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34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

Titel: 34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
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sie fort: »Natürlich habe ich auch mal auf Kosten anderer gelebt, aber was anderes hab ich auch nie behauptet.« Sie nahm einen Schluck Weißwein. »Und soll ich Ihnen noch was verraten? Alkoholikerin bin ich auch keine. Obwohl meine ältere Tochter das standfest behauptet und Ella es Ihnen vielleicht auch schon erzählt hat?«
    Horowitz schüttelte den Kopf: »Nein.«
    »Ach, das süße Vögelchen… Es stimmt ja auch nicht. Ich kenne die Grenze zwischen Rausch und Sucht sehr genau, und ich übertrete sie nicht. Sie ist mir heilig. Nur Jasmin kennt den Unterschied nicht, weil sie nicht einmal weiß, was ein Rausch ist, die Ärmste! Und Ella…, ja Ella, sie plappert ihrer älteren Schwester alles nach, sie ist noch sehr kindlich, wissen Sie, oder sie wählt den Weg des geringsten Widerstands, ich weiß es auch nicht. Aber wenigstens weiß sie, was ein Rausch ist. Ella ist ein durch und durch rauschiges Wesen. Manchmal denke ich, sie würde sich mit mir viel besser verstehen als mit ihrer Schwester, aber mir nimmt sie alles übel und ihrer Schwester gar nichts; und das nur, weil Jasmin ihr all diese Pausenbrote geschmiert hat, früher, als ich mich mit den schönen Scheichs rumgetrieben habe.«
    »Mit den schönen Scheichs?«
    Sibylle lächelte und schien das Erstaunen in Horowitz’ Augen zu genießen.
    »Na ja«, fuhr sie fort, »waren natürlich nicht alle schön und auch keine Scheichs, aber ein paar von denen waren schön, und vielleicht war sogar auch mal ein echter Scheich dabei, glaube ich aber nicht. Reicher als die Männer, die ich sonst kennengelernt habe, waren sie allemal und nicht so knausrig. Das war nicht unwichtig, ich musste schließlich zwei kleine Mädchen ernähren, da bekommt man es schon manchmal mit der Angst zu tun. Ich glaube übrigens, Ella denkt noch heute, dass ich einen Scheich nach dem anderen hatte. Und dass nur, weil einer meiner besonders wohlhabenden Liebhaber sie mal ins Vier Jahreszeiten eingeladen hat. Das muss sie so beeindruckt haben, dass von da an jeder meiner Männer für sie ein Scheich war. Vielleicht war das ihr Weg, damit umzugehen, dass ich sie immer alleine gelassen habe und so. Bei Jasmin war es ganz anders, die hat sich ihre Kindheit nie so veredelt, für sie war es am einfachsten, mich für alles zu verdammen, was ich tat, für alles Gute und alles Schlechte. Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Aber Scheich oder nicht Scheich, mich interessierten die opulenten, tröstenden Seelen der arabischen Männer und natürlich ihr Vermögen, da bin ich ganz ehrlich. Das Leben, das sie mir eröffneten, war schon großartig. Die haben mich verführt und überschüttet und schwindelig geredet, und ich musste mir überhaupt keine Sorgen machen, wie ich die nächste Miete bezahlen sollte. Nur leider war das alles nie von Dauer, weil so richtig wollte ich mich ja gar nicht auf die einlassen. Ich zieh doch keinen Schleier an! Wenn, dann nur einen kleinen, kecken am Hut, aber nicht über alles drüber, das widerspricht meinem Körpergefühl. Aber für die kurzen Intermezzi musste ich das auch gar nicht. Also, vielleicht kann man es so sagen: wenn das Meer Ihre Verführung war, dann waren die arabischen Männer meine. Vor allem der erste, der war unglaublich! Der hat mich wirklich von meinem Ufer weggelockt – in eine andere Welt, eine fremde, offene, abenteuerliche Welt. Er hat mich, auch wenn das jetzt pathetisch klingen mag, von mir selbst befreit. Ich komme ja aus einem bayerischen Dorf, wissen Sie? Und so war das schon eine großartige Erfahrung. Dieses Fremde, Überbordende und all diese Geschenke.«
    Horowitz goss sich nach.
    »Das Meer hätte wahrscheinlich auch für Sie solche Erfahrungen bereitgehalten, wenn Sie nicht Ihr Leben lang über die Ausfahrt nachgedacht und einen perfekten Kreis an den anderen geschmiedet hätten.«
    »Die Verführung…«, sagte Horowitz vor sich hin.
    »Und jetzt?«, fragte Sibylle.
    »Jetzt sitzen wir bei Sindbad und trinken Tee und Wein und warten auf die Vorspeisen und darauf, dass es endlich losgeht«, sagte Horowitz.
    »Wissen Sie, wie orientalische Märchen anfangen?«
    Horowitz schüttelte den Kopf.
    »Kan ma kan«, sagte sie. »Es war so und es war nicht so.«
    »Es ist also alles offen«, sagte Horowitz.
    »In welche Richtung man auch schaut.«
    »Dorthin – will ich; und ich traue / mich fortan und meinem Griff. / Offen liegt das Meer, ins Blaue / treibt mein Genueser Schiff« , sagte Horowitz.
    »Und schon ist der Hafen fern«, sagte

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