33 - Am Stillen Ozean
erscheinen lassen.
Unsere Reise ging sehr schnell und glücklich vonstatten. Schon in geraumer Entfernung von Colombo zeigten die dichteren Reihen von besser gebauten Wohnungen, vermischt mit einzelnen europäischen Häusern, daß wir uns der Hauptstadt näherten. Die Kokoswälder wechselten in angenehmer Weise mit den Zimtgärten der Regierung ab. Dieses Gesträuch, welches im Handel so großen Nutzen abwirft, wächst bis zu einer Höhe von vier bis fünf Fuß und gleicht, was sowohl die Farbe als auch die Gestalt des Blattes betrifft, der Syringe. Die Straße belebte sich bei jedem Schritt mehr mit malerischen Gestalten; wir waren gewissermaßen bereits in der Vorstadt Colombos, die aber wegen des Fort durch einen breiten, freien und nicht von Wohnungen bedeckten Raum von der eigentlichen Stadt getrennt ist.
Endlich passierten wir auch den berühmten, von den Singhalesen heilig gehaltenen Banianen-Baum, dessen Hauptwurzel auf der einen Seite der Straße in die Erde greift und der von der herrlich geästeten Riesenkrone aus eine seiner Luftwurzeln auf der andern Seite des breiten Fahrweges zu Boden gesandt hat, so daß sie nun einen zweiten kräftigen Stamm bildete. Diese Baniane ist eine großartige Erscheinung der tropischen Pflanzenwelt, ein wahrhaft königlicher Sproß des mütterlichen Schoßes dieser so reich gesegneten Insel.
Gegen Sonnenuntergang langten wir in Colombo an. Wir wurden da von einem Abgesandten des Gouverneurs empfangen, welcher den Auftrag hatte, uns nach dem Queens-house zu geleiten. Dort wurde uns alles geboten, was nach einer Tagesfahrt in diesem Klima erwünscht ist: kühle Zimmer, ein prachtvolles Bad, Ruhe und Speise. Nach dem Essen ging ich mit Raffley vor die Zitadelle hinaus an das Meeresufer, den Sammelplatz der schönen Welt von Colombo, welche teils zu Wagen und teils zu Pferde, vielleicht auch promenierend sich der kühlen Seebrise erfreute.
Neben dem Weg auf einer weiten Esplanade machte ein Teil der Garnison, welche aus Eingeborenen von Vorderindien unter englischen Offizieren besteht, seine Exerzitien, denn die Rücksicht auf das Klima erfordert, daß solche Übungen nur in den kühlen Morgen- und Abendstunden vorgenommen werden.
Wir ließen uns auf eine Bank nieder. In dem kurzen Zwielicht der tropischen Breite drang das brandende Rauschen des Meeres wie eine vernehmliche Sprache an mein Ohr. Wie wunderbar drängten und kreuzten sich die Gedanken! Ich ließ den Blick bald auf dem Treiben der kleinen Schaltierchen zu meinen Füßen haften, bald über die blaue See in endlose Ferne schweifen; zur Rechten die Stadt und ihr Fort, zur Linken ein großes, englisches Monstre-Hotel, dicht von Kokospalmen umgeben, deren Federkronen sich rauschend im Nachtwind bewegten, und es war mir alles wie ein Traum; ich mußte mich besinnen, daß ich mich wirklich hier auf Ceylon befand. Vergangenes, Erlebtes, Kommendes und die Gebilde der Phantasie fließen mit dem Gegenwärtigen in ein seltsames, halbbewußtes Dasein zusammen; man erinnert sich nur undeutlich, wohin in solchen Momenten die Gedanken eilten, so wird man von der Seltsamkeit der neuen Eindrücke und der fremden Umgebung verwirrt und dennoch zählen solche Stunden zu den reichsten und liebsten Erinnerungen, welche man mit zur Heimat bringt.
Es war mittlerweile Nacht geworden, und die Truppen hatten längst mit klingendem Spiel den Rückweg nach der Stadt angetreten, als wir uns nach dem Queens-house zurückbegaben. An der Tür desselben stand Tom, der Steuermann, welcher uns nicht zu Hause getroffen und also hier auf uns gewartet hatte.
„Eingetroffen, Sir!“ sagte er nach kurzer Seemannsart.
„Well, mein Junge; doch wo ist die Jacht? Ich habe sie trotz alles Suchens nicht bemerkt.“
„Hinter dem Felsen seitwärts vom Hafen, Sir. Der Hafen ist dem Wind ausgesetzt und eine stramme Bö, welche einen Dreimaster umklappt wie einen Gartenstuhl, ist in diesen Gegenden nichts Seltenes.“
„Well done! Gibt's etwas neues an Bord?“
„Nein. Aber außer Bord habe ich eine Bemerkung gemacht, die ich Euch melden muß, Sir.“
„Welche?“
„Habt Ihr den Chinesen bemerkt, welcher gestern den Hafen verließ?“
„Yes.“
„Sein Bau und seine Takelung nahmen mich wunder, auch konnte ich mir nicht recht denken, wohin der Kerl eigentlich wollte, da der Nordost-Monsun ihm ja den Kurs verlegt. Dann fiel mir auf, daß heut morgen in der ‚schwarzen Stadt‘ von Point de Galle, wo nur Eingeborene wohnen, mehrere Mädchen
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