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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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das sehe ich wohl.“
    „Nun, dieses Loch führt ganz gewiß zum Kopf, zum Mund des Kaffers, damit er Atem holen kann. Und was liegt dort in der linken Ecke am Boden?“
    „Hm! Melonenschalen.“
    „Schön! Hoffentlich könnt Ihr Euch erklären, wie die dorthin gekommen sind?“
    „Verlangt Ihr etwa, daß ich mir wegen dieser Melonenschalen den Kopf zerbrechen soll?“
    „Nein. Man kann das erraten, auch ohne den Kopf dabei in Gefahr zu bringen. Quimbo hat doch essen und trinken müssen. Er ist darum mitternächtlich an Deck gestiegen und hat den Geist gespielt, um sich Melonen zu holen, während die Wachen vor Angst bis an das äußerste Ende des Schiffes liefen.“
    „Hm! Dann wäre dieser Quimbo ein recht pfiffiger Kerl, was man von einem Kaffer nicht erwartet.“
    „Er ist nicht dumm. Ich werde ihn gleich zitieren. Quimbo, bist du da?“
    Es erfolgte keine Antwort.
    „Quimbo, ich weiß, daß du dort im Sand steckst. Komm hervor! Es wird dir nichts geschehen.“
    Wieder keine Antwort. Seit wir uns zum letztenmal gesehen hatten, waren Jahre vergangen; er kannte meine Stimme wohl nicht mehr; übrigens hatte dieselbe in diesem niedrigen feuchten Raum einen dumpfen Klang. Da ging ich näher hin und sagte:
    „Kennst du mich nicht mehr? Ich bin das gut', lieb' Deutschland, mit dem du damals bei dem Boer von het Roer gewesen bist. Komm heraus!“
    Es war nämlich seine Gewohnheit gewesen, statt Engländer England, statt Franzose Frankreich, statt Deutscher Deutschland zu sagen. Diese meine letzten Worte hatten Erfolg; der Sand bewegte sich, und eine Stimme fragte aus demselben hervor:
    „Gut' lieb' Deutschland, was hab' bekomm' Dose von schön', gut', tapfer Quimbo?“
    „Ja.“
    „Was hab' reit' mit schön' Quimbo bis hinauf nach Groote-Kloof und kämpf mit viel Zulukaffer?“
    „Ja.“
    „Mijn tijd, mijn tijd! Wenn lieb', gut' Deutschland da, dann bin Quimbo auch da! Schön', gut', tapfer Quimbo gleich schnell komm' aus Sand heraus!“
    Der Sand wurde auseinandergetrieben, und der ‚schöne‘ Quimbo erschien in all der Glorie, die ihm eigen war. Zunächst kam die hohe Frisur, welche genau die Gestalt und Höhe wie früher hatte; hierauf folgte das bartlose Basuto-Gesicht mit der Stumpfnase, dem breiten Mund und den kleinen Äuglein, welche sich mit einem forschenden Blick auf mich richteten. Er erkannte mich, öffnete, um einen Jubellaut herauszulassen, den Mund von einem Ohr bis zum andern und fuhr schnell vollends aus dem Sand, daß er mit dem Kopf an die niedrige Decke stieß. Die zärtlich geliebte Frisur wurde dadurch zusammengedrückt; er achtete aber vor Entzücken, mich zu sehen, gar nicht darauf, sprang über die Gabelung herüber, ergriff meine beiden Hände und rief:
    „O Deutschland, o lieb', gut' Deutschland! Wie freu' sich schön', tapfer Quimbo, daß seh' wieder sein Deutschland! Quimbo muß geb' Kuß auf alle Hände von Mynheer Deutschland!“
    Er küßte mir ‚alle‘ Hände mit einer Innigkeit, durch die sie in die größte Gefahr gekommen wären, wenn sie aus Schokolade oder Marzipan bestanden hätten; glücklicherweise waren sie aus einem weniger vergänglichen Stoff und hielten die feurige Liebkosung leidlich aus. Seine Freude schien eher zu wachsen anstatt sich zu beruhigen, denn er ließ plötzlich meine Hände los, warf mir seine Arme um den Hals, drückte mich an sich, oder vielmehr sich an mich, spitzte die Lippen und machte mit ihnen eine so schnelle und unvorhergesehene Bewegung nach meinem Mund, daß ich kaum genügend Zeit fand, mit dem Gesicht eine solche Wendung zu machen, daß die Zärtlichkeit des Attentäters auf meiner Wange anstatt auf der von ihm aufs Korn genommenen Stelle explodierte. Er schien auf diesen Fehlschuß einen besser gezielten tun zu wollen, aber ich drängte ihn von mir ab und sagte:
    „Laß das. Quimbo! Ich weiß, daß du dich über dieses Wiedersehen ebenso freust wie ich; das mag für jetzt genügen. Ich bin natürlich außerordentlich erstaunt, dich hier zu sehen, so fern von deiner Heimat und auf einem Räuberschiff!“
    „Oh, Mynheer Deutschland, schön', gut', tapfer Quimbo bin nicht Dieb und bin auch nicht Räuber, sondern bin nur Diener auf Schiff von Girl-Robber.“
    „Du hast dich also an den Missetaten dieser Menschen nicht beteiligt, Quimbo?“
    Er zog seine schrecklichste Grimasse, was der Ausdruck der heiligsten Beteuerung sein sollte, schlug sich mit beiden Fäusten an die Brust und rief:
    „Quimbo nicht mach' mit, was sie hab'

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