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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Junge!“
    „Ihr hier, Kapitän? Wo ist Euer Freund, und wie kommt Ihr nach Li-ting?“
    „Dieser Charley oder vielmehr dieser Kung-fu-kung-hu-kung-lu sitzt wahrhaftig noch drin in der Portechaise, als hätte er Gänse auszubrüten!“
    Kong-ni stand sofort bei mir und begrüßte mich mit der lebhaftesten Freude. Er war sichtlich über unsere Umwandlung erstaunt, fragte aber nicht, sondern führte uns nach dem Portal und eine breite Empfangstreppe empor, auf deren oberster Stufe ein Mann stand, welcher dem Richter so ähnlich sah wie ein Ei dem andern. Es war jedenfalls Kong-nis Vater.
    „Kuang-si-ta-sse!“ rief ihm der Sohn entgegen.
    Der Vater machte ein überraschtes Gesicht, ließ mich aber nicht zu der gehörigen Reverenz kommen, sondern bewillkommte mich in einer Weise, als ob wir alte Bekannte seien. Dann geleitete er uns in ein großes Zimmer, in welchem er mich erst richtig in Augenschein nahm. Dann begrüßte er mich abermals:
    „Sei mir willkommen, du Retter meines Sohnes. Mein Haus ist dein Haus; befiehl, und alles wird dir gehorchen!“
    Ich zog das Schreiben seines Bruders hervor und übergab es ihm. Er öffnete und las es, während wir Platz nahmen; dann winkte er uns, ihm zu folgen. Wir traten in einen Korridor.
    „Hier teilt euch in die Räume. Die Zimmer rechts sind dein und die links deinem Freunde. Tretet ein; ihr werdet erhalten, was ihr braucht, und dann erlaubt mir, mit euch zu sprechen!“
    Ich sah eine ganze Enfilade von kostbar ausgestatteten Zimmern vor mir und hatte mich kaum darin umgesehen, als ein Diener kam und frische Leibwäsche und Kleidung brachte. Ich zog mich um und blickte dann durch das Fenster hinab in einen Garten, der wirklich prachtvoll genannt werden mußte und seine erquickenden Düfte mir entgegenschickte.
    Bald erschien ein Diener mit einer sehr künstlichen Lampe aus gegossenem Horn, in welcher ein köstliches Öl brannte.
    „Beliebt es dir, beim Herrn zu erscheinen?“ fragte er sehr höflich.
    „Ja. Wo ist er?“
    „Er wird dich in demselben Zimmer empfangen, in welchem du vorhin gewesen bist.“
    Ich ging. Draußen auf dem Korridor brannten mehrere Lampen ganz derselben Art und verbreiteten ein frappantes Licht über den mit allerlei fremdartigem Schnitzwerk verzierten Gang. In dem Zimmer erwartete mich der Phy mit seinem Sohn. Ein Mahl war aufgetragen, welches sicher hinter dem gestrigen Souper nicht zurückstand.
    Gleich hinter mir trat Turnerstick ein. Beinahe hätte ich laut aufgelacht. Er hatte den langen Zopf ganz auf der Seite und den Regenschirm unter dem Arm. Den Fächer aber hatte er ausgebreitet und handhabte ihn während der Verbeugung mit einer Kraft, als wollte er mit demselben einen Stier erschlagen.
    Die beiden Chinesen blieben sehr ernst. Wir gingen zur Tafel. Turnerstick machte ein höchst vergnügtes Gesicht und lehnte seinen Regenschirm in die Ecke.
    „Tsing!“ bat einfach der Wirt, und dann setzten wir uns.
    Der Kapitän schlug die ungewohnt weiten Ärmel zurück und griff nach den Konfitüren, welche ihm Kong-ni darreichte. Der Chinese beginnt nämlich, umgekehrt wie wir, mit dem Nachtisch und hört meist mit der Suppe auf. Nur einem Europäer zuliebe wird einmal diese Reihenfolge umgeändert. Auch trinkt er den Wein nicht kalt aus Gläsern, sondern warm aus kugelrunden Porzellanbechern. In den Pausen zwischen den einzelnen Gängen erhebt man sich, raucht eine Pfeife oder zerstreut sich auf irgendeine andere Weise. Frauen sind nie dabei; höchstens schauen sie durch die Tür eines Nebengemaches, welche durch ein Bambusgitter ersetzt wird, zu.
    Das Mahl wurde, außer den nötigen Höflichkeiten, schweigend eingenommen. Wir hatten zu viel auf dem Herzen, als daß eine lebhafte Unterhaltung hätte stattfinden können. Aber dann, als der Hausherr die Eßstäbchen an die Stirne gehalten und dann auf die Tasse gelegt hatte, zum Zeichen, daß das Souper beendet sei, griff Kong-ni unter die Tafel und brachte einen bisher versteckten echten Tintio (Rotwein) hervor. Der Diener servierte Gläser, und es dauerte nun gar nicht lange, so waren die Zungen gelöst.
    „Charley, was macht Ihr nur für Fehler!“ tadelte Turnerstick.
    „Welche?“
    „Vergeßt Euern Regenschirm!“
    „Im Zimmer? Haben die beiden andern den ihrigen mitgebracht?“
    „Nein. Als Wirte brauchen sie das nicht. Wir aber als Gäste sind verbunden, als vollständige Chinesen zu erscheinen. Dieser Fehler ist nicht zu verzeihen!“
    „Der Eurige auch

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