33 - Am Stillen Ozean
Stimme derjenigen des Toten ähnlich zu machen.
„Ich? Nichts! Wer schrie da drüben auf dem Berg?“
„Da drüben? Warst du es nicht?“
„Es muß ein Lung-yin gewesen sein. Seht hinüber, was es ist!“
„Es gibt keine Gefahr, sonst würde er wieder geschrien haben.“
„Hast du meinen Befehl gehört?“
„Ich gehorche!“
Er ging. Die andern mit ihm.
„Sie machen sich fort, Charley. Wie habt Ihr das fertiggebracht?“ fragte Turnerstick.
Ich erzählte es ihm. Wir ließen sie unten in der Schlucht verschwinden und machten uns daran, hinabzuklimmen.
Ich nahm die Frau in den Arm und trug sie auf der Leiter bis zum Sims hinab. Turnerstick folgte und hing die Leiter an die unteren Haken ein. So kamen wir hinab, wo ich die Leiter wieder unter dem Geröllhaufen versteckte.
„Wo bringt ihr mich hin?“ fragte die Frau, welche wieder zu sich gekommen war.
„In deine Wohnung, zu Kiung, deiner Tochter“, antwortete ich.
„Kennst du sie?“
„Ja. Sie hat viel um dich geweint und wird dich mit Entzücken in ihre Arme schließen. Kannst du gehen?“
„Nein.“
„So erlaube, daß ich dich trage!“
„Dein Gott, der auch der meinige ist, mag dir vergelten, was du an mir tust!“
Als wir weiter hinabgelangten, fanden wir die zwei Palankins, in denen wir herbei transportiert worden waren. Die Träger hatten sie niedergesetzt, als der Schrei ihres Anführers ertönt war.
„Kommt, Käpt'n; wir wollen die Arme in einen Tragsessel tun. Da haben wir es bequemer!“
„Well, kommt, Mistreß! Wir werding Euch in dieser Hängemattong nach Hause schaffeng!“
Sie stieg ein, Turnerstick faßte vorn und ich hinten an, und so kamen wir bedeutend schneller von der Stelle. Wir gingen um die Stadt herum und standen eben im Begriff, nach dem Landhaus einzubiegen, als uns ein Mann entgegen kam.
„Wer seid – – –?“
Er sprach die Frage nicht vollständig aus. Es war der Phy-ming-tsu, der uns erkannte und augenblicklich zwischen den Bambussträuchern verschwand.
„Setzt nieder, Charley; wir müssen ihm nach!“ rief der Kapitän.
„Laßt ihn jetzt laufen, Käpt'n! Wir rechnen schon noch mit ihm ab!“ antwortete ich.
Wir gingen also weiter und kamen vor dem Garten des Landhauses vorüber. Es war mir, als ob eine Gestalt über den Zaun gestiegen komme und sich bei unserem Anblick schnell in das Gezweig ducke.
„Halt!“ gebot ich, als wir die Stelle erreichten.
Turnerstick setzte mit nieder. Ich trat näher zum Zaun und richtig, da hockte ein junger Mann, der sich jetzt notwendigerweise emporrichten mußte.
„Was tust du hier?“
„Ich gehe spazieren.“
„Daran tust du wohl, denn die Nacht ist schön und warm. Wer bist du?“
„Warum fragst du?“
Da kam mir ein Gedanke.
„Wenn du der Sohn des Pao-tsching bist, so sage es. Ich bin ein Freund von dir!“
„Von mir? Ich bin es.“
„Ist Kiung noch in dem Garten?“
„Was willst du von ihr?“
„Eile zu ihr und sage, sie soll öffnen. Wir bringen ihre Mutter.“
„Ihre Mutter? Sagst du die Wahrheit?“
„Ja, ich bin da!“ ertönte es im Innern des Palankin.
Schnell sprang er über den Zaun zurück. Er war der Geliebte von Kiung und hatte ein Stelldichein mit ihr gesucht.
Wir nahmen den Tragsessel wieder auf und bogen um das Haus herum. Dort vor dem Eingang brauchten wir nicht lange zu warten. Er wurde geöffnet; die Mutter war ausgestiegen und wurde von der Tochter mit lautem Jubel empfangen.
Ich nahm den Geliebten des Mädchens zur Seite.
„Es droht Kiung und ihrer Mutter vielleicht Gefahr, doch dein Vater ist mächtig. Beschütze sie!“
„Wo hast du sie gefunden?“ fragte mich das Mädchen, vor Wonne strahlend.
„Habe ich dir nicht gesagt, daß der Gott deiner Mutter mächtig ist und sie dir wiedergeben werde? Nun diene ihm so, wie du versprochen hast! Das andere wird sie dir selbst erzählen.“
„Warum seid ihr heute mit dem Vater so bös gewesen und so schnell fortgegangen?“
„Auch das wirst du noch erfahren. Gib nun der Mutter Speise und Trank, und führe uns in das Zimmer deines Vaters!“
„Geht selbst hinauf; es liegt neben dem Zimmer, in welchem wir am Mittag waren, und ist erleuchtet. Wo ist der Vater?“
„Du wirst es später hören!“
Wir stiegen die Treppe empor und gelangten in das Kabinett. Auf dem Tisch lagen unsere Revolver, unsere Uhren und alles, was wir bei uns getragen hatten. Noch waren wir damit beschäftigt, diese Gegenstände wieder an uns zu nehmen, als wir unten eine laute
Weitere Kostenlose Bücher