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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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Yale hat einigen Kongressmitgliedern darüber referiert – im Vorjahr, glaube ich.«
    »Dann werden Sie verstehen, Sir«, sagte Rivera ruhig, »warum es so wichtig war, Ihre persönliche Sicherheit zu gewährleisten. Wenn der ›Fall Leerlauf‹ eintritt, dann werden Sie, Sir, Amtierender Präsident der USA sein.«

18
    Im grellen Licht rasch herangeschaffter Scheinwerfer arbeiteten Sanitäter und Suchtrupps; die Szene ähnelte der Höllenvision eines Surrealisten. Außerhalb des unmittelbar angestrahlten Bereichs hockten, riesigen schlafenden Insekten gleich, die amerikanischen Hubschrauber – darunter auch General Tates Maschine –, lange schwarze Schatten über die Mondlandschaft werfend. Vor dem hellen Hintergrund eilten silhouettenhafte Gestalten hin und her, in ihren leisen Zurufen schwang der mühsam beherrschte Zorn über das Blutbad mit, das die Abu Mussa angerichtet hatten.
    Ein Team von Kommunikationstechnikern stellte TV-Kameras und eine Parabolantenne für Sendung und Empfang auf und holte Geräte aus dem Transporthelikopter, der am Rand der ausgeleuchteten Zone stand. Schwerbewaffnete Gruppen der vom Stützpunkt El Thamad eingeflogenen Fallschirmeinheit patrouillierten im Umkreis, und von Zeit zu Zeit unterbrach das dröhnende Heulen eines tief über das Gelände hinwegfegenden Shrike-Düsenjägers die nächtliche Stille.
    Die Sanitäter hatten die Leichen eingesammelt; nun lagen sie in einer langen Reihe in einiger Entfernung von den durchsiebten, ausgebrannten Fahrzeugen. Die Suche nach Überlebenden war vergeblich geblieben. Ein Militärarzt des amerikanischen Kontingents bestätigte Tates Vermutung: Die Verwundeten waren auf der Stelle durch Fangschüsse getötet worden, auch die im Gefecht schwergetroffenen Araber. Alle intakten Waffen hatten die Guerillas mitgenommen.
    Langsam ging Tate die Reihe der Toten ab und betrachtete im Licht der Flutlampen die weißen, blutverschmierten Gesichter. Die Züge der Zivilisten, dachte Tate, drückten Erstaunen aus. Er blieb stehen, als er den Reuter-Korrespondenten Abel Crissman wieder erkannte. Die Augen Crissmans starrten in den dunklen Wüstenhimmel, den die Morgendämmerung bald fahler färben würde. Tate schritt weiter. Da lagen sie, etwa ein Dutzend Männer, die erst gestern nach Es Schu'uts gekommen waren, um den Vizepräsidenten auf seiner Friedensmission in die Zentrale Zone zu begleiten.
    Schon früher waren Journalisten in Guerillakämpfen gefallen, und wahrscheinlich würde das wieder geschehen, dachte Tate. Aber hier handelte es sich nicht um eine kriegerische Aktion. Es war ein Massaker mit Begleiterscheinungen, die an den Überfall auf dem Flughafen Lod erinnerten. Er stellte fest, dass mindestens eine Handgranate in das Fahrzeug der Presseleute geworfen worden war. Einer der Toten hatte noch immer seine zerbeulte Kamera umgehängt. Wollte er fotografieren, als das Gefecht begann?
    Dov Rabin und die Leichen der anderen israelischen Offiziere hatte Tate beim Kommandowagen gefunden. Aber keine Spur von Deborah. Einen Augenblick lang hatte er sich dem Gefühl freudiger Erleichterung überlassen, das die Mauer der Gefühllosigkeit durchbrach, mit der er sich seit der Nachricht von dem Überfall umgeben hatte. Aber die Tatsache, dass Deborah nicht unter den Opfern war, konnte vieles bedeuten. Wenn sie nicht umgekommen war, mußte auch sie von den Arabern als Geisel verschleppt worden sein. Der Gedanke daran, wie Guerillas gewöhnlich mit Israelis verfuhren, erfüllte Tate mit Hass und namenloser Angst.
    Wichtiger für die Welt, wenn auch nicht für den General persönlich, war die Entdeckung, dass der Vizepräsident – nein, der Präsident – offenbar nicht getötet worden war. Vermochten Leč und die Männer des Abu Mussa die neue Bedeutung ihres Gefangenen überhaupt abzuschätzen? Sie hatten das Ziel hoch angesetzt, diese terroristischen Killer. Wußten sie bereits, dass es ihnen gelungen war, noch viel höher, als beabsichtigt, zuzuschlagen? Welche irre Panikwelle würde die ganze Welt erfassen, wenn bekannt wurde, dass der Präsident der USA als Geisel in der Gewalt einer Bande revolutionärer Psychopathen war?
    Tate wandte sich um und beobachtete, wie die Teams drüben ihre TV-Kameras aufstellten. Zumindest Colonel Seidel, Jape Reisman und dieser bärtige Ultrazivilist Paul Bronstein waren, allem Anschein nach, dem Gemetzel entgangen. Unter den geborgenen Leichen fehlte auch der Secret-Service-Agent Emerson. Talcott Bailey war also

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