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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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natürlicher Weise amphitheatralisch übereinander baut.
    Tief unten liegt eine Grotte, welche nach und nach weiter wird und dann einen ausgewölbten Saal von unregelmäßiger Gestalt bildet und das Licht durch eine breite, mit Geißblatt und wilden Reben umsäumte Öffnung erhält. Hier findet man erquickenden Schutz gegen die drückende Sonnenwärme. Einzelne Felsblöcke und Bänke, welche in den Stein gehauen sind, dienen als Sitze. Aus einer der Wände springt ein Quell hervor in die Höhlung eines großen Steines, fließt in silbernen Fäden aus derselben ab, windet sich durch zahlreiche Spalten und sammelt sich in einem Bassin, welches zum Baden einladet. Dann verliert es sich unter einem Gewölbe, macht dort eine Wendung und fließt dann einem Teich zu, der sich am Fuß der Grotten befindet. Zwischen ihm und dem Felsengewirr führt ein schmaler Pfad dahin. Dort gibt es wilde Kaninchen, und im Teich spielen Fische.
    Ist diese Einöde nicht bezaubernd? Der Teich ist mit kleinen, rohrbewachsenen Inseln übersät, auf denen verschiedene Arten von Vögeln wohnen. Man gelangt sehr leicht von einer Insel zur andern, indem man über Steine schreitet oder über kleine Brücken geht, welche ganz nach Zufall und dem gegebenen Raum im Zickzack oder in gerade Linie verteilt sind.
    Wenn die Wasserlilien blühen, bilden sie einen Kranz von Purpur und Scharlach, wie der Horizont am mittägigen Meer, wenn ihn die Sonne beleuchtet.
    Um aus dieser Einöde zu gelangen, muß man denselben Pfad öfters betreten oder die Kante steiler Felsen überschreiten, welche ihn von allen Seiten umgeben. Man steigt von diesem Steinwall vermittelst einer steilen Treppe hinab, die in das Gestein gehauen werden mußte, in welchem man noch die Spuren der spitzigen Hacken bemerkt. Dort steht ein sehr einfaches Häuschen, welches genug geschmückt ist durch die Aussicht über eine weite Ebene, in der sich der Fluß durch Dörfer und Reisplantagen windet. Das Auge folgt mit Lust den zahlreichen Schiffen auf dem großen Strom; die Landschaft wird belebt durch die vielen Reisenden auf den Straßen und die auf den Feldern arbeitenden Menschen, und der Blick fühlt sich erquickt, wenn er an den blauen Bergen haftet, welche den Horizont bilden.
    Wenn ich in meiner Bibliothek genug gedacht und geschrieben habe, steige ich in einen Kahn, welchen ich selber rudere, und genieße das Vergnügen, welches mir mein Garten bietet. Oft lege ich, während ein breiter Strohhut mich vor den Sonnenstrahlen schützt, bei der Fischerinsel an. Ich locke die Fische, welche im Wasser spielen, und ich denke an die Leidenschaften der Menschen, wenn ich bemerke, daß ein Fisch vergeblich nach dem Köder schießt.
    Oder ich nehme den Bogen in die Hand, hänge den Köcher über die Schulter, steige die Felsen hinan, spähe nach den Kaninchen und durchbohre sie mit dem Pfeil, sobald sie aus ihrem Bau kommen. Doch sie sind besonnener als wir, sie fürchten die Gefahr und suchen sie zu vermeiden, denn keines von ihnen erscheint, wenn ich von ihnen bemerkt worden bin.
    In dem Garten pflücke ich heilsame Pflanzen, die ich aufbewahre. Ich nehme eine Lieblingsblume und freue mich herzlich über ihren Duft. Wenn eine Blüte Wasser braucht, so begieße ich sie, und das kommt auch ihren Nachbarinnen zugute. Wenn ich meine satt gereiften Früchte erblicke, so habe ich oft die Lust zum Essen wiedererhalten, welche ich beim Anblick des Fleisches verloren hatte.
    Meine Granaten und Pfirsiche gefallen auch meinen Freunden, wenn ich ihnen welche schenke. Ich beschneide einen jungen Bambus, welcher stehen bleiben und wachsen soll, oder biege seine Zweige zusammen, damit sie den Weg nicht versperren. Es ist mir gleich, ob ich mich am Ufer des Wassers befinde, ob tief im Gehölz oder auf einer Felsenspitze; sie sind alle gut zum Ruhen.
    Ich betrete ein Häuschen, um zu beobachten, wie der Storch den Fischen nachstellt. Bald aber habe ich vergessen, weshalb ich gekommen bin, denn ich habe die Geige ergriffen und bewege die Vögel, mit einzustimmen.
    Oft überrascht mich der scheidende Sonnenstrahl, wenn ich noch eine Schwalbe beobachte, welche in zärtlicher Fürsorge für ihre Kinder umherflattert; dazu sehe ich, welche Listen der Raubvogel aufbietet, um seine Beute zu erlangen. Der Mond ging bereits auf, und ich sitze noch immer da; das ist ein Genuß mehr. Wenn der Bach murmelt, wenn die vom Wind bewegten Zweige rauschen, versinke ich beim Anblick des Firmaments in süße Träume. Die ganze

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