33 - Am Stillen Ozean
nicht.“
„Welcher?“
„Daß Ihr mich wieder Charley nennt.“
„Well, habt recht, Master Kang-fu-king-wu-kung-tu. Soll aber nicht wieder geschehen!“
Aus Höflichkeit hatte man bisher vermieden, uns nach unsern Erlebnissen zu fragen. Jetzt aber begann Kong-ni:
„Wie uns der Tscha-juan schreibt, hat euch mein Talisman Nutzen gebracht?“
„Allerdings.“
„Dürfen wir den Hergang erfahren?“
Ich gab ihm einen ganz ausführlichen Bericht über alles, was uns vorgekommen war. Sie hörten ihn ohne eine einzige Unterbrechung bis zu Ende.
„So vermutest du also, daß der Kiang-lu hier in Li-ting zu finden ist?“
„Nach dem, was ich hörte, ja.“
„Dann mußt du Anzeige machen.“
„Werde mich hüten. Ich bin kein Diener des Hiu-po (Gericht) in Peking.“
„Du sprichst weise; denn es könnte leicht kommen, daß eine solche Anzeige dein Tod wäre. Wie lange willst du in China bleiben?“
„So lange es mir gefällt.“
„Es wird dir gefallen, und du wirst bei uns bleiben“, meinte der Phy. „Deine Ausarbeitungen öffnen dir die Blume der Mitte, und es wird dir hier so gefallen, daß du nie wieder gehen willst.“
„Wann wird über meine Ausarbeitungen entschieden?“
Er lächelte.
„Wann es mir beliebt. Es kommt nur auf dich an, und wenn du es wünschst, kannst du die Entscheidung bereits morgen früh in den Händen halten.“
„So bitte ich darum!“
„Der Wunsch sei dir gewährt. Aber siehe, welch einen herrlichen Abend wir haben! Ich pflege diese Stunde im Garten zu verbringen. Werdet ihr mit uns gehen?“
„Gern.“
Wir erhoben uns, und der Kapitän griff, als ich ihm unsere Absicht mitgeteilt hatte, nach dem Regenschirm.
Es war kein Garten, es war ein wundervoll angelegter, weitläufiger Park, durch welchen wir spazierten. Kong-ni hatte sich Turnersticks bemächtigt und war mit ihm zurückgeblieben; der Phy aber schritt mit mir immer vorwärts, bis wir auf einem künstlichen Felsen halt machten und uns niederließen. Ich hatte ihm von dem Vaterland, von meinen Angehörigen und von meinen Erlebnissen erzählen müssen, jetzt begann er mit einer Frage, die ich nicht erwartet hatte:
„Du hast also kein Weib daheim?“
„Nein.“
„Kennst auch kein Weib, welches du lieb hast?“
„Nein.“
„Hast du Kong-ni gern?“
„Ja.“
„Er hat dir gesagt, daß er dich zum Bruder haben will?“
„Ja.“
„Willst du mein Sohn sein?“
„Dem Namen nach oder in Wirklichkeit?“
„In Wirklichkeit, mit allen Rechten und – Pflichten.“
„Sage mir deine Gründe!“
„Diese liegen nicht fern. Kong-ni hat dich lieb; er will seinem Lebensretter dankbar sein, und ich stimmte ihm bei. Ich werde dich öffentlich adoptieren.“
„Darfst du das?“
„Glaubst du, daß einem Phy und Fu-yuen etwas unmöglich ist, was er will?“
„Ich habe Eltern in der Heimat.“
„Du sollst ihr Sohn bleiben. Entscheide dich, denn du gefällst mir!“
„Ein Barbar, der keinen Rang und keinen Grad aufzuweisen hat, kann nicht ja sagen. Entscheide über meine Ausarbeitungen, dann werde ich auch über deinen Antrag entscheiden.“
„Du bist stolz und das gefällt mir. Du wirst morgen früh erfahren, was ich tue. Wo hast du unsere Sprache gelernt?“
„Lesen und verstehen lernte ich sie in meiner Heimat, sprechen aber im Lande der Yeng-kie-li, wo viele chinesische Kuli sind, mit denen ich verkehrte, um ihre Sprache zu studieren.“
„Bist du ein Freund vom Studium?“
„Ein großer.“
„So laß dir meine Bibliothek zeigen!“
Wir schritten durch den Garten zurück. Selbst beim Mondschein bemerkte ich, wie reizend er angelegt war und wie sorgsam er gepflegt wurde. Ich machte dem Phy eine Bemerkung darüber.
„Wenn du diesen Garten im Licht des Tages betrachtest, so wirst du sehen, daß seinesgleichen nicht wieder ist. Hast du von Sse-ma-kuang gehört?“
„Ja. Er war Minister und Geschichtsschreiber. Sein Vermögen soll ungeheuer gewesen sein.“
„Hast du auch seine Schriften gelesen?“
„Nein.“
„Ich besitze sie und werde dir seine Beschreibung des Gartens geben, den er sich anlegte, um von den Arbeiten seines Amtes ausruhen zu können. Ganz nach diesem wunderbaren Muster habe ich den meinigen geschaffen.“
Als wir in das Wohnhaus gelangten, führte er mich in einen großen Saal, welcher von vielen Lampen und Laternen erleuchtet war. Hier waren viele Tausende von Büchern und Schriften aufbewahrt. Ich brauchte lange Zeit, um nur eine Übersicht zu gewinnen.
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