gottfried hatte zehnmal mehr bezahlt, als hier gebräuchlich war.
Der Kahn hatte für wenigstens acht Personen Platz. Über seine Borde waren Stangen gelegt, auf denen die Wasserraben saßen, welche vor dem Fremden nicht im mindesten scheuten. Der Chinese ruderte seine Gäste ziemlich weit hinaus und hielt dann an, um das Fischen zu beginnen. Auf dem Boden des Kahns standen einige Gefäße, welche die gefangenen Fische enthielten. Ein leeres wurde mit Wasser gefüllt, um die nunmehrige Beute aufzunehmen, welche den Fremden gehörte, da dieselben bezahlt hatten. Auf einen Zuruf ihres Herrn erhoben sich die Raben in die Luft und schossen dann in und unter das Wasser.
Das Wort Rabe ist eigentlich ein falscher Ausdruck für diese zum Fischen gleich vom Ei aus abgerichteten Tschu-tsches. Der richtige Name ist Kormoran oder Scharbe (Phalacrocorax sinensis). Sie tauchen ausgezeichnet und schießen sogar große Strecken unter Wasser fort, um ihre Beute zu ergreifen.
Sie werden nicht nur zum Einzelfischen, sondern auch zur gesellschaftlichen Jagd abgerichtet. Bei dieser letzteren fliegen sie in der Luft auseinander, bis sie einen Kreis bilden; dann stürzt sich jeder Vogel senkrecht in das Wasser und treibt die Beute nach der Mitte des Kreises zu, wo sie mit dem Schnabel ergriffen und in das Boot gebracht wird.
So ein Tschu-tsche kann einen ziemlich großen Fisch festhalten. Ist er ihm jedoch zu schwer, so stößt er ein kurzes Krächzen aus, auf welches ein zweiter, ja ein dritter Vogel herbeieilt, um ihm Hilfe zu leisten.
Damit sie die Beute nicht selbst verzehren, wird ihnen ein eiserner Ring oder ein enger Lederkragen um den Hals gelegt. Ist dann der Fang zu Ende, so nimmt der Fischer seinen Kormoranen diese Ringe ab und erteilt ihnen dadurch die Erlaubnis, nun für sich selbst zu sorgen.
Es währte kaum eine Viertelstunde, so war das Gefäß so gefüllt, daß kein Fisch mehr in dasselbe ging. Es waren einige Aale dabei; die anderen Fische gehörten zu den Karpfenarten; auch sie hatten eine bedeutende Größe.
„Dat ist ein hübscher Fang“, meinte der Gottfried. „Wir werden ihn dem Wirt bringen, welcher diese Fische mit für dat Abendessen verwenden kann.“
„Ja, deze vischvang is zeer goed“, stimmte der Mijnheer bei. „Varen wij aan het land. Ik zelf zal geze vische braden. De vischen moten in boeter en uijen gebraden worden. Ik zelf moet dat maken – Ja, dieser Fischfang ist sehr gut. Fahren wir an das Land. Ich selbst werde diese Fische braten. Die Fische müssen in Butter und Zwiebeln gebraten werden. Ich selbst muß das machen.“
Der Gottfried bedeutete dem Fischer, an das Ufer zu rudern. Noch hatten sie dasselbe nicht erreicht, so stand der Kapitän von seinem Sitz auf. Für ihn als Seemann war das nichts Besonderes, vielmehr etwas Selbstverständliches. Auch der Gottfried erhob sich. Er verstand sich darauf, ein Boot zu regieren, und lief also keine Gefahr. Der Mijnheer folgte dem Beispiel der beiden.
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