320 - Die Schlacht von Dapur
ein wenig. »Blöderweise auch die am besten bewachten, wie man so hört.«
Matt stieg ab und beschirmte seine Augen mit der Hand, während er den Blick schweifen ließ. »Sie sehen so... neu aus!«, sagte er mit hörbarer Ehrfurcht. »Der Stein ist fast weiß, und sieh dir die Seitenwände an. Sie sind glatt und nicht stufig.«
Xij, die das Bild wohl aus einem ihrer früheren Leben noch vor Augen hatte, nickte. »Und noch etwas ist anders«, sagte sie und deutete auf die große liegende Figur in unmittelbarer Nähe zur größten aller Pyramiden, der Cheops-Pyramide. Der lang gestreckte Löwenkörper war halb unter Wüstensand verborgen, aber deutlich erkennbar war der riesige Menschenkopf mit geflochtenem Kinnbart, der auf den Schultern der Statue thronte. »Die Sphinx hat ihre Nase noch. Scheint so, als wären Asterix und Obelix noch nicht hier gewesen...«
»Über was, bei allen Dämonen der Unterwelt, redet ihr da eigentlich?« Annitas schaute sie nicht an, hatte nur Augen für die glänzenden Pyramidenspitzen, die aussahen, als wären sie aus purem Gold. »Seht euch diese Pracht an! Wenn ich nur ein oder zwei Handvoll des Goldes, das für die Erhaltung dieser Tempel fließt, ergaunern kann, lasse ich mich mein Lebtag nur noch von halbnackten Nubierinnen mit süßen Trauben füttern«, geriet er ins Schwärmen.
Grao’sil’aana lenkte sein Tier neben das von Matt. »Ist das dieses Memphis, von dem ihr geredet habt?«, wollte er wissen. Von allen Reisenden hatte er den Wüstenritt am besten überstanden.
Matt schüttelte den Kopf. »Nein, Memphis ist das nicht. Wir müssen noch... wie weit?«, fragte er, an Xij gewandt.
»Ein paar Kilometer den Fluss hinauf. Keinen Tagesritt mehr.«
Im Hintergrund zappelte Annitas ungeduldig auf dem Rücken seines Hengstes. »Lasst uns hinabreiten und uns einen Überblick verschaffen! Ich habe schon eine Idee, wo ich...«
»Reite ruhig schon vor!«, rief Matt ihm zu. »Organisiere uns ein Nachtlager!« Er sah Grao und Xij an. Sie hatten beschlossen, Annitas hier abzuhängen. Der junge Mann hatte sie gut geführt, aber jetzt standen sie vor Aufgaben, bei denen seine Anwesenheit eher hinderlich als förderlich wäre.
»Wenn ich dich recht verstehe, würdest du gerne hier bleiben?«, fragte Grao.
Annitas grinste von einem Ohr zum anderen. »Ihr etwa nicht? Wollt ihr wirklich weiter nach Men-nefer, obwohl alles, was ihr euch erträumen könnt, schon hier zu finden ist?« Er sah Xij, in die er sich während ihrer gemeinsamen Reise wohl heimlich verliebt hatte, beinahe flehend an.
»Wir versuchen dort unser Glück, ja«, bestätigte die Angeschmachtete. Ihre Augen waren das Einzige, was von ihrem mit einem Tuch verhüllten Gesicht zu sehen war.
»Nun, wie ihr wollt!«, gab sich Annitas gleichgültig, aber das war er nicht. »Wir treffen uns am westlichen Fuß der größten Pyramide kurz vor Sonnenuntergang. Bis dahin sollte ich etwas organisiert haben.« Er gab seinem Hengst die Sporen und ritt die leichte Dünung hinab.
Die Gefährten stiegen von ihren Pferden und folgten dem Weg zu Fuß. Es dauerte nicht lange, bis sie zu den ersten Ausläufern der gewaltigen Siedlung rund um die Pyramiden kamen. Matt zog seine Vermummung dichter um das Gesicht, um weniger aufzufallen.
Sie zwängten sich durch eine enge Gasse zwischen Unterständen. Rechts und links hockten halbnackte Männer im Schatten der geflochtenen Schilfdächer und bearbeiteten Kalksteine. Der Staub hatte sich weiß auf ihre Körper gelegt und ließ die Gestalten gespenstisch aussehen.
»Ramses war... ist bekannt dafür, dass er die Bauten früherer Pharaonen wieder auf Vordermann bringen will«, berichtete Xij. »Aber nicht nur das. Gizeh ist in dieser Zeit Teil von Memphis. Und Memphis dient neben Pi-Ramesse als zweite ägyptische Hauptstadt und als heiliger Kultort. Deswegen lässt Ramses hier so viel bauen und auch die Pyramiden restaurieren.«
An einer Kreuzung wandten sie sich nach links, Richtung des Grabmals von Cheops. Rauch drang aus einem halb in die Erde getriebenen, niedrigen Stollen. Der Duft von frisch gebackenem Brot und geräuchertem Fisch wehte zu ihnen herüber.
»Er lässt also die Pyramiden restaurieren?«, fragte Matt.
»Ja, und vom Wüstensand befreien«, sagte Xij. »Man sieht es an der Sphinx. Wenn ich mich recht erinnere, hat Tutmosis IV. sie vor weniger als zweihundert Jahren das letzte Mal im großen Stil ausbuddeln lassen. Und schau dir an, wie tief sie jetzt schon wieder
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