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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich schleunigst, jedenfalls um die Anwesenheit der Europäer zu melden.
    Gleich darauf kamen aus derselben Tür zwei Männer, welche sich in langsamen und würdevollen Schritten näherten. Beide waren lang und hager. Sie trugen die gewöhnliche chinesische Tracht, ohne Abzeichen eines literarischen oder militärischen Ranges und hatten breitkrempige Basthüte auf den rundum kahlgeschorenen Köpfen. Nur auf den Scheitelstellen waren die Haare nicht entfernt worden; sie hingen von dort aus in Gestalt von Zöpfen unter den Hüten hervor. Waffen waren nicht zu sehen; dennoch aber, und obgleich die beiden Männer in diesem Augenblick ein höfliches Lächeln zeigten, hatten ihre breiten, mongolischen Gesichter einen Ausdruck, welcher nicht auf weichliche Gesinnung schließen ließ.
    Als sie herangekommen waren, blieb der eine einen Schritt hinter dem andren stehen. Der letztere verbeugte sich tief und sagte in ziemlich gutem Englisch: „Die hochgeborenen Herren beehren mein schmutziges Schiff mit Ihrer glänzenden Anwesenheit. Welchem glücklichen Umstand habe ich, der allerunwürdigste Ihrer Diener, diese leuchtende Gnade zu verdanken?“
    Selbst im Verkehr mit seinesgleichen gebietet nämlich die Höflichkeit dem Chinesen, von sich nur in wegwerfenden, von dem andern aber in erhebenden Ausdrücken zu sprechen.
    Der Methusalem verbeugte sich ebenso tief und öffnete bereits den Mund, um diese Frage zu beantworten; da aber trat Turnerstick schnell vor und rief: „Tsching, tsching, tsching! Wir kommeng als Passagierings und wollang mit der ‚Königin des Wassers‘ fahrung. Wir hoffeng, gute Wohnung zu finding, und werdeng nobel bezahlang. Fünf Personung und ein Hund. Was habeng wir für den Ramsch zu bezahlung?“
    Der Neufundländer war nämlich auch mit über die Treppe heraufgeklettert.
    Der Chinese warf einen unbeschreiblich verblüfften Blick auf den Kapitän, schüttelte den Kopf und sah die andern fragend an.
    „Nun!“ sagte Turnerstick ungeduldig. „Sie werdeng doch hoffentling Chinesisch verstehang! Ich lasse nur den reinsteng und feinsteng Dialekting hörung. Verstanding? Ich will Antwort habeng!“
    Der Chinese stand noch ebenso verwundert wie vorher. Darum fuhr Turnerstick in erhöhtem Ton fort: „Seid ihr beideng etwa taustumming? Ich kann verlangung, gehört zu werdeng. Ich bin – bin – bing – – –“
    Leider hatte er das Wort nun schon vergessen. Er entfaltete also seinen Fächer, um es abzulesen, und ergänzte: „Ich bin ein Wu-kuan und heiße Tur-ning sti-king, Schiffskapitäng und chinesischer Obermandaring; ich werde –“ Er wurde unterbrochen. Der Chinese gebot ihm durch eine Armbewegung Schweigen und fragte den Methusalem, sich wieder der englischen Sprache bedienend: „Wer ist dieser erlauchte Herr? Meine ungehorsamen Ohren vermögen es nicht, seine Worte zu verstehen.“
    Der Gefragte antwortete in derselben Sprache: „Er ist ein Wu-kuan, ein Fu-tsiang seines Vaterlandes, und bedient sich des höchsten Dialektes der Beamten von der Pfauenfeder, welchen andre nicht zu kennen scheinen.“
    „So muß es sein, denn ich kenne diese Sprache nicht. Wollen uns also lieber derjenigen der Yan-kui-tse (Engländer) bedienen, in welcher ich die weisen Herren wohl verstehen kann. Ich bin der ganz unwürdige Ho-tschang dieses Schiffes, und mein Kamerad hier ist der To-kung desselben. Unsre Tau-mu haben uns gesagt, daß einige erleuchtete Männer an Bord gekommen seien, und so haben wir uns beeilt, unsre ganz demütigen Dienste anzubieten.“
    „Hat der Besitzer dieser Dschunke nicht davon gesprochen, daß ein Tao-dse-kue (Deutscher) hier gewesen ist, um für sich und noch vier andre Platz für Kanton zu bekommen?“
    „Er hat es gesagt. Wenn ihr diese vom Himmel gesandten Herren seid, so wird es für uns eine ganz unverdiente Ehre sein, euch bei uns aufzunehmen und nach Kuang-tscheu-fu zu bringen.“
    „Wir sind es. Wo ist der Schiffsherr?“
    „Er befindet sich bei dem Hiang-kung, um mit demselben für das Gelingen unsrer Reise zu beten. Wenn das Gebet vollendet ist, werden wir hier auf dem Deck das Kong-pit vornehmen, um ganz sicher zu sein, daß uns unterwegs kein Übel widerfahre.“
    „Werdet ihr uns erlauben, dieser Zeremonie beizuwohnen?“
    „Ja, da ihr mit uns fahren wollt. Aber da muß ich nach euren berühmten Namen und euren glänzenden Würden fragen, damit ich euch die euren hohen Verdiensten angemessenen Plätze anweisen kann.“
    „Ihr sollt sie erfahren. Dieser

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