33 - Am Stillen Ozean
deren eine ganze Reihe auf unseren Aufbruch wartete. Nach echt indischer Sitte stand vor dem Haus ein ganzes Hundert von Kulis, Läufern, Dienern, Köchen und anderen Begleitern, die Läufer zu Fuß, die andern zu Pferd oder zu Wagen, so daß jeder uns Begegnende die Überzeugung erhalten mußte, er habe die Ehre, sehr hochgestellten Herrschaften auszuweichen.
Endlich ging es vorwärts. Wir verließen Point de Galle und hatten nun bis Colombo eine wohlgepflegte Straße zu passieren, zu deren Seiten sich eine ununterbrochene Reihe von Dörfern hinzog; wie Schmuckkästchen blickten die Gebäude derselben aus der reichen südländischen Vegetation hervor.
Kein Ort der Welt darf sich in Beziehung der Pflanzenwelt mit Point de Galle messen; der charakteristischste Baum dieser Gegend ist der Papawbaum (Carica papaya), welcher einen schlanken, hohen und sich sehr regelmäßig verjüngenden Stamm hat, an dessen Spitze sich die langen, glänzenden Blätter wie ein Fallschirm ausbreiten und eine Menge hellglänzender Früchte einschließen, die die Gestalt einer Melone besitzen.
Es war noch früh am Morgen, und man muß in jenen Breiten gewesen sein, um die wonnige Schönheit der ersten Tagesstunden in der Tropenzone zu kennen. Wie rein und balsamisch umhaucht da die Luft die Wangen! Die vollkommen azurne Bläue des Himmels spiegelt sich in kristallenen Wassern. Die uns umkosenden Zephyre tragen uns die trunken machenden Düfte von Millionen von Blumen und Blüten entgegen. Welch ungekanntes Entzücken hebt das Herz, welch ungläubiges Staunen wagt sich an die Betrachtung der fremdartigen Erscheinungen, auf welche man bei jedem Schritt stößt! Es liegt etwas so Großartiges und Mächtiges in dem Eindruck, welchen die Tropenwelt auf das empfängliche Gemüt äußert, daß man nach einem Aufenthalt von wenigen Monaten die Empfindung hat, als befinde man sich bereits eine lange Reihe von Jahren dort. Es erscheint hier alles neu und wunderbar. Inmitten dieser Ortschaften, Dörfer und Felder, in der Dichtigkeit dieser Wälder verwischen sich fast alle Erinnerungen an unsere abendländischen Formen und Erscheinungen, denn es ist ja hauptsächlich die Vegetation, welche, allerdings in Verbindung mit der Bodengestaltung, den Charakter der Landschaft ausmacht; sie ist es, die durch ihre Massenhaftigkeit, den Kontrast ihrer Formen und den Glanz ihrer Farben auf unsere Einbildungskraft die tiefste Wirkung äußert. Je kräftiger und neuer ein Eindruck ist, desto mehr schwächt er frühere Vorstellungen; die Kraft derselben gibt ihnen den Anschein der Dauer. Das Licht und das Magische der Atmosphäre verherrlichen unter dem zauberhaften Himmel des Südens selbst den schmucklosesten Teil der Erdenwelt. Die Sonne spendet nicht nur Helle, sondern sie färbt zugleich jeden Gegenstand und umgibt ihn mit einem leichten Duft, welcher, ohne der Durchsichtigkeit der Luft zu schaden, die Töne harmonischer macht, die Wirkungen des grellen, intensiven Strahles mildert und über die ganze Natur eine Ruhe verbreitet, welche auch in unsere Seele einzieht.
Kein anderer kann die Szenerie von Ceylon besser würdigen als der Jäger. Die Verfolgung des wilden Elefanten oder Bären bringt ihn in Situationen, deren unübertrefflich szenische Schönheit nicht leicht einem andern vor das Auge gedrückt wird, außer vielleicht einem Soldaten im Kampf gegen aufständische Eingeborenen. In einem Dampfer oder auf der Lustjacht um die Insel reisen und während einer solchen Fahrt alle größeren und kleineren Häfen besuchen, würde den Freund des Malerischen in den Stand setzen, viel von der herrlichen Natur Ceylons zu sehen. Alle, welche es besuchen, müssen anerkennen, daß es das gerühmte Elysium des Orients wirklich ist.
Die Straße von Point de Galle nach Colombo windet sich längs der Meeresküste hin. Zwischen ihr und der See liegt ein dünnes Gehölz von Kokosnußbäumen, in deren Schatten die dicht zusammenhängenden Dörfer liegen. Man darf hier nicht an die niedrigen, breiten Kronen unserer Obstwälder denken; die Kokospalmen, welche sich mit Vorliebe dem Meer zuneigen, ragen achtzig bis hundert und mehr Fuß empor und tragen erst in dieser Höhe auf schlanken Säulen ihre herrlichen Fächerkronen. Es benimmt dies den Umrissen des landschaftlichen Bildes die Eintönigkeit, welche unvermeidlich wäre, wenn der Wuchs der Kokospalme die gleichen, regelmäßig aufsteigenden Linien zeigte, welche die Arekapalme so reizend, schlank und fein in ihrem Bau
Weitere Kostenlose Bücher