324 - Eine neue Chance
aufzurichten.
Über ihm erklang Miki Takeos Stimme. »Was war das gerade? Ich fordere eine Erklärung.«
»Ma.. schi... ne«, spuckte Xij gequält hervor. Sie lag lang ausgestreckt auf dem Boden.
»Was soll das heißen?«, fragte Takeo interessiert. Er beugte sich über Xij und berührte ihre Stirn, als wolle er ihre Temperatur prüfen.
Matt wusste, was seine Gefährtin meinte. Miki Takeo hatte als Maschinenmensch den Schrei des Streiters nicht hören können. Er machte sich keine Vorstellung von ihrem aktuellen Zustand.
Trotz größter Anstrengung schaffte Matt es nicht, zu antworten. Er atmete. Was für ein herrliches Gefühl. Die abgestandene Luft füllte seine Lungen, schenkte ihm neue Kraft.
»Er ist tot«, meldete sich Grao’sil’aana zu Wort, der ein Stück entfernt am Boden lag. Er schien sich schneller zu erholen als die beiden Menschen. »Der Streiter ist tot.«
Miki Takeo sah zu der Anlage hin. Die Elmsfeuer waren erloschen, der Spuk vorbei. »Dann haben wir das Ziel also erreicht«, stellte Takeo leidenschaftslos fest und ließ von Xij ab. »Der Streiter ist versteinert und somit vernichtet. Aber warum haben sich die Energiezellen des Flächenräumers so schnell wieder aufgeladen? Und wie kommt es, dass ihr – er deutete auf Xij und Grao – verschwunden und an einer anderen Stelle wieder aufgetaucht seid? Ist das ein neues Phänomen, das durch den abgegebenen Schuss entstand?«
Xij lachte krächzend. Es klang surreal, aber auch irrsinnig erleichtert.
Endlich fand Matt die Kraft, zu sprechen. »Miki, hilf mir hoch, ja? Dann beantworte ich gern deine Fragen.«
***
Nahe dem Flächenräumer, wenige Minuten zuvor
Aruula hörte Rulfans Stimme hinter sich. »Aruula, warte einen Moment!«
Eiskalte Sturmböen rissen an ihrem Pelzumhang. Es kostete Mühe, voranzukommen, und doch musste sie vorwärts. Den Oberkörper gegen den Wind gestemmt, hielt Aruula inne. Pfeifende Luftmassen zischten an ihr vorbei, ließen die nassen Haare gefrieren. »Was ist los? Wir haben keine Zeit!«, brüllte sie gegen die Urgewalten an.
»Ich weiß!«, kam Rulfans Stimme zurück. »Aber wir haben die Orientierung verloren! Wir sollten hier abwarten, bis die Sicht besser wird, sonst laufen wir am Flächenräumer vorbei, ohne es zu merken!«
Rulfan holte sie ein. Aruula lehnte sich gegen ihn und brachte ihren Mund dicht an sein Ohr. »Der Windgott Wendoo hat seine Sturmgeister auf uns losgelassen, aber mit Wudans Hilfe werden wir ihn bezwingen!«
»Was?!«, brüllte Rulfan zurück.
Aruula verdrehte die Augen. Es lag nicht an der Lautstärke des Sturms, dass Rulfan sie nicht verstand.
Dieser Ungläubige kann nichts mit Wudan und den Göttern anfangen, dabei hatte er eine Barbarin zur Mutter. Hat sie ihm denn nichts beigebracht?
In Aruula stieg Wut auf. Sie störte sich nicht nur an Rulfans mangelndem Glauben. Der Techno behinderte sie seit Stunden. Ohne ihn wäre sie wesentlich schneller vorangekommen. Er nahm kaum ein Risiko in Kauf, umwanderte jede noch so kleine Eisspalte. Wo war der Gefährte von früher, der ihr bedingungslos vertraute und auf Risiko spielte? Vielleicht gab es ihn nicht mehr, so wie die ehemalige Freundschaft.
In ihrem Nacken spürte Aruula die Augen des Unsichtbaren, die auf ihr lagen. Der Streiter überwachte jeden ihrer Schritte. War nicht der Streiter ein dunkler Bruder Wudans, dem sie bedingungslos gehorchen musste? »Das allsehende Auge«, murmelte sie so leise, dass der Wind ihre Worte ungehört von den Lippen riss.
Sie konzentrierte sich auf Rulfan. »Wudans Gabe des Lauschens weist mir den Weg! Wenn du zu schwach bist, gehe ich alleine weiter!« Sie wandte sich von ihm ab und setzte einen Fuß vor den anderen. Es war ihr egal, ob er ihr folgte oder nicht. Vielleicht sollte sie ihn erschlagen, um seine lästige Gesellschaft endlich los zu sein.
Nur wenige Meter weiter blieb sie stehen, ohne sich nach Rulfan umzuschauen. Eine weitere Felsspalte querte den Weg. Aruula umging sie so knapp wie möglich. Sie wich einer zweiten Spalte aus, kämpfte sich weiter voran. Gut fünfzig Meter vor ihr brach das Eis ab und gab zwischen dem Schneetreiben den Blick auf eine tiefer liegende Ebene frei, in der sich unter einer Schneeschicht eine vertraute Form abzeichnete: der Flächenräumer. Dort in der Mulde lag das Ziel der Suche. Endlich.
Aruula bewegte die Lider, spürte die vereisten Wimpern an der Haut zerren. Der Sturm riss an ihr. Dennoch wurde sie innerlich ganz ruhig. Ich habe die Anlage
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