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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wetter wie das heutige gar nicht für möglich gehalten hätte. Es war eben ein sehr nasser Pampero gewesen, der seinen Grimm schnell erschöpft hatte.
    Nun ging es im Galopp über den Camp, immer in nordöstlicher Richtung. Zuweilen kam ein schmaler Wasserlauf, den wir leicht übersetzten. Sumpfige Stellen unterschieden wir auch nicht schwer, da die dort befindliche Vegetation sich selbst im Mondenschein von dem Camposgras absehen läßt. So ritten wir eine Stunde, zwei Stunden und darüber. Mein Gefangener bewegte sich nicht. Es wurde mir angst um ihn. Sollte ich ihn erwürgt haben? Das war nicht meine Absicht gewesen und mußte mir für immer auf der Seele liegen. Ich hob ihn hoch und sah ihm nach den Augen. Sie waren geschlossen. Da hatte ich nicht länger Ruhe. Ich ließ anhalten und absteigen. Gomarra wurde in das Gras gelegt und von seinem Fußriemen befreit. Siehe da, er sprang augenblicklich auf, öffnete die Augen und ließ eine fürchterliche Strafrede los. Wir lachten allesamt. Ich ließ ihn mit seinem Zorneserguß zu Ende kommen und sagte dann:
    „So schnell habe ich noch keinen ins Leben zurückkehren sehen! Ich denke, Sie sind tot, Señor! Warum bewegten Sie sich denn nicht?“
    „Konnte ich?“
    „Aber Sie hätten sprechen können.“
    „Um Ihnen zu sagen, was für ein schrecklicher Kerl Sie sind? Dazu ist's auch jetzt noch Zeit! Wäre ich nur nicht gefesselt!“
    „Ja, da würden Sie wieder sagen, daß man Ihnen über mich sehr viel weisgemacht hat, daß ich ein dummer Kerl bin und keine Ehre habe. Eben weil ich klüger war als Sie, schwieg ich, und eben weil ich Ehre hatte, ließ ich Ihre Beleidigungen einstweilen hingehen, weil ich wußte, daß Sie sich nun jetzt vor mir schämen müßten. Aber es geschieht Ihnen nichts, Sie gefallen mir.“
    „Aber was beabsichtigen Sie denn eigentlich mit mir?“
    „Sie sollen unser Führer sein.“
    „Danke! Zum Führer ist niemand zu zwingen.“
    „Sehr leicht sogar.“
    „Möchte wissen! Wenn ich Sie nun irreführe?“
    „So schießen wir Sie nieder. Übrigens ist es nicht so leicht, uns irre zu führen. Wir sind keine Maulwürfe, welche sich nur in der Erde fortfinden. Ich bin überzeugt, daß es Ihnen bald bei uns gefallen wird.“
    „Und ich sage Ihnen, daß ich so bald wie möglich von Ihnen fortzukommen versuchen werde!“
    „Machen Sie diesen Versuch! Zunächst aber wird er nicht gelingen. Wir werden Sie auf das Pferd binden.“
    Das geschah. Die Beine wurden ihm an den Pferdegurt gebunden, und die Zügel bekam er in die gefesselten Hände. So ging es weiter und weiter, bis wir alle nach den Anstrengungen des vorhergehenden Tages der Ruhe bedurften. In einer Vertiefung des Campos gab es ein Gebüsch. Dort stiegen wir ab. Die Pferde wurden angepflockt. Dann legten sich die Reiter nieder. Einer mußte Wache halten und ganz besonders acht auf Gomarra geben. Es gab hier weder etwas zu essen, noch etwas zu trinken. Danach aber fragte auch keiner. Nur Ruhe wollten alle.
    So, wie wir uns nebeneinander legten, in derselben Reihenfolge traf uns die Wache. Ich war der erste. Und da ich Gomarra neben mir hatte haben wollen, so lag er jetzt, indem ich auf und nieder ging, am Ende der Schlafenden.
    Der Mond stand hoch über uns und warf einen magischen Schimmer über den Campo. Frösche schrieen in nahen Pfützen, welche von dem Pampero gefüllt worden waren; sonst lag tiefe Stille über die Ebene ausgebreitet.
    Um die Kameraden nicht durch meine Schritte zu stören, setzte ich mich nach einer Weile auf meinen Platz, zog die Knie empor, stemmte den Ellbogen darauf und legte den Kopf in die hohle Hand. Was man in solchen Stunden denkt? Wer weiß es; wer kann es später sagen! Vielleicht hat man an sehr viel, vielleicht aber auch an gar nichts gedacht. Oft ist es ein eigenartiges Halbdunkel, in welchem sich die Seele befindet. So hatte ich längere Zeit gesessen, als ich plötzlich leise hörte:
    „Señor?“
    Es war Gomarra.
    „Was wollen Sie?“ fragte ich ihn.
    „Werden Sie mir etwas sagen, ganz aufrichtig sagen?“
    „Gewiß, wenn ich es weiß.“
    „Sie sagten zu mir, ich gefiele Ihnen. Ist das keine Ironie, kein Hohn gewesen?“
    „Nein, Señor, ich habe es aufrichtig gemeint, als ich sagte, daß Sie mit gefallen.“
    „Nun, nennen Sie mich nicht kindisch. Aber es kommt selbst dem härtesten Menschen einmal eine weiche Stunde, und in einer solchen möchte ich Sie fragen, aus welchem Grund ich Ihnen gefalle. Bitte, Señor, haben Sie die Güte,

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