34° Ost
Gesichtes. »Wieder muß sich die Bevölkerung der USA mit einer Tragödie abfinden.« Er blickte zu den wiegenden Palmen vor dem Gebirgsmassiv, schluckte und holte tief Luft. »Vom Palm Springs Hospital berichtete Art Melcher. Ich gebe zurück an das Studio in New York.«
Terri MacLean begann zu weinen. Sie stand in der Mitte des Zimmers, ihr großer Busen wogte, als das Schluchzen ihren Körper schüttelte. »Das kann doch nicht sein«, stammelte sie. »Es kann einfach nicht sein. Nicht der Präsident! Nicht schon wieder!«
Hastig raffte Beal seine Kleider zusammen und begann sich anzuziehen. Er hatte einen Geschmack wie nach rostigem Eisen auf der Zunge. Nur mit halbem Ohr hörte er den Moderator in New York sagen, der Vizepräsident sei nach Washington zurückberufen worden, es träfen bereits Beileidstelegramme von Staatsoberhäuptern aus aller Welt ein, und das öffentliche Leben in New York und Washington sei zum Stillstand gekommen.
Terri heulte noch immer. Es war eine laute, oberflächliche Schmerzäußerung, und plötzlich wurde ihm bewußt, wie sehr sie ihm auf die Nerven fiel. Er faßte ihren Schlafrock und warf ihn ihr zu. »Hier, zieh dich an.«
Ohne Widerrede fuhr sie in die Ärmel, aber sie schluchzte weiter. Beal schloß die Hose und schaltete auf einen anderen Kanal. Die NBC-Berichte deckten sich mit denen der CBS, auch dort die Meldung, der Vizepräsident werde nach Washington zurückkehren und sofort den Amtseid leisten. Beal war bereits völlig angekleidet, er suchte nur noch seine Schuhe. Er war verwirrt, voll Angst und zugleich absurderweise verärgert über den Präsidenten, der dies alles verschuldet hatte. Er erinnerte sich an einen Ausspruch Admiral Ainsworth': Wenn je der Tag kommt, an dem Talcott Bailey ins Weiße Haus einzieht, wird er durch seinen Liberalismus, seinen Isolationismus und seine Vertrauensseligkeit den Feinden gegenüber die ganze Nation in Gefahr bringen. War es nun soweit? fragte sich Beal beklommen.
Hartes, dringendes Klopfen an der Tür schreckte ihn auf. Er blickte Terri an, die genauso entsetzt dreinsah. »Erwartest du jemanden?« fragte er sie. Dann merkte er, wie dumm diese Frage war, denn das Klopfen draußen ging in ein dröhnendes Hämmern über. Er schlurfte ins Vorzimmer und öffnete die Tür einen Spalt. Im Korridor standen vier bewaffnete Air-Force-Polizisten. Ihr Anführer, ein verwegen aussehender Sergeant mit weißem Gürtel und einer schweren Pistole an der Seite, fragte: »Kongressabgeordneter Beal?«
»Was soll … was meinen Sie …« Ohne Schuhe und mit zerzaustem Haar war es nicht leicht, eine würdevolle Haltung einzunehmen. In der Halle unten sah er geöffnete Türen und ängstlich herausspähende Gesichter.
»Sind Sie der Kongressabgeordnete Fowler Litton Beal?« wiederholte der Sergeant.
»Ja, der bin ich.«
»Kommen Sie bitte mit uns, Sir.«
»Wohin? Ich habe doch nicht gebeten …«
Mit sanfter Gewalt schob der Sergeant die Tür ganz auf. Die drei anderen Polizisten starrten Terri an, ohne eine Miene zu verziehen. Sie stand dumm da, den Schlafrock eng zusammengerafft, so dass sich ihr Bauch und ihre Schenkel unter dem Stoff deutlich abzeichneten. Beal fühlte das Demütigende dieser Situation wie einen körperlichen Schmerz. »Hol mir meine Schuhe. Und zieh dich richtig an.«
»Wir haben den Befehl, Sie zum War Room zu bringen«, sagte der Sergeant. »Und zwar sofort, Sir.«
»Zum War Room?« Beal hörte, wie seine Stimme zitterte. Im Hintergrund des Raumes kommentierte ein TV-Korrespondent für die Fernseher die Vorgänge beim Spital in Palm Springs. »Wieso in den War Room? Wer hat diesen Befehl erteilt?«
»Admiral Ainsworth, Sir. Wir sollen Sie unverzüglich ins Pentagon bringen.«
Stuart Ainsworth, Gott steh uns bei, also doch! Nun, der Admiral würde zumindest dafür sorgen, dass Beal genaue Informationen erhielt. Er fühlte sich plötzlich erleichtert. Terri kam mit seinen Schuhen, und er zog sie in möglichst würdiger Haltung an.
»Was ist denn los? Wohin gehst du?« fragte Terri. Die Stimme klang verwirrt und angstvoll. Ihre Angst und die nüchterne Unerschütterlichkeit der Soldaten dämpften Beals Optimismus. »Ich bin fertig«, sagte er.
Als er in die Halle hinausgeleitet wurde, wollte ihm Terri nachkommen, aber die Polizisten schlossen ihr die Tür vor der Nase zu. Obwohl es einen Lift gab, gingen sie die Treppe hinunter zum Parkplatz. Überrascht sah Beal dort hinter einer Dienstlimousine der Air Force einen
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