34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
halbwilde Treiben sehen, welches sich um dieselben gruppierte.
Es wurde später und immer später. Die Feuer verlöschten, und eine Trommel gab das Zeichen zum Schlaf. Auch wir waren müde. Wir mußten uns auf den nackten Boden legen und trafen zu unserer Sicherheit die Vorkehrung, daß nach der Reihe einer von uns wachte.
Spät in der Nacht wurde ich geweckt. Der Rittmeister hatte sich unbemerkt herbeigeschlichen und leise klopfend Einlaß begehrt. Unsere Lampen waren erloschen. Kein Mensch sah, daß ich ihm öffnete und ihn einließ.
„Verzeihung, Señor, daß ich nicht früher kam!“ sagte er. „Man hatte draußen Wächter gestellt, um zu erfahren, was bei Ihnen geschehe. Um die Aufmerksamkeit nicht auf mich zu lenken und überhaupt keinen Argwohn zu erregen, blieb ich fern. Der Kerl, welcher die Tür im Auge behalten soll, hat sich jetzt niedergelegt und schläft.“
„So könnten wir fliehen, wenn wir wollten!“
„O nein. Der Huftritt Ihrer Pferde würde Sie sofort verraten, und dann wären alle hinter Ihnen her.“
„Nun, ich habe auch keineswegs die Absicht, mich heimlich davonzumachen. Ich will offen und am Tag diesen Ort verlassen. Haben Sie etwas über unsere Abreise in Erfahrung gebracht?“
„Ja. Ich bin zum erstenmal in meinem Leben Horcher gewesen und habe gehört, welche Instruktion der Major erhalten hat.“
„Also bleibt es dabei, daß er es ist, welcher uns nach Buenos Aires begleitet?“
„Ja. Er bekommt so viele Begleiter mit, wie Sie haben. Da er die Pferde nur bis zum Fluß braucht, muß ich mit einigen Reitern mit, um die Pferde zurückzubringen und dabei die Nachricht, daß Sie glücklich und richtig auf einem Floß untergebracht worden sind.“
„Also abermals per Floß?“
„Aus Vorsicht. Es gehen ja auch Dampfer vorüber, deren jeder bereit wäre, Sie aufzunehmen; aber da gibt es zahlreiche Menschen an Bord, während Sie sich auf einem Floß allein befinden und von keiner Seite Störung haben.“
„Ich verstehe. Jordan befürchtet, daß wir auf einem Dampfer uns in den Schutz anderer begeben würden.“
„Mag sein. Er hat dem Major schriftliche Vollmacht gegeben, in seinem Namen zu unterzeichnen und das Geschäft abzuschließen. Das Schiff soll dann den Paraná hinaufgehen, bis zu einer Stelle, welche zwischen Jordan und dem Major verabredet worden ist, und dort die Ladung an die Leute abgeben, welche Sie dort am Ufer treffen werden.“
„Welche Stelle ist das?“
„Ich weiß es nicht. Sie sprachen darüber so leise, daß ich es nicht verstehen konnte. Aber ich warne Sie. Bleiben Sie an Bord und gehen Sie nicht an das Ufer, weil der Major die Weisung hat, sich Ihrer zu bemächtigen, nämlich sobald sich alles in seinen Händen befindet und der Verrat an Ihnen für Jordan keine Verluste mehr zur Folge haben kann.“
„Das habe ich erwartet. Bekommen wird der Major mich keinesfalls, viel eher aber kann es geschehen, daß er in meine Hände fällt. Wo befindet sich Jordan?“
„Noch hier.“
„So wird er uns zu sich kommen lassen, ehe er uns entläßt?“
„Jedenfalls. Er wird Sie dabei wohl mit großer Freundlichkeit behandeln. Sie dürfen ihm jedoch nicht trauen.“
„Ich habe kein Vertrauen mitgebracht, und das, was hier geschehen ist, war keineswegs geeignet, mein Mißtrauen zu zerstreuen. Haben Sie in Beziehung auf Ihre Person einen Plan gefaßt?“
„Gefaßt noch nicht, wenigstens keinen festen, sicheren Plan. Doch bin ich entschlossen, zu verschwinden, sobald sich mir eine passende, nicht allzu gefährliche Gelegenheit dazu bietet.“
„Nach meiner Ansicht ist dieselbe da. Sie fahren mit uns.“
„Das ist unmöglich!“
„O nein. Man darf überhaupt das Wort ‚unmöglich‘ nicht bei jeder Schwierigkeit in Anwendung bringen.“
„So bitte ich, mir zu sagen, in welcher Weise dieser Plan in Ausführung gebracht werden könnte!“
„Gern. Aber ich müßte wissen, daß ich mich auf Sie verlassen kann, daß Sie es wirklich aufrichtig mit uns meinen.“
„Das tue ich ja. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Ihnen freundlich gesinnt bin, keine Hinterlist beabsichtige und sehr froh sein würde, wenn es mir gelänge, von hier zu entkommen!“
„Ich habe hier in Beziehung auf das Ehrenwort keine aufmunternden Erfahrungen gemacht, will aber trotzdem Ihrer Versicherung Glauben schenken, da ich Sie für einen Ehrenmann halte.“
„Tun Sie das, Señor! Sie werden sich nicht in mir täuschen.“
„So sagen Sie mir zunächst, ob Ihre
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