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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Rute wedelnd auf den Fußboden, drehte dann den Kopf nach der Tür und ließ ein leises, tiefes Knurren hören, als ob er sagen wolle: „Weiß schon! Habe aber keine Angst, denn ich bin da!“
    Dann holte Richard die Gewehre seiner Gefährten aus der Ecke und untersuchte sie. Er war kein Schütze; er wußte nicht, ob die Hinterlader geladen seien, und hätte sie im Verneinungsfall auch nicht laden können; aber die Konstruktion der beiden Flinten des Mijnheer war eine so einfache, daß er sich dieser Gewehre leicht bedienen konnte. Er öffnete die Hähne und erkannte an den Zündhütchen, daß die Läufe geladen sein. Übrigens waren ja auch die Revolver vorhanden, mit deren Konstruktion er vollständig vertraut war. Er zog sie aus den Taschen der Schläfer und hatte nun ein Arsenal beisammen, mit welchem er seiner Meinung nach die Kajüte für längere Zeit verteidigen konnte.
    Es währte auch gar nicht lange, bis er Gelegenheit fand, seinen Mut zu beweisen. Der Hund horchte auf, ging zur Tür, schnoberte an dieselbe und begann zu knurren. Es mußte sich jemand draußen befinden.
    Richard hörte, daß man draußen etwas Schweres wegschob; dann wurde versucht, die Tür leise zu öffnen. Dies gelang aber nicht, da sie verriegelt war. Der Knabe winkte den Hund zu sich und gebot ihm durch eine Pantomime Schweigen.
    Draußen wurde geflüstert; dann vergingen einige Minuten, bis ein neues Geräusch zu hören war. Es klang, als ob man mit einem Bohrer an der Tür arbeite. Richard trat nahe an dieselbe heran und sah wirklich die Spitze eines starken Bohrers erscheinen. Man wollte ein Loch machen, um in die Kajüte blicken zu können.
    Als dasselbe fertig war und der Bohrer zurückgezogen wurde, wich Richard zur Seite, damit man ihn nicht sehen könne. Der Blick desjenigen, welcher jetzt hereinsah, konnte nur die vier Schläfer und den Hund erreichen. Höchstwahrscheinlich glaubte man nun, Richard liege in der Ecke und schlafe auch. Der Neufundländer saß mitten in der Kajüte und hielt die Augen scharf auf das Loch gerichtet. Das kluge Tier schien die Bedeutung desselben zu kennen. Es war ihm anzusehen, daß er sich auf den ersten, welcher es wagen werde, einzutreten, stürzen werde. Bei der Stärke des Tieres war der Betreffende dann jedenfalls verloren, und darum sagte sich Richard, daß man zunächst trachten werde, den Hund unschädlich zu machen.
    Aber wie? Er war nicht anders als durch einen Schuß zu erreichen. Sollte man das versuchen? In diesem Fall war es nötig, noch ein Loch zu bohren, eines für die Schußwaffe und eines für das Auge, um zielen, oder wenigstens sehen zu können, wohin dieselbe zu richten sei.
    Der Knabe hatte, indem er dies dachte, sich nicht geirrt, denn er hörte jetzt das bohrende Geräusch von neuem. Da er sich sagte, daß eine Revolverkugel wohl durch die schwache Tür dringen aber den draußen Stehenden nicht verletzen werde, so griff er nach den beiden Gewehren des Mijnheer, spannte die Hähne und stellte sich so, daß er von draußen nicht gesehen werden konnte. Das eine Gewehr neben sich gelehnt und den Lauf des andern nach der Tür gerichtet, wartete er auf das, was man nun tun werde.
    Der Bohrer drang durch die Tür, und Richard sah beim Schein der beiden an der Decke hängenden Laternen, daß es eine Art Zentrumbohrer war, welcher ein weit größeres als das erste Loch geschnitten hatte. Es war so groß, daß man den Lauf eines Gewehres hindurchstecken konnte.
    Was Richard geahnt hatte, das geschah. Man steckte den Lauf einer Pistole herein. Der Hund hatte den klugen Blick noch immer scharf auf die Tür gerichtet. Er sah die Waffe und wich schnell zur Seite. In demselben Augenblick drückte Richard ab. Er hatte, da sich das Auge des Attentäters jedenfalls am oberen Loch befand, den Lauf ungefähr fünfzehn Zoll tiefer gerichtet, wo sich die Brust desselben befinden mußte. Der Schuß krachte, und draußen ertönte ein lauter Schrei. Der Knabe griff schnell nach der zweiten Flinte und gab einen zweiten, mehr seitwärts gehenden Schuß ab, denn er sagte sich, daß jedenfalls mehrere Personen draußen seien. Ein zweiter Schrei erscholl, dann ertönten die Rufe vieler Stimmen, in welche sich das wütende Gebell des Hundes mischte, durcheinander.
    Der umsichtige Knabe zog schnell sein Notizbuch aus der Tasche, riß einige Blätter los, befeuchtete sie mit der Zunge und klebte sie auf die vier Schuß- und Bohrlöcher, damit man nicht mehr hineinsehen könne. Derjenige, welcher sich

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