34 Kurz-Krimis (German Edition)
Rogler!" murmelte Alexandra Reimann und faßte den gutgekleideten Mann am Arm. "Schnell. Man braucht Sie nicht schon wieder hier zu sehen..." Rogler hob die Augenbrauen. "Na und? Die meisten Leute hier kenne ich. Einigen habe ich sogar Versicherungen verkauft, genau wie Ihnen, Frau Reimann. Was soll das Theater also?" Sie schloß eilig hinter ihm die Tür und sagte dann: "Ich bin eben nicht so abgebrüht wie Sie! Sie gingen ins Wohnzimmer. Als Rogler sich setzte, sah er, wie Alexandra Reimann sich nervös durch die langen, blonden Haare fuhr. "Nur nicht den Kopf verlieren!" sagte er. "Nur das nicht!
Jetzt wird es nämlich ernst. Oder wollen Sie etwa noch im letzten Moment abspringen?" - "Nein, natürlich nicht!" sagte sie und atmete dabei tief durch. Sie versuchte zu lächeln, aber es wurde nur ein Krampf. Ich hoffe nur, daß Ihre Nerven halten! dachte Rogler. Sonst war die Sache von Anfang an verloren... "Ich habe mir alles gründlich überlegt", sagte sie.
"Und ich bin dazu entschlossen, es durchzuziehen!" Rogler verengte die Augen. "Wirklich?" Sie nickte. "Ja." - "Ich bin hier, um Ihnen die letzten Einzelheiten zu erklären. Zum Beispiel, wie Sie den Wagen Ihres Mannes manipulieren müssen..."
*
Eine halbe Stunde später, nachdem Rogler gegangen war, ging es Alexandra noch einmal durch den Kopf, wie alles gekommen war... Eines Tages war Rogler so wie heute - vor ihrer Haustür aufgetaucht, um ihr eine Versicherung anzudrehen. Zuerst hatte Alexandra ihn gar nicht hereinlassen wollen. "Mein Mann ist nicht da!" hatte sie gesagt. "Und der regelt diese Dinge bei uns!" Aber Rogler war natürlich ein Profi, der sich nicht so schnell abwimmeln ließ, und tatsächlich hatte er es wenige Augenblicke später bereits geschafft, im Wohnzimmer Platz zu nehmen und seine Prospekte auf dem niedrigen Kieferntisch ausbreiten zu dürfen. Feuer, Hausrat, Leben -Rogler versicherte alles, und wenn es sein mußte, dann konnte er wie ein Wasserfall reden. Alexandra war zunächst einmal ziemlich reserviert gewesen. Zeitweilig hatte Rogler das Gefühl gehabt, daß sie gar nicht wirklich zuhörte. Aber dann schien auf einmal eine Art Gedankenblitz ihre Augen zu erleuchten, während Rogler gerade über die Prämien sprach.
Rogler machte seinen Job schon sehr lange und war es daher gewohnt, seine Gegenüber genauestens zu beobachten. Und so war ihm die Veränderung bei seiner Gesprächspartnerin natürlich sofort aufgefallen. "Sagen Sie, haben Sie eigentlich auch Unfallversicherungen in Ihrem Programm? Mein Mann ist beruflich viel mit dem Wagen unterwegs. Ich darf gar nicht daran denken, daß ihm etwas passieren könnte... Ich stünde dann vor dem Nichts..." Genau in diesem Augenblick hatte es in Roglers Kopf 'klick!'
gemacht. In der Versicherungsbranche bekam man so etwas wie einen sechsten Sinn für solche Dinge... Und als Alexandra Reimann dann auch noch eine Unfallversicherung für ihren Mann abschließen wollte, ohne daß dieser davon erfuhr - mit ihr selbst als Begünstigter selbstverständlich - da war für Rogler die Sache klar. Natürlich hatte Harry Rogler keinerlei Beweise, aber es paßte alles zusammen. Einen Vorstoß war die Sache schon wert, fand er. "Ich glaube, Sie wollen Ihren Mann umbringen und anschließend die Versicherungssumme kassieren!" sagte er ihr also schließlich auf den Kopf zu und hatte ins Schwarze getroffen!
Einen Moment lang stockte sie, und Rogler kartete sofort nach: "Ja, schauen Sie mich nicht so an! Was glauben Sie wohl, mit wieviel Leuten ich zusammenkomme, die etwas ganz Ähnliches im Sinn haben wie ich es bei Ihnen vermute! Leute, die Ihr Haus versichern, um es bei nächster Gelegenheit anzuzünden, zum Beispiel..." Dann brach es aus ihr heraus.
Sie erzählte Rogler unter Tränen von ihrer unglücklichen Ehe, daß ihr Mann eine andere habe und das gemeinsame Vermögen verwirtschaftete, so daß davon fast nichts mehr geblieben sei... Dann faßte sie sich wieder.
"Vergessen Sie, was ich Ihnen gesagt habe, Herr Rogler. Ich bin einfach nervlich am Ende. Und dann kommt man eben auf solche absurden Gedanken..." Sie schüttelte den Kopf. "Es ist natürlich völlig unmöglich!"
Rogler hatte die Augenbrauen gehoben. "Aber warum denn? Wenn ich Ihnen helfe, hätten Sie eine reelle Chance, die Sache durchzuziehen!" Und dann hatte Rogler ihr seinen unglaublichen Vorschlag unterbreitet. Er wollte dafür sorgen, daß nicht gleich der erste Versicherungsagent, der die Sache überprüfte, dahinter kam.
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