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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Er nahm eines der Bücher herab und reichte es mir.
    „Das ist das Buch des Sse-ma-kuang. Du wirst die Beschreibung gern lesen, um meinen Garten zu verstehen. Bleibe hier, so lange es dir beliebt, und erlaube mir, zu gehen, denn ich habe noch zu schreiben.“
    Er ging.
    Ich setzte mich an eine Lampe und schlug das Buch auf. Die Stelle war bald gefunden, und ich las. Sie erregte mein lebhaftes Interesse, einesteils wegen des warmen Stils, in welchem sie geschrieben war, und andernteils auch infolge der Anschauungen, die sie von einem chinesischen Staatsmann offenbarte und welche mit dem Bild, das wir uns gewöhnlich von einem Chinesen zu machen pflegen, wenig harmonierte. In meiner Nähe stand ein Tisch mit Reispapier, Tusche und Pinsel. Ich nahm von dem Papier, griff zum Bleistift und übersetzte den Text zum Andenken an den Aufenthalt bei einem chinesischen Grafen. Er lautete:
    „Andere Menschen mögen Paläste bauen, in denen sie ihre Sorgen einschließen oder ihren Eitelkeiten frönen; ich aber habe mir eine liebliche Einsamkeit geschaffen, um meine Mußezeit angenehm zu verbringen und meine Freunde bei mir zu sehen.
    Dazu habe ich nicht mehr als zwanzig Morgen Landes gebraucht.
    In der Mitte desselben liegt ein sehr großer Saal, in welchem ich fünftausend Bücher verwahre, um mit der Weisheit reden und mit den alten Gelehrten verkehren zu können. Gegen Mittag liegt, umgeben von Wasser, ein kleinerer Saal, ummurmelt von einem Bach, der von den westlichen Hügeln herabspringt. Er bildet ein tiefes Bassin, aus welchem fünf Wasser fließen, auf denen unzählige Schwäne segeln.
    Am Ufer des ersten Baches, welcher schäumende Kaskaden bildet, liegt ein steiler Fels mit einem Gipfel, welcher gekrümmt ist wie der Rüssel eines Elefanten und einem scheinbar in der Luft schwebenden Kabinett zur Stütze dient. Dieses ist unverschlossen, damit man die frische Luft einatmen und die Edelsteine sehen könne, mit welchen die Morgenröte die emporsteigende Sonne krönt.
    Der zweite Bach teilt sich nach wenigen Schritten in zwei Kanäle, welche sich um eine Galerie winden, die mit einer doppelten Terrasse eingefaßt ist, die von Blumen duftet und Rosen- und Granatbäume als Pfeiler hat.
    Der dritte Bach schlägt einen Bogen um einen einsamen Portikus herum und bildet dort eine niedliche Insel, deren Ufer mit Sand, Muscheln und glänzenden Kieselsteinen verziert sind. Ein Teil dieser Insel ist mit immergrünen Bäumen bepflanzt, und auf dem andern steht eine Hütte von Rotang, wie sie unsere Fischer haben.
    Die beiden letzten Bäche scheinen einander zu suchen und dennoch zu fliehen. Sie plätschern am Rande einer blumenreichen Wiese dahin, welcher sie Labung spenden. Zuweilen treten sie aus ihrem Bett und bilden kleine Weiher, welche von grünendem Rasen umschlossen werden. Dann verlassen sie die Wiese, bilden schmale Rinnen, brechen sich durch ein Labyrinth von Felsen, welche ihnen den Weg streitig machen. Dann entfliehen sie, tief rauschend oder silberne Wellen bildend, in engen Windungen durch den Ausgang.
    Nördlich von dem Büchersaal liegen mehrere einzelne kleine Häuser teils auf Hügeln, von denen einer über den andern blickt wie die Mutter über ihre Kinder, teils sich an Berghänge anlehnend. Mehrere von ihnen blicken auch versteckt aus kleinen Talschluchten hervor.
    Überall spendet Bambusgebüsch kühlen Schatten, und kein Sonnenstrahl fällt auf die mit Sand bestreuten Wege.
    Nach Sonnenaufgang hin breitet sich eine kleine Ebene aus, welche teils in viereckige und teils in länglich runde Beete geteilt ist und durch einen uralten Zedernwald vor dem kalten Nordwind geschützt wird. Die Beete tragen wohlriechende Kräuter, Arzneipflanzen, Blumen und Gesträuche.
    An diesem herrlichen Ort gibt es steten Frühling; ein Wäldchen von Granatbäumen, Zitronen und Orangen, welche ohne Unterlaß Blumen und Früchte tragen, zieht sich bis hin zum Horizont. Inmitten des Planes steht ein grünes Kabinett, zu welchem man, wie in den Windungen einer Muschel, allmählich emporsteigt. An den Seiten zieht sich Rasen hin, welcher an mehreren Stellen Bänke bildet. Sie bieten Erholung und den Genuß der schönsten Aussicht.
    Nach Sonnenuntergang führt eine Allee von Hängeweiden in das Gestade eines breiten Wassers, das sich in einiger Entfernung über einen Felsen hinabstürzt, welcher mit Efeu und wildem Grün überzogen ist. Rundum sieht man schroffes, wirr durcheinandergeworfenes Gestein, welches sich in einfacher,

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