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33 Cent um ein Leben zu retten

Titel: 33 Cent um ein Leben zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Jensen
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»Peng! Sie sterben!«
    Anne sah mich ernst an. »Das stimmt«, sagte sie. »Aber was ist mit dir? Was ist mit dir und mir?«
    Jetzt schwieg ich. Das war das Schlimmste. Mit uns durfte nichts passieren. Sie durfte nicht von mir gehen. Sie sollte immer bei mir sein. Immer! Ich wollte nicht, dass sie mich verließ. Nie. Meine Augen riefen ihr zu: »Bleib!«
    »Ich geh nicht weg«, sagte sie, »aber vielleicht wirst du gehen müssen.«
    »Nein«, flüsterte ich. Was meinte sie?
    »Vielleicht schicken sie dich weg.«

MEHR
    »Gibt’s noch mehr?«
    Ja, tut es. Ich habe ihr nicht alles erzählt. Und so ist es passiert. Das, was es noch mehr gab.
    Der Richter und meine Mutter waren im Theater. Shakespeare. Ich glaube schon, dass Shakespeare ziemlich gut ist. Herr Olsen sagt das auch. Davon versteht Herr Olsen etwas. Er sagt, dass wir ihn bald lesen. Romeo und Julia. Von denen habe ich gehört. Und jetzt, wo ich das schreibe, denke ich natürlich an Anne. Sie sterben beide, Romeo und Julia. Wir werden nicht sterben. Das habe ich mir geschworen. Wir werden nie sterben, wir werden immer leben. Uns immer gern haben, uns immer beschützen. Anne soll immer ihre Hand schützend und zärtlich auf meine Schulter legen, und egal was, ich werde sie immer beschützen. Ich werde mich vor sie stellen, und dann können sie womit auch immer angefahren kommen, mit was auch immer schießen, rufen, was sie wollen, ich bleibe stehen, immer! Immer! Immer stehe ich vor ihr und beschütze sie. Und wenn ich sterbe! Und wenn ich umfalle. Ich falle und im Fallen beschütze ich sie, reiße sie mit, aber nicht so, dass sie stirbt, sondern dass mein toter Körper sie beschützt. Aber so soll es nicht kommen, denn wir sollen uns ewig, ewig, ewig gern haben.
    Aber es gab mehr. Und was war das? Das war Geld für die Kinder. Geld, damit einige, nicht alle, aber doch mindestens ein paar den zweiten, den dritten und den vierten Schritt auf der Erde tun durften, die in Afrika an einigen Stellen rot ist. Das habe ich im Fernsehen gesehen. Und einige Stellen sind weiß wie Mehl, aber das ist kein Mehl, und einige Stellen sind grün, wie Äpfel und Birnen, und dort gibt es Früchte, alle Sorten Früchte gibt es in Afrika, aber was hilft das, wenn kein Geld da ist, um die Früchte zu kaufen?
    Und statt dass die hungernden und sterbenden Kinder einen Apfel bekommen, werden die schönsten und größten Früchte nach Europa geflogen. Zum Coop. Johnny bringt sie jeden Mittwoch. Wir fahren sie am Morgen auf Wagen ins Lager und, bestäubt mit Wasser, in die Obstabteilung, und am Abend bringe ich sie zurück in den Kühlraum, und am Ende, wenn sie anfangen schlecht auszusehen, werfe ich sie in den Abfallcontainer.
    Mit dem Flugzeug weg von den sterbenden Kindern und dann in den Abfallcontainer. Das ist merkwürdig! Warum ist das so? Kann denn niemand sehen, wie verrückt das ist!
    Hilfe!
    Ja, es gab mehr: Das Internetbanking.
    Ich saß in seinem Büro. Es war so leicht: öffnen, ins Internet gehen, Passwort, weiter, Geld überweisen. Ich überwies 3000 für die Kinder in Afrika. Das war insgesamt für einen Tag Mahlzeiten von 9090 Kindern, oder das Geld rettet insgesamt 90 Kinder vorm Sterben. Gut gegangen, Richter, dachte ich.
    »Was machst du?«
    Ich drehte mich um. Das war Sara.
    »Nichts. Ich mache nichts, ich wollte nur mal was sehen.«
    »Porno?«
    Ich lachte. Sara wusste, dass ich Pornos angesehen habe. Und das hatte sie auch, obwohl ihr Pornos vollkommen egal waren. Sie hatte gehört, wie Mädchen in der Klasse darüber redeten. Da wollte sie selbst sehen, was das war. Aber wichtig waren Legosteine. Barbie und Ken. Rosa Legosteine, die waren wichtig.
    »Sie kommen jetzt«, sagte sie.
    »Danke«, sagte ich und schaltete aus.
    Das Geld war abgeschickt.
    Das war das, was es noch mehr gab.
    »Das Internetkonto meines Vaters«, sagte ich.
    Anne hörte zu. Sie fragte mit den Augen, sie öffnete die Lippen, sie hatte sich das gedacht. Anne ist ziemlich klug. Anne ist fast doppelt so klug wie ich.
    »Hat er es gemerkt?«
    Nein. Noch nicht. Bestimmt gar nicht. Ich habe es genau so gemacht, wie er es gemacht hätte.
    »Nein«, sagte ich, »das merkt er nicht.«

GESETZBUCH
     
     
    Wegen Diebstahls wird bestraft, wer ohne Zustimmung des Besitzers eine fremde bewegliche Sache entfernt, um sich oder anderen durch diese Aneignung einen unberechtigten wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen. Mit beweglicher Sache gleichgestellt wird hier und im Folgenden eine Energiemenge,

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