Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
mich klopfen, so viel und so sehr Ihr wollt; aber da hinten, da liegt das Leben, grad wie bei einem Schiff das Steuer, und wenn dieses beschädigt ist, so ist es mit der guten Fahrt vorbei. Was ist zu machen?“
    „Nicht viel. Ich brauche Ruhe und Kühlung.“
    „Das könnt Ihr ja beides haben. Hier ist Wasser in Menge, und vor Tagesanbruch werden wir diesen unglückseligen Ort doch nicht verlassen können, so daß Ihr also Zeit habt, Euch zu erholen.“
    Das Wasser stand bis an den Rand des Kanales; ich grub mit dem Messer eine kleine Vertiefung, welche sich sofort mit Wasser füllte, und legte, mich auf dem Rücken ausstreckend, den Hinterkopf hinein.
    „Was der Kerl praktisch ist! Auf diese Weise braucht er weder Umschläge noch einen Krankenwärter.“
    „Zal ik Euch helpen, Mynheer?“ fragte die Niederländerin.
    „Danke! Sie haben leider selbst Mangel an jeder Bequemlichkeit.“
    „Het is te ertragen. Ik word mij auf die Aarde legen und sehen, ob ik slapen kann.“
    Der Kapitän war ihr behilflich, aus Lieuzweigen ein Kopfkissen anzufertigen, welches allerdings die Zartheit eines Daunenbettes nicht haben konnte; sie streckte sich aus, und bald bewies ein kräftiges Schnarchen, daß es unserer Gefährtin gar nicht schwerfalle, hier im Freien, wo allerdings eine sehr milde Luft herrschte, ein gemütliches ‚Slaapje‘ zu halten.
    „Wäre es nicht besser, wir hätten einen andern Ort aufgesucht, Charley?“ fragte der Kapitän.
    „Warum?“
    „Weil ich denke, daß die Kerls wiederkommen können.“
    „Werden sich hüten!“
    „Meint Ihr? Dann könnte ich wohl nichts Besseres tun, als mir auch ein Kopfkissen machen; denn ich glaube nicht, daß hier jemand so freundlich sein wird, uns eine Hängematte zu bringen.“
    „Tut es. Ich werde wachen.“
    „Aber habt Ihr auch den gehörigen Verstand dazu? Ich denke, Ihr seid betäubt, und da schläft man ja sehr leicht ein.“
    „Habt keine Sorge. Das Wasser hält mich munter!“
    „Well! So; da ist das Bett fertig. Weckt mich in einer Stunde, damit ich Euch ablösen kann. Good night, Charley!“
    „Gute Nacht, Käpt'n!“
    In zwei Minuten war aus dem Schnarchmonolog der Köchin ein Duett geworden, welches mir geeignet erschien, die Strompiraten zu verscheuchen, wenn es ihnen ja einfallen sollte, zurückzukehren. Über mir aber leuchteten die Sterne des Reiches der Mitte. Ich blickte zu ihnen empor lange, lange Zeit, und ein wunderbarer Frieden senkte sich in mein Inneres bei dem Gedanken, daß ein allgütiger und allmächtiger Vater über uns wacht, auf welchem Punkt der Erde wir uns auch befinden mögen. Mein ganzes Denken und Fühlen floß da in einem stummen Gebet zusammen, bis mir die Augen schwer wurden. Turnerstick hatte recht – ich schlief ein. – – –

Im ‚Lung-keu-siang‘
    Als ich erwachte, war es bereits Morgen. Ich hätte aber wohl noch länger geschlafen, wenn mir nicht bei einer Drehung des Kopfes das Gesicht in das Wasser geraten wäre. Alle Müdigkeit und jede Folge des Ruderschlages war verschwunden. Ich erhob mich. Tiefe Fußtritte in dem weichen Boden waren die einzigen Überreste, welche von dem nächtlichen Kampf zu bemerken waren, und trotz aller Aufmerksamkeit konnte ich keinen Tropfen Blut entdecken, welcher mir verraten hätte, daß eine unserer Kugeln getroffen habe.
    Drüben am nördlichen Horizont sah ich die Mauern des Kuang-ti-miao liegen, und auf der entgegengesetzten Seite zeigte eine langgedehnte Nebelschicht, wie weit wir vom Fluß entfernt waren. Wir hatten höchstens eine halbe Stunde zu gehen, um ihn zu erreichen.
    Ich weckte den Kapitän:
    „Schiff, ahoi – ihhh!“
    Er sprang mit gleichen Beinen empor.
    „Ahoi –! Barke, ‚The Wind‘ aus – – – alle Wetter, Ihr seid es, Charley? Ich will doch nicht hoffen, daß Ihr mich zum Narren – hm, in welchen Breiten liegen wir hier denn eigentlich vor Anker?“
    „Bitte, Käpt'n, legt Euern Kopf ein wenig hier in mein Wasserloch, dann wird die nötige Besinnung sofort eintreten!“
    „Ah, richtig! Da drüben liegt der Götzentempel, dort der Fluß und hier – hier die niederländische Lady, welche zwei Scheffel Melonen, Oliven und Nüsse verzehren kann.“
    „Dafür aber auch ihr Ruder brav zu führen versteht, Käpt'n.“
    „Weiß es! Ist ein prächtiges Weibsbild; hat ja zugeschlagen wie ein Hochbootsmann. Wollen wir sie wecken?“
    „Wird wohl notwendig sein.“
    „Schön; werde es selber machen.“
    Er trat zu der

Weitere Kostenlose Bücher