Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
und zwar mit englischer Aufschrift: ‚Hotel zu allen guten Sachen‘. Gehen wir hinein?“
    „Yes!“
    Bereits an der Tür wurden wir von einem chinesischen Kellner empfangen, und in der Restauration stand ein zweiter am Eingang, welcher in ausgesuchter Höflichkeit nach unseren Namen fragte. Als wir ihm geantwortet hatten, rief er die beiden Namen in englischer und chinesischer Aussprache laut über das Zimmer hin. Dann wurden wir an einen separaten Tisch geführt, welcher mit einem seidenen Tuch behangen war. Auch die Stühle waren mit Seide überzogen. Dann erhielten wir, ohne gefragt zu werden, jeder ein Gläschen echten, süßen, aber außerordentlich starken Reisbranntwein.
    Jetzt erst trat der Oberkellner zu uns und präsentierte den Speisezettel, welcher aus dem feinsten roten Seidenpapier bestand und so groß war, daß ich mich hätte einwickeln können. Die Speisen waren numeriert, und so oft ich ihm eine bezeichnete, rief er die Nummer, so daß man es in der Küche zu hören bekam.
    Messer, Gabel und Löffel gab es nicht. Es wurde alles in so zerkleinertem Zustand präsentiert, daß man ein Messer gar nicht bedurfte, und statt Gabel und Löffel dienten elfenbeinerne Speisestäbchen, von den Engländern und Amerikanern Chopsticks genannt.
    Ein immerwährendes, unmutiges Brummen des Kapitäns verursachte mir ein Lächeln.
    „Was lacht ihr?“ fragte er mich daher.
    „Was brummt Ihr?“ fragte ich dagegen.
    „Soll ich etwa nicht brummen, he? Wer kann denn mit diesen zwei Filetnadeln etwas Gescheites zum Munde bringen! Ich fische in der Brühe herum wie ein Storch, der keine Frösche findet, und Ihr hantiert mit den Dingern grad so, als ob sie Euch mit auf die Welt gekommen wären!“
    „Ich habe mich geübt, Käpt'n.“
    „Geübt? Wo?“
    „Auf Eurem Schiff. Der Koch mußte mir tagtäglich einen Teller Reis machen; ich schnitzte mir zwei Stäbchen, und wenn ich allein war, versuchte ich, chinesisch speisen zu lernen.“
    „Das ist Verrat, das ist die größte Hinterlist und Heimtücke, welche ich mir denken kann! Hättet Ihr mir etwas gesagt, so hätte ich mich an dieser Übung beteiligt.“
    „Oder mir Chopsticks an den Kopf geworfen. Jetzt aber müßt Ihr daran glauben.“
    „Fällt mir nicht ein, sonst sitze ich übermorgen noch da und fische in den Schüsseln herum. Verlangt doch einmal ein tüchtiges Stück Brot!“
    Ich tat dies. Als er es erhalten hatte, zog er sein Messer hervor und schnitt sich daraus einen Löffel, mit Hilfe dessen er nun gleichen Schritt mit mir hielt.
    Als wir das wirklich delikate Mahl, welches aus zwölf allerdings kleinen Gängen bestand, beendet hatten, erhielten wir Tee, und dann wurden wir gefragt, ob wir Yen (Tabak) haben wollten. Ich verdolmetschte Turnerstick diese Frage.
    „Gibt es Zigarren hier, Charley?“
    Auf meine an den Kellner gerichtete Erkundigung brachte dieser einige echte Manila, welche der Kapitän ausgezeichnet fand. Was mich betraf, so zog ich es vor, eine chinesische Wasserpfeife zu versuchen. Der Kopf derselben hatte etwa die Größe eines Fingerhutes und mußte daher öfters gefüllt werden; der Tabak aber war gut, stark und etwas süßlich.
    „Fragt einmal, was wir schuldig sind, Charley! Oder wartet; ich werde selbst fragen, Garçon!“
    Er blickte mich bei diesem französischen Wort triumphierend an.
    „Ja, Ihr meint wohl, daß ich gar nichts verstehe? Seit ich chinesisch spreche, fällt mir die ganze französische Sprache wieder ein. He, Garçon!“
    Der Kellner merkte, daß er gemeint sei, und trat herbei.
    „Wir habeng sehr gut gegessang, und ich bin mit Euch recht zufrieding. Was muß ich bezahleng?“
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    „Was sagt dieser Herr?“ fragte er mich.
    „Er wünscht zu zahlen.“
    Er trat an ein Tischchen, rechnete den Betrag zusammen und schrieb dann mittels Tusche und Pinsel die Rechnung, welche er dem Kapitän präsentierte.
    „Was bedeuten die Kratzfüße, Charley?“
    Ich nannte ihm die Summe; sie war so bescheiden, daß sich der Kapitän darüber wunderte.
    „Hier werden wir speisen, so lange wir in Canton sind“, meinte er. „Aber einen Löffel muß ich mir mitbringen. Gibt es Trinkgelder?“
    „Sehr, Käpt'n.“
    „Well, sollen mit mir zufrieden sein. He, Garçon, alle Kellner her!“
    Ich mußte auch dies übersetzen. Sämtliche dienstbaren Geister des ‚Hotel zu allen guten Sachen‘ kamen herbei und erhielten ein Kom-tscha. Den Reverenzen nach, welche sie machten, schienen sie sehr

Weitere Kostenlose Bücher