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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stimme vernahmen:
    „Wer kam in diesem Palankin?“
    „Die Mutter“, antwortete Kiung.
    „Wer brachte sie?“
    „Die beiden Kuang-fu, welche heute eingeladen waren.“
    „Sie haben deinen Vater getötet; sie haben sich und deine Mutter befreit und ihn in den Lung-keu geworfen. Sie müssen sterben. Wo sind sie?“
    „Droben.“
    Wir hörten viele Leute in den Flur treten. Draußen wurde es laut, und als ich das Licht verlöschte und an das Fenster trat, sah ich einen ganzen Haufen von Menschen aus der Stadt her sich dem Haus nahen. An ihrer Spitze erkannte ich den Phy-ming-tsu.
    Derjenige aber, welcher unten gesprochen hatte, war der Dschiahur. Darum sagte ich zu Turnerstick:
    „Wir müssen fliehen, Käpt'n; schnell! Hier scheint es mehr Lung-yin als ehrliche Leute zu geben, und auf Gerechtigkeit können wir nicht rechnen!“
    „Fliehen? Vor diesen Menschen?“ fragte er verächtlich.
    „Vor diesen vielen Menschen, müßt Ihr sagen. Vorwärts, ehe es zu spät ist!“
    Ich schob ihn hinaus in den Korridor und riß ein langes Gewand vom Nagel. Wir eilten nach der Hofseite des Gebäudes, wo sich kein Mensch sehen ließ.
    „Hier durch das Fenster hinab!“
    „Ich kann nicht springen, Charley.“
    „Steigt nur hinaus. Ihr erfaßt dieses Gewand statt eines Taues; ich halte fest.“
    Klettern konnte Turnerstick als Seemann sehr gut. In einer Minute stand er schon im Hof. Ich sprang ihm nach.
    „Wohin nun?“ fragte er.
    „Die Pferde heraus. Wir reiten! Da holt uns niemand ein.“
    „Well; aber nehmt für mich das kleine, welches ich heute bereits geritten habe!“
    Ich öffnete den Stall und zog es heraus. Zum Satteln war keine Zeit. Dann holte ich das gebändigte Mori-mori. Es erkannte meine Stimme sofort, aber es wollte wegen der Dunkelheit nicht aus dem Stall. Endlich hatte ich es im Hof; da wurde die hintere Tür des Gebäudes aufgestoßen, und die Verfolger drängten sich heraus.
    „Hier sind sie! Ergreift sie!“ rief der Dschiahur und warf sich auf den Kapitän.
    Da aber blitzte es in der Hand Turnersticks auf, und der Mongole stürzte nieder. Die Menge stockte, und das gab mir Zeit, das Tor zu öffnen und auf das Pferd zu springen.
    „Vorwärts, Käpt'n! Mir nach – links am Fluß entlang!“
    „Well, Charley. Jetzt sollt Ihr mich auch als Reiter kennenlernen!“
    Bereits am Nachmittag ritten wir in Canton ein, und am andern Abend befanden wir uns mit unsern zwei Pferden an Bord des guten Schiffes, ‚The Wind‘.
    Da gab es allerdings zu erzählen, und noch als wir uns zur Koje begaben, meinte Turnerstick:
    „Das war Land und Leute richtig kennengelernt, Charley! Aber was nun? Machen wir Anzeige?“
    „Das beste ist, wir erkundigen uns beim Konsul und richten uns ganz nach dem, was er uns rät.“
    „So mag es sein, my old King-u-kang-li-kong-la-lo! King-lu-ka-li-kong-la-lo! Und dann geht's sofort nach Macao; das könnt Ihr Euch denken!“
    „Was wollt Ihr dort?“
    „Was ich dort will? Sonderbare Frage! Natürlich unserm Meisje einen Besuch machen.“
    „Um ihr dafür zu danken, daß sie uns so tapfer bei der Verteidigung geholfen hat? Das soll ein Wort sein; ich gehe mit! Sie hat auch mit darüber zu reden, ob wir Anzeige machen oder nicht.“

Der Brodnik
    Gefährliche Bekanntschaften
    Wenn ich in stillen Stunden die Erlebnisse meines vielbewegten Lebens an mir vorüberziehen lasse, so drängt sich meinem Geist vor allen Dingen die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen auf, welche die Erinnerung mir vor die Augen führt. Die Erscheinungen des kalten, starren Nordens und des glühenden Südens, des jungen Westens und des altersgrauen Ostens haben sich meinem Gedächtnis eingeprägt, und es bedarf einer Anstrengung, diese an Form und Farbe so verschiedenartigen Bilder genau auseinanderzuhalten. Ich habe mir Früchte gepflückt, materielle für den Körper und geistige für die Seele. Von diesen Früchten gleicht keine der andern an Gestalt, Farbe und Geschmack, an Art und Tiefe ihrer geistigen Wirkung, denn jedes Land hat seinen eigenen Boden und infolgedessen auch seine eigenartigen Entwicklungsformen, seine eigenartigen physikalischen und psychischen Erscheinungen. Eine einzige Frucht ist es, welche ich in allen Ländern, bei allen Völkern pflückte, eine Frucht, welche mir an den norwegischen Fjords ebenso wie in der wasserlosen Sahara, am Marannon ebenso wie am Jang-dse-kiang reifte: die Erkenntnis nämlich, daß ein großer, allmächtiger, allgütiger und allweiser Schöpfer waltet,

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