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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn?“
    „Daran, daß die Fahrt nach Java mich für diesmal zu weit von der Heimat entfernen würde.“
    „Auf diesen Gedanken braucht Ihr gar nicht stolz zu sein, Charley. Es führen alle Wege nach Rom, und es kann Euch sehr gleichgültig sein, ob Ihr von Westen oder von Osten, über Amerika oder über Afrika in Euer heimatliches Nest zurückkehrt. Ich wundere mich sehr über Euch, daß …“
    Er wurde unterbrochen. Draußen war jetzt Musik und Gesang zu hören, und einer der Oberbediensteten des Hotels trat ein, welcher Licht brachte, denn es dunkelte schon, und bat, in die Veranda zu treten, weil man uns beide zu sehen wünsche.
    „Wer will uns sehen?“ fragte der Englishman verwundert.
    „Die Volksmenge, welche Euretwegen gekommen ist, um Euch zu ehren und Euch zu danken.“
    „Wofür?“
    „Die Jungfrauen, welche Ihr errettet habt, werden festlich durch die Stadt geführt; dann sollen diejenigen, welche während der Elefantenjagd geraubt worden sind, von dem Boten, den der Mudellier nach Colombo zu dem Gouverneur sendet, dorthin begleitet werden.“
    Raffley zog eins seiner sonderbaren Gesichter, ließ den Klemmer auf die Nasenspitze rutschen und fragte:
    „Sollen wir etwa auch mit festlich durch die Stadt laufen, he?“
    „Euer Lordschaft, wer sollte daran denken!“
    Mit diesen Worten fuhr der erschrockene Mann zur Tür hinaus. Raffley nickte mir lachend zu:
    „Well, so wollen wir uns angucken lassen! Vorher aber sage ich Euch, daß ich wegen Java auf Eure Begleitung rechne. Drei Tage brauche ich zur Vorbereitung zu dieser Reise; so lange gebe ich Euch Zeit, darüber nachzusinnen, ob Ihr wollt oder nicht. Aber wehe Euch, wenn Ihr dann nicht mitkommen wollt!“
    Draußen standen beim Schein vieler Fackeln an der Spitze des Festzuges die mit Blumen reich geschmückten Jungfrauen. Als man uns erblickte, erbrausten Rufe aus hundert und aber hundert Kehlen, und die Musikanten stimmten ein. Das ging ohne Unterbrechung mehrere Minuten fort und hörte nicht eher auf, als bis wir in das Zimmer zurückgetreten waren.
    Kurz darauf folgten wir der Einladung des Mudelliers. Dort erfuhren wir, daß ein Lieutenant von den Eingeborenen mit zehn Mann auf die Dschunke beordert worden war, die Gefangenen zu bewachen. Ich fragte, ob diese elf Mann genügend seien, beruhigte mich aber auf die Bemerkung des Mudelliers, daß nicht mehr Wächter gebraucht würden, weil die Gefangenen alle gefesselt und außerdem noch angebunden seien.
    Da wir die vorige Nacht durchwacht hatten, blieben wir nur so lange bei diesem Beamten, wie der Anstand erforderte, und legten uns dann gleich nieder. Dieses Schlafbedürfnis hatte zur Folge, daß wir am nächsten Morgen nicht eher aufwachten, bis wir geweckt wurden. Der Mudellier wollte wieder mit uns sprechen. Das mußte etwas Wichtiges sein. Wenn ich bedachte, wie stolz und unnahbar sonst ein solcher Gebieter zu sein pflegt, konnte ich mir Glück zu meiner Bekanntschaft mit Raffley wünschen, denn nur dessen Verwandtschaft mit dem Generalgouverneur war das entgegenkommende Verhalten des Mudelliers zu verdanken.
    Er sah sehr ernst und feierlich aus, als er in Raffleys Zimmer trat, in welches ich mich schnell begeben hatte, und sonderbar klang die einleitende Frage, welche er an den Englishman richtete, sobald er uns begrüßt und sich niedergesetzt hatte:
    „Sir, wo leben die Geister?“
    Raffley machte vor Erstaunen ein so langes Gesicht, daß der Klemmer in die bekannte Bewegung kam, sah den Frager eine Weile wortlos an, schüttelte den Kopf und antwortete dann:
    „Die Geister – – –? Hm! Die Geister – – –?“
    „Ja, die Geister!“ nickte der Mudellier.
    „Was für welche? Es gibt verschiedene Geister.“
    „Verschiedene?“
    „Ja. Ja, zum Beispiel Lebensgeister, Weingeister, Quälgeister und so weiter.“
    „Sir, ich scherze nicht. Ich meine die richtigen Geister.“
    „Die richtigen? Hm! Etwa Gespenster?“
    „Das ist wohl gleich, Geist oder Gespenst.“
    Da nahm Raffleys Gesicht einen leise ironischen Ausdruck an; er schob den Klemmer wieder dahin, wohin er gehörte, und sagte:
    „Das ist gar nicht gleich. Der Mensch kann seinen Geist aufgeben; aber sein Gespenst aufgeben, das kann er nicht. Hat es vielleicht in der vergangenen Nacht ein Gespenst gegeben?“
    „Ja.“
    „Wo?“
    „Auf der Dschunke.“
    „Auf dem chinesischen Schiff?“
    „Ja.“
    „Das glaubt Ihr, Sir?“
    „Ja, ich glaube es.“
    „Ich nicht. Gespenster gibt es überhaupt nicht,

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