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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hängt. Das ist auf jeden Fall ein Hi-thu-tschang, wie diese Kerls die Steintöpfe nennen, ein ‚Gefäß der wohlriechenden Kräuter‘. Wehe dem, in dessen Nähe so ein Topf zerplatzt! Die chinesischen Seeräuber werfen solche Töpfe auf das Deck derjenigen Schiffe, welche sie kapern wollen. Der entsetzliche Gestank, den dieselben entwickelt, betäubt die ganze Bemannung des Fahrzeugs. Gib nun acht auf die Fenster.“
    „Willst du sie nicht zumachen?“
    „Das nützt nichts, denn man kann die Schieber auch von draußen zurückstoßen. Übrigens denke ich, daß sich nicht gleich wieder einer herabwagen wird. Ich will den abgeschossenen Lauf wieder laden.“
    Während er das tat, fiel sein Blick auf seine drei Gefährten, welche den Schuß wieder gehört hatten. Gottfried von Bouillon hatte sich in sitzende Stellung aufgerichtet und lehnte an der Wand, doch war er gleich wieder eingeschlafen. Turnerstick lag mit halb emporgerichtetem Oberleib auf dem Ellenbogen und starrte die beiden mit seelenlosem Blick an. Der Mijnheer hatte sich umgewendet, jedoch falsch; er lag auf dem Bauch, was ihn verhindert hatte, wieder in den Schlaf zu sinken. Er gab sich vergebliche Mühe, auf die Seite oder den Rücken zu kommen, und stöhnte dabei: „Iemand heeft weder geschoten. Hij heeft mij getroffen. Ik been dood – Jemand hat wieder geschossen. Er hat mich getroffen. Ich bin tot!“
    Er war der munterste von den dreien, obgleich er ebensoviel wie sie getrunken hatte. Vielleicht wirkte das Opium bei Fettleibigen nicht so sehr oder nicht so schnell. Der Methusalem drehte ihn auf den Rücken, richtete ihn mit Mühe zum Sitzen auf, schob ihn an die Wand, damit er sich anlehnen könne, und sagte zu ihm: „Sie sind nicht tot, Mijnheer; Sie leben. Sehen Sie mich einmal an!“
    „Neen“, behauptete der Dicke, „ik been gestorven.“
    „Nein, Sie sind nicht gestorben, sondern nur betäubt.“
    „Goed, zoo slap ik!“
    „Sie sollen aber nicht schlafen! Wachen Sie auf! Öffnen Sie die Augen!“
    „Ik heb keen ogen!“
    „Freilich haben Sie Augen! Geben Sie sich nur Mühe, sie aufzumachen!“
    Der Dicke wollte dieser Aufforderung gehorchen. Er zog die Brauen möglichst hoch empor, brachte aber die Lider nicht auf.
    „Het gaat niet – Es geht nicht“, meinte er, indem er gähnte.
    Da nahm Richard sich der Sache an. Er dachte an den Erfolg, den er beim Onkel Methusalem gehabt hatte, und packte nun auch den Dicken bei seiner hervorragenden Eigentümlichkeit, indem er ihm zurief: „Mijnheer, haben Sie keinen Hunger? Wollen Sie nichts essen?“
    „Eten?“ fragte Aardappelenbosch. „Wat hebt gij?“
    „Was wir haben? Was essen Sie denn am liebsten?“
    „Gebraden gans met koolsalade.“
    „Das haben wir, Gänsebraten mit Krautsalat!“
    „Heisa! Ik wil hem hebben!“
    Die List gelang. Der Dicke machte die Augen weit auf und streckte beide Arme nach dem verheißenen Gänsebraten aus. Degenfeld mußte, obgleich die Situation keine behagliche war, laut auflachen und sagte: „Noch ein wenig Geduld, Mijnheer. Sie bekommen ihn nicht eher, als bis Sie aufgestanden sind.“
    „Ik word opstaan!“
    Indem er sich mit beiden Händen an der Wand festhielt, gelang es ihm wirklich, sich aufzurichten. Durch diese Anstrengung mehr zur Besinnung gekommen, sah er die beiden verwundert an; dann griff er nach seinem Kopf und sagte: „Mijn hoofd, mijn hoofd (Haupt)! Ik heb een Nijlpaard tußchen mijnen hersenen – Mein Kopf, mein Kopf! Ich habe ein Nilpferd zwischen meinem Gehirn!“
    „Aber Sie sehen und erkennen uns?“
    „Ja wel.“
    „So sagen Sie zunächst, wo Sie Ihre Munition haben!“
    „Daar – Dort!“
    Er deutete nach dem Tornister. Der Methusalem öffnete denselben und erblickte eine beträchtliche Anzahl verschiedenfarbiger Tüten, welche sich in demselben befanden. Er nahm eine derselben heraus und fragte: „Was ist der Inhalt dieses Papieres?“
    „Hooizaad“, lautete die Antwort.
    „Heusamen! Und hier?“
    „Driekleurigviooltjetee.“
    „Also Stiefmütterchentee. Und hier?“
    „Kruizemuntentee.“
    „Krausemünztee! Und in dieser Tüte?“
    „Lindeboombloesemtee.“
    „Lindenblütentee! Weiter hier?“
    „Seringatee.“
    „Also Fliedertee. Aber, Mijnheer, das sind zwanzig Tüten, also eine ganze Apotheke! Wozu schleppen Sie denn diese verschiedenen Tees mit sich herum?“
    „Voor mijne gezondheid. Ik heb vele ongesteldheden – Für meine Gesundheit. Ich habe viele Krankheiten.“
    Degenfeld nahm die

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