325 - Gefahr aus dem All
seinem Bauch schien etwas anderes zu sagen. Zumal er in diesem Augenblick auf der Abstandsmessung ablesen konnte, dass sich die Entfernung zum Trümmerstück auf unter neuntausend Kilometer verringert hatte. Es kam unbarmherzig näher und die Zeit schmolz dahin.
»Ich habe die Notschleuse jetzt erreicht«, lenkte ihn Takeos Meldung von seinen düsteren Gedanken ab.
Matts Herzschlag erhöhte sich leicht. »Kannst du sie von außen öffnen?«
»Ich versuche es gerade.«
Kurze Zeit später meldete Takeo Vollzug. »Geschafft. Auch wenn mich die austretende Atmosphäre fast mitgerissen hätte. Ich bin bereits drinnen und warte auf den Druckausgleich. Die künstliche Schwerkraft ist ausgefallen, ich werde also durchs Schiff schweben müssen.«
»Konntest du dich schon mit dem Bordcomputer verbinden?«
»Negativ. Hier in der Schleuse gibt es keinen Zugang. Sobald ich einen gefunden habe, gebe ich dir die Position einer der Hauptschleusen durch. Möglicherweise existiert sogar ein Shuttle-Hangar.«
Matt stimmte zu. »Bei der Größe dieses Schiffs durchaus möglich.«
Takeo sprach auch weiterhin mit Matt, doch was er zu berichten hatte, war nicht angetan, Hoffnung zu verbreiten. In der Schwerelosigkeit schwebten einige tote, zum Teil übel zugerichtete Marsianer. Ihr Blut hing in schillernd roten Kugeln in der Luft.
»Zumindest zwei haben sich gegenseitig umgebracht«, berichtete Takeo. »Sie haben sich wie die Wahnsinnigen zerfleischt, sind aber noch im Tod vereint. Die Stichwaffen stecken gegenseitig in ihren Körpern. Und auch die anderen sehen aus, als seien sie vor ihrem Tod komplett wahnsinnig geworden. Die Ausstrahlung des Streiters muss das Schiff mit voller Wucht getroffen haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier noch jemand lebt. Ah... dort ist ein Terminal!«
Der Android koppelte sich an den Computer der AKINA an und griff auf ihre Daten zu. Sekunden später erstattete er Bericht.
»Die Luft an Bord ist atembar. Die relevanten Maschinen sind intakt, die Restenergie liegt bei dreiundsiebzig Prozent. Das sollte genügen, um dem Schiff wieder Leben einzuhauchen.« Für einige Momente hörte Matt nichts mehr außer einem Poltern, dann: »Die künstliche Schwerkraft funktioniert wieder. Um mit den Korrekturdüsen die Rotation zu stoppen, muss ich allerdings in die Kommandozentrale.«
»Gibt es einen Shuttle-Hangar?«, fragte Matt.
»Nein. Zumindest kann ich auf den Konstruktionsplänen keinen ausmachen. Die Hauptschleusen allerdings schon. Eine befindet sich in der Nähe der Brücke, die solltest du praktischerweise anfliegen. Ich gebe dir jetzt die Koordinaten durch...« Es folgte eine Zahlenreihe, die Matt in den Navigationscomputer eingab. Demnach lagen Zentrale und Schleuse im vordersten Teil der AKINA.
»In Ordnung. Ich fliege dann los und versuche anzudocken. Kannst du die Schleuse jetzt schon öffnen, dann ist sie besser zu erkennen?«
»Moment... ist offen«, klang Mikis Stimme aus dem Headset, das Matt trug. »Ich erwarte dich dort!«
»Danke, bin unterwegs!« Matt verließ die Parkposition neben der AKINA, entfernte sich um weitere hundert Meter von ihr und nahm den Bug ins Visier.
Tatsächlich entdeckte er bald mit bloßem Auge ein großes offenes Schott im Zentrum der Scheibe. Ringsum blinkten Positionslichter und das Licht im Inneren bestrahlte einen kurzen Gang, der vor einem weiteren Schott endete.
Ein erleichtertes Seufzen stieg aus Matts Kehle. Er nahm Fahrt weg und schwebte langsam auf die Öffnung zu. Exakt darüber versuchte er das Shuttle magnetisch an der Außenwand der AKINA anzudocken. Er brauchte drei Anläufe, dann hatte er es geschafft.
Matt schloss den Helm des Raumanzugs, checkte dessen Funktionen, vor allem die Sauerstoffversorgung, die aus kleinen, in die Seiten eingebauten Hochdrucktanks erfolgte, und ging zur Schleuse des Shuttles. Er atmete noch ein paar Mal tief durch, dann öffnete er sie.
Es war nicht sein erster Aufenthalt im All, doch er war weit davon entfernt, das als Routine anzusehen. Mit anderen Worten: Ihm schlackerten die Knie. Da draußen war leerer Raum. Ohne den schützenden Anzug würde das Wasser in seinen Hautzellen verdampfen, bis sie platzten. Als Nebeneffekt dieser Verdunstung würde dem Körper schlagartig Wärme entzogen, einer Gefriertrocknung nicht unähnlich. Und nach spätestens sechs Sekunden würde sein Kreislauf kollabieren.
Keine schöne Vorstellung.
Matt hielt sich an einer Verstrebung fest, während die Atmosphäre
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