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328 - Flucht aus dem Sanktuarium

328 - Flucht aus dem Sanktuarium

Titel: 328 - Flucht aus dem Sanktuarium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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geschlagen zu haben und Kopf und Körper festzusitzen in diesem diffusen Nebel.
    Erst die Worte der kleinen Trudy brachten ihn wieder zurück ins Hier und Jetzt. »Smitty und der Sartsch haben Doc Brown und meine Mama tot gemacht«, sagte sie.
    ***
    Sanktuarium, Februar 2528
    Maggy blickte sich noch einmal um: niemand hinter ihr, außer Trudy. Sie zog die silberne Halskette aus ihrem Kleid. Deren Anhänger hatte nicht nur die Form eines kleinen Schlüssels, er war ein kleiner Schlüssel. Mit ihm öffnete sie das Schränkchen ganz hinten im Kühlraum. Lauter Kunststofffläschchen mit grüner Flüssigkeit standen darin. Nacheinander reichte sie sie an Trudy weiter.
    Die nahm sie an und verstaute sie in einem mit Leinen überzogenen Rucksack aus Leichtmetall. Dabei wiederholte sie, was ihre ältere Schwester ihr eingeschärft hatte: »Die großen für Clarktown, das kleine für Grao.« Immer wieder: »Die großen für Clarktown, das kleine für Grao.«
    Maggy reichte ihr das letzte und kleinste Fläschchen. »Es gibt nur ein kleines, dieses hier, hörst du?«
    »Aber ja!«
    »Nur dieses eine ist für Grao, verstanden?«
    »Nur dieses eine Fläschchen für unsern lieben Grao.« Trudy nahm ihr das Fläschchen ab. »Nur das ganz kleine für den lieben Grao.«
    Maggy drückte die Schranktür zu. Seite an Seite verließen die Schwestern den mit Regalen voller Chemikalienkanister gefüllten Kühlraum. Draußen öffnete Maggy ihren eigenen Rucksack und kramte zwei Feldflaschen aus dem Proviant. Sie hob sie hoch. »Aus welcher trinken die beiden Schwestern?«
    »Aus der grauen.«
    »Richtig. Und aus welcher trinkt Grao?«
    »Aus der schwarzen.«
    »Ganz genau, mein Schatz.« Maggy hob den Zeigefinger und guckte ähnlich streng, wie ihre Mathematiklehrerin Dora Kowalski oben in Clarktown häufig zu gucken pflegte. »Aber erst, wenn er uns hinauf gebracht hat.«
    Sie füllten den grünen Inhalt des Fläschchens in die schwarze Feldflasche. »Der liebe Grao kriegt die Flasche erst, wenn wir oben sind«, sagte Trudy. »Verstanden, Miss Svenson.« Trudy strahlte zu ihrer Schwester hinauf. »Wird es ihn schnell tot machen, Miss Svenson?«
    Maggy zuckte mit der Schulter. »Keine Ahnung.«
    »Wird es ihm denn wehtun, wenn er tot geht?«
    »Schon möglich.« Wieder ein Schulterzucken. »Doch er wird nicht lange leiden. Vielleicht werden die Wächter oben am Aufzugsschacht ihn auch totschlagen, noch bevor das Gift ihn umbringt.«
    »Und wenn die Wächter später Wasser trinken, wird das Wasser sie auch totmachen!« Trudy klatschte in die Hände und kicherte.
    »So schnell geht das nicht. Erst einmal müssen wir das Gift in die Trinkwassertanks von Clarktown gießen. Und das werden wir folgendermaßen tun.« Wieder der erhobene Zeigefinger und wieder der Kowalski-Blick. »Während unser lieber Grao vergiftet am Boden zuckt, laufen wir beide in die Stadt. Du weißt doch noch, wo der Wasserturm steht?«
    Trudy nickte eifrig – doch sofort riss sie die Augen auf und schnitt eine erschrockene Miene: Schritte näherten sich.
    »Er kommt zurück«, flüsterte Maggy und legte den erhobenen Zeigefinger auf den Mund. Sie stopfte die Feldflaschen zurück in ihren Rucksack, verschloss ihn und hängte ihn sich wieder über die Schultern. Dann half sie ihrer kleinen Schwester, ihren Tornister auf den Rücken zu schnallen.
    Die hintere Labortür öffnete sich, Grao kam herein.
    »Mama!«, krähte Trudy. »Wo ist meine Mama?«
    Beide liefen ihm entgegen. »Hast du unsere Mutter gefunden?«, fragte Maggy.
    »Nein.« Er schüttelte den schuppigen Schädel. »Aber vielleicht ist es gut so.« Er deutete über die Schulter. »Denn da hinten im Gefängnistrakt liegen viele Tote.« Der Echsenmann kam Maggy irgendwie bedrückt vor, auch roch er schlechter als zuvor. »Hier unten hätte eure Mutter vermutlich weniger Überlebenschancen gehabt als im Wald.«
    »Komm, Grao.« Maggy fasste ihn am schuppigen Arm. »Wir haben was gefunden, das muss ich dir zeigen!« Sie zog ihn zu einem kleinen Aufzugsschacht, durch den Essen, kleinere Tiere und Pflanzenmaterial aus der großen Halle hier herab befördert worden waren.
    »Siehst du das dünne Seil?« Sie kletterte auf den Tisch vor der Aufzugsklappe, schob diese hoch und deutete auf das feine Zugseil. Es bestand aus Nylon. »Der Aufzug reicht noch viel tiefer in die Kellergeschosse«, sagte Maggy. »Das Seil ist sehr lang, und es gibt noch viele Rollen davon im Lager. Wenn wir die zusammenknoten, reicht es bestimmt

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