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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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antwortete er mir mit denselben Tönen.
    Also wieder einmal gefangen! Doch hatte ich keine Sorge.
    Die Zeit verging, eine schrecklich lange, lange Zeit! Es mußte längst Abend und längst Nacht geworden sein. Da endlich öffnete sich eine Tür, und beim Schein der Laterne sah ich den Kiang-lu und den Dschiahur eintreten. Der letztere grinste uns höhnisch an.
    „Ihr seid mir im Kuang-ti-miao und in Kuang-tscheu-fu entkommen, jetzt aber entflieht ihr mir nicht wieder!“ versicherte der Dschiahur.
    Der Oberste der Drachenmänner bog sich zu mir nieder.
    „Du hast uns belauscht und weißt daher alles, und ich brauche dir nichts zu sagen. Willst du tun, was ich von dir fordere?“
    Ich schüttelte mit dem Kopf.
    „So kommt ihr jetzt in den Lung-keu-siang und werdet elend verhungern. Entscheide dich. Seid ihr einmal in dem Pavillon, so ist alles vorüber. Der Kiang-lu weiß dafür zu sorgen, daß ihn niemand verraten kann.“
    Ich schüttelte abermals mit dem Kopf.
    „Gut, so mögen dich die Kueï (Geister) zum Tschütgur bringen!“
    Er stieß einen Pfiff aus, und es erschienen vier Personen, welche uns erfaßten und hinauf in den Hof schafften. Dort wurden wir in zwei Palankins geschoben und fortgetragen.
    Der Weg führte um das Städtchen herum nach der Schlucht zu, welche ich heute früh erstiegen hatte. Wir wurden dieselbe emporgetragen; droben aber, wo die Felsenkante begann, hob man uns heraus und zog uns Seile unter den Armen hindurch. Unterdessen stieg der Kiang-lu voraus. Jedenfalls war der Ort, an welchem die Leiter verborgen lag, sein Geheimnis, welches er nicht entdeckt wissen wollte. Jetzt, da ich mich nicht mehr im Tragsessel befand, sah ich, daß außer dem Dschiahur noch sechs Männer bei uns waren.
    Wir wurden von diesen sechs an den Seilen emporgeschleppt. Als wir an den Fuß des Pavillons gelangten, hatte der Kiang-lu die Leiter bereits angelegt. Während er mit den andern emporstieg, blieb der Dschiahur bei uns; er sagte:
    „Ihr seid verloren; hier habt ihr euern Abschied!“
    Er versetzte jedem von uns einige sehr unzweideutige Fußtritte. Dann ließ man Stricke herab, an denen wir emporgezogen wurden.
    Als wir oben anlangten, nahm mir der Kiang-lu den Knebel aus dem Mund.
    „Jetzt sage zum letztenmal, ob du mir gehorchen willst!“
    „Nein. Ich werde nicht gehorchen, sondern dich bestrafen!“
    „Mich bestrafen? Du bist bereits tot. Du wirst da unten Gesellschaft finden, von welcher du erfährst, was es heißt, den Kiang-lu verraten zu wollen. Fahre hin!“
    Ich wurde zuerst hinabgelassen; dann zog man das Seil unter meinen Armen weg wieder empor.
    „Wer kommt?“ fragte eine weibliche Stimme.
    „Ein Opfer des Kin-tsu-fo. Ich soll verhungern wie du. Willst du dich, mich und deine Tochter retten?“
    „Vermag ich es?“
    „Ja. Ich habe dir heute ein Messer herabgeworfen. Bist du gefesselt?“
    „Das warst du? Nein, ich bin nicht gefesselt.“
    „Schnell, nimm das Messer und schneide meine Stricke entzwei!“
    Sie tat es, mit zitternden Händen, wie ich bemerkte, und noch ehe der Kapitän unten angelangt war, fühlte ich mich frei. Sofort untersuchte ich den Raum. Er war so niedrig, daß ich nur knien konnte, und faßte ungefähr vier Personen. Der Eingang stieg grad empor, war aber zu weit, als daß ein Mann nach Schornsteinfegerart hätte emporklettern können. Dieser Umstand mochte den Kiang-lu zu der Überzeugung gebracht haben, daß niemand entfliehen könne.
    Meine Hände und Füße waren in vollständig handlungsfähigem Zustand, was ganz sicher nicht der Fall gewesen wäre, wenn ich von Indianern gebunden worden wäre.
    „Gib mir das Messer!“ bat ich die Frau.
    Ich nahm es aus ihrer Hand, und noch während der Kapitän niederschwebte, war ich imstande, seine Fesseln zu zerschneiden. Man zog den Strick hinauf.
    „Schnell wieder empor, Käpt'n!“ flüsterte ich ihm zu.
    „Blitz und Knall, wie kommt Ihr zu dem Messer? Laßt mich nur erst verschnaufen! Wie wollen wir empor?“
    „Für einen ist der Schacht zu weit, zu zweien aber geht es. Wir stemmen uns mit den Rücken aneinander und schieben uns mit Händen und Füßen empor.“
    „Das geht besser als Bergsteigen, denn das ist die reine Mastauffahrt. Jetzt habe ich Atem. Kommt, Charley, schnell, ehe sie uns entwischen! Jetzt ist's vorbei mit der Komödie; jetzt wird Ernst gemacht.“
    „Ihr wollt empor? Werdet ihr mich retten?“ fragte das Weib ängstlich, als sie bemerkte, daß wir so schnell wieder fort

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