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34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

Titel: 34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
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Horowitz strahlend und mit einem Packen Kontoauszüge nach Hause. Seine Schwester hatte ihm so viel Geld überwiesen, dass sie problemlos zwei Jahre ohne Einkünfte leben konnten, vielleicht sogar noch länger. Sibylle tanzte in der Wohnung herum und rief immer wieder: »Hab ich’s doch gewusst! Hab ich’s doch gewusst! Na ja, kurz nach unserem Besuch hab ich kurz heftig an meinem Talent gezweifelt, aber eigentlich konnte ich es mir auch wirklich nicht anders vorstellen.«
    Horowitz musste schmunzeln.
    Dann wurde Sibylle plötzlich ganz still und verkündete mit feierlicher Stimme: »Und jetzt planen wir unsere Reise.«
    Horowitz nickte zögerlich.
    »Wie lange bist du denn schon nicht mehr gereist? Ich, Ewigkeiten! Also fahren wir jetzt über Weihnachten weg, das Café hat sowieso geschlossen, und wir fahren ins Blaue.«
    »Ins Blaue?«, fragte Horowitz. »Ausgerechnet.«
    Doch Sibylle überging seinen Einwand und fragte: »Warst du schon mal in Portugal?«
    »Nein«, sagte Horowitz. »Und meine Arbeit?«
    »Die nimmst du mit und schreibst sie unterwegs fertig oder lässt sie einfach im Kofferraum liegen. Wie wär’s?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Horowitz.
    »Zuerst müssen wir das Auto kaufen, und dann fahren wir quer durch Europa bis nach Portugal. Du wirst sehen, das wird herrlich! Und auf Reisen lernt man sich ja bekanntlich noch mal ganz anders kennen.«
    »Vorher müssen wir aber noch etwas anderes machen«, sagte Horowitz. »Wir müssen es Ella sagen.«
    »Dass wir verreisen?«
    »Nein, dass wir zusammen sind. Sie weiß es immer noch nicht, und wir müssen es ihr sagen.«
    »Sag du’s ihr doch. Wenn du es ihr sagst, wird sie sich bestimmt freuen, sie ist doch ein Vögelchen«, sagte Sibylle.
    »Das glaubst du doch selbst nicht.«
    »Nein«, sagte Sibylle, »natürlich nicht. Sie wird es hassen, sie wird mich noch mehr hassen, und genau deswegen traue ich mich nicht, es ihr zu sagen. Ich kann es einfach nicht. Ich kann so was nicht.«
    »Dann mach ich es«, sagte Horowitz.
    Sibylle schaute ihn lange an, länger und dankbarer als je zuvor, dann sagte sie: »Ja, ja, mach dich nur unersetzlich!«
    Kurz vor der Abfahrt nach Portugal fasste Horowitz sich ein Herz und bat Ella um ein Treffen in seiner Wohnung. Er sagte, er müsse seine Unterlagen abholen. Ella willigte ein, klang aber reserviert, als wüsste sie schon, dass die Abholung seiner Unterlagen nicht der wahre Grund für seinen Besuch war. Und so war ihm ganz flau im Magen, als er in die Fasanenstraße einbog.
    »Ich hab Ihr Geheimnis gelüftet«, sagte Ella, als sie die Tür öffnete, und die Reserviertheit ihrer Stimme war einem herausfordernden Unterton gewichen.
    »Mein Geheimnis?«
    »Ich weiß jetzt, wer Sie sind und wo Sie sich versteckt haben«, sagte sie und ging mit ihm in den »großen Salon«.
    Horowitz versuchte, ihre Mimik zu lesen, aber Ella ließ sich nicht in die Karten schauen.
    »Das hier ist gar nicht die Titanic«, sagte sie.
    »Nicht die Titanic?«, antwortete er.
    »Nein. Das hier ist die Nautilus. Und Sie sind Kapitän Nemo, der große Weltflüchtige.«
    Horowitz schaute sie verdutzt an.
    »Nun, das Esszimmer, die Bibliothek, der ›große Salon‹ – alles bis ins letzte Detail nachempfunden. Alles wunderbare Räume, um der Welt zu entfliehen, von der sie nichts halten.«
    »Ich wusste nicht, dass…«
    »Bevor ich jetzt auch all Ihre anderen Geheimnisse lüfte, muss ich Sie noch etwas fragen. Ein Rätsel habe ich nämlich nicht gelöst: Woher haben Sie eigentlich all die alten, prachtvollen Abendroben, Fracks und Hüte, die sich in den Kisten in Ihrer Kammer stapeln?«
    »Das konnten Sie nicht erraten… Den Krempel habe ich vor Jahren mal einem befreundeten Reeder abgekauft, der nicht wusste, wohin mit dem Hab und Gut all der Passagiere, die sich auf Kreuzfahrten von Bord gestürzt hatten. Ich wollte immer schon mal ein Schild für die Kammer anfertigen lassen mit der Inschrift: Archiv textiler Vermächtnisse nautischer Selbstmörder. «
    »Sie sind verrückt«, sagte Ella. »Aber jetzt geht es weiter. Ihre Notizbücher…«
    »Meine Notizbücher?«, fragte Horowitz erstaunt.
    »Na, die Notizbücher, die Logbücher, nichts von dem, was da drinsteht, ist von Ihnen selbst, alles Zitate.«
    Horowitz stutzte.
    »Jules Verne, Conrad, Michelet, Nietzsche usw.… Alle nebeneinander aufgereiht in Ihrem Bücherregal, nicht gerade schwer zu finden.«
    Horowitz schwieg.
    »Das Zimmer mit dem Strich an der Wand«, sagte Ella, »das hab

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