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33 Cent um ein Leben zu retten

Titel: 33 Cent um ein Leben zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Jensen
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sollst. Dort steht, wenn du selbst zwei Hemden hast, dann gib das eine dem, der keines hat. Dort steht nicht, dass man die Hemden von anderen nehmen und verteilen soll.«
    Ich sage nichts.
    Mir wird klar, dass er recht hat.
    Ich schäme mich.
    Ein weiterer Punkt muss der langen Liste meiner Fehler und Mängel zugefügt werden. Ein weiterer Punkt. Aber ich sage nicht, dass er recht hat. Das sollte ich tun. Aber ich kann mich nicht dazu überwinden, es zu sagen. Warum muss immer er am Ende recht haben?
    Wir sind fertig, die rosa Hochzeitskutsche wartet. Meine Mutter hat Kopfschmerzen. Da sagt er: »Lies über die Blekingegade-Bande.«
    Die Geschichte kenne ich. Im Fernsehen habe ich den Film gesehen, und Herr Olsen hat uns die ganze wahre Geschichte erzählt. Sie raubten Geld. Sie wollten den Palästinensern helfen. Ein gerechter Kampf, sagten sie. Es fing mit Geldsammeln an. Es endete mit einem getöteten Polizisten. Aber so ist es bei mir nicht. Ein klein wenig bin ich ein Räuber. Aber mein Kampf ist gerecht. Niemand soll sterben.
    Johannes der Täufer und Jesus und Robin Hood halten zu mir!

EIN EINZIGER SCHRITT
    Ist es gerecht, dass man geboren wird und einen gleich der erste Schritt, den man tut, direkt zum Tod hinführt? Und was wird dort im Raum des Todes sein, wenn der zweite Fuß die Erde berührt?
    Ist dort überhaupt etwas?
    Ist dort nichts, nicht einmal Dunkelheit, nicht einmal Kälte, nicht einmal ein Wartesaal, sondern nichts? Tod und fertig. Großmutter zweifelt, ich sehe es ihr an.
    »Gibt es für die toten Kinder Gerechtigkeit?«, frage ich. »Stehen Gott und Jesus und die geflügelten Engel mit großen Tellern voller Äpfel und Schweinebraten und Pommes und Coca-Cola und Weingummi bereit? Stehen die mit Nudeln und Fleischsoße und Fleischwurst und Frikadellen bereit? Mit 8000 vollen Töpfen?«
    Großmutter nickt: »Ja, das tun sie!«
    Aber ich kenne Großmutter. Sie ist sich nicht sicher.
    Anne ist sicher: Dort ist nichts, wenn du in den Tod gehst, nicht einmal ein zweiter Schritt.
    Anne weiß nichts von der KHK .
    Das habe ich ihr nicht erzählt. Von Robin Hood, ja. Von Jesus und Johannes, ja, und von den zwei Hemden. Und dass es heißt: Wenn du zu essen hast, gib denen, die nichts haben. Eines Tages, habe ich beschlossen, erzähle ich es ihr.

WIE MAN NACH AFRIKA KOMMT
    Ich habe den Weg nach Afrika auswendig gelernt.
    Mit dem Flieger ist das keine große Sache.
    Mit dem Auto oder dem Fahrrad oder dem Moped ist es etwas komplizierter, aber ehrlich gesagt, wenn man einen guten Atlas hat oder, noch besser, wenn man googelt, dann ist es so leicht wie Hurra! zu rufen.
    Ich habe allerdings nicht viel Hurra gerufen. Ja, für Anne würde ich das tun. Aber auch für die sterbenden Kinder? Immerhin rief ich.
    Ich prägte mir die Strecke ein. Innerhalb Dänemarks war es klar. Dann nach Hamburg und weiter durch Deutschland. Jede einzelne Stadt und jedes Autobahnkreuz lernte ich auswendig. Dann Frankreich, dann Spanien. Dann Algericas unten bei Gibraltar.
    Von dort ging die Fähre nach Afrika.
    Im Geographieunterricht stand ich auf und spulte alle Bezeichnungen der Straßen und alle Städtenamen ab. Am Ende sagte ich, das sei der Weg nach Afrika.
    »Prima«, sagte Frau List.
    Sie freut sich, wenn jemand Lust hat, die Initiative zu ergreifen. So nennt sie das: eine Initiative.
    »Willst du nach Afrika?«, fragte sie.
    Ich schüttelte den Kopf. Das hatte ich nicht vor. Besser war, ich blieb in Dänemark und füllte die KHK -Kasse, aber das sagte ich natürlich nicht laut.
    »Robin Hood mit der Hühnerfeder am Hut!«, rief John.

DIE HEMDEN DES RICHTERS
    Es stimmt. Im Neuen Testament steht nichts davon, dass man einem die Hemden wegnehmen und sie denen geben soll, die keine haben.
    Der Richter hat recht. Ich habe lange darüber nachgedacht.
    Ich habe ein Hemd in der Größe des Richters und von seiner bevorzugten Marke gekauft. Ein hellblaues mit einem diskreten, sehr diskreten weißen Streifen, und es in den Schrank gehängt. Bar bezahlt von meinem Taschengeld. Ich habe es in einer der Boutiquen in der Fußgängerzone gekauft, wo ich teure Klamotten für die KHK gestohlen habe.
    Er hat es nicht entdeckt. Und ich habe nichts gesagt.
    Also Robin Hood. Er nahm von den Reichen und gab den Armen. Ich habe die Bücher noch einmal gelesen. Und wann immer ich an die sterbenden Kinder dachte, war ich davon überzeugt, dass das, was ich tat, gerecht sei. Klar, das war stehlen. Das stimmt, aber es war gerechtfertigt. Ich

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