34° Ost
geöffnet. Terri erschien, nackt, mit dem Transistorgerät in der ausgestreckten Hand; ein Auftritt, wie sie ihn bei den Sex-Starlets gesehen hatte. Aus dem kleinen Plastikkasten gellte eine hektische Rock-Melodie. Terris Lieblingsprogramm wurde von einer kleinen unabhängigen Rundfunkstation irgendwo in einer gottverlassenen Gegend North Carolinas gesendet und bestand, wie Beal bis zum Überdruss wußte, aus Werbeeinschaltungen für Aknesalben und Mittel gegen Hämorrhoiden, ödestem Geschwätz und gängiger Musik.
Das Gerät hatte eine Trageschlinge, und Terri, die hüftenschwingend auf den Zehenspitzen daherkam, streifte sie über den Kopf, so dass das Radio vor ihrem Nabel baumelte. Spöttisch lächelte sie Beal an: »Zu müde, um mit mir zu tanzen, Pappi?«
Er betrachtete sie aus wässerigen, geröteten Augen. Sie war groß, mit schmaler Taille und breiten Hüften, und hatte volle, weiße, von blauen Adern durchzogene Brüste, die nun im Takt der Musik wippten. Während sie über den Teppich aus buschigem Kunstfell auf das Bett zukam, strich sie mit den Händen an den Innenseiten ihrer Schenkel bis zu dem schwach behaarten, aber stark gewölbten Venusberg hinauf. Trotz allem spürte Beal, wie sie seine Begierde neuerlich weckte. Er wußte, sie machte sich über ihn lustig, wie so oft. Doch wenn Terri mit ihm in dem zerwühlten Bett lag, ging ihre Ironie in einer so heißen Hingabe unter, dass er kaum glauben konnte, sie sei nur gespielt.
Die laute Musik brach ab, und der Diskjockey meldete sich. Er war es nicht gewohnt, ernste Dinge zu sagen, und obwohl er sich jetzt offensichtlich Mühe gab, gelang es ihm nicht, den richtigen Ton zu treffen, was die Schockwirkung der Nachricht noch erhöhte.
»Wir unterbrechen unser Programm, um Ihnen die neuesten Meldungen aus Palm Springs zu bringen. Reporter am Schauplatz des Absturzes der Maschine ›Air Force One‹ haben aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass es einen, möglicherweise auch zwei Überlebende gibt. Ob der Präsident darunter ist, ist nicht bekannt …«
Beal, der erstarrt dahockte, hörte jemanden hinter dem Sprecher etwas von Helen Risor, der Sekretärin des Präsidenten, sagen, dann begann ein einzelner Fernschreiber zu rattern, stoppte und ratterte wieder. Der Sprecher sagte: »Der Absturz erfolgte um 10.45 Uhr Ostküsten-Standardzeit beziehungsweise 7.45 Uhr Pazifik-Zeit …«
Beal wühlte in dem puderbestäubten Wust von Terris Schminktisch nach seiner Uhr. 10.45 Uhr? Gott, das war schon Stunden her, dachte er. Schließlich fand er seine Armbanduhr und starrte das Zifferblatt an, als fände er darauf die Erklärung dafür, wieso er sich seit Stunden schwitzend vor Anstrengung mit Terri im Bett herumwälzen konnte, ohne zu ahnen, dass der Präsident der USA auf einem 5.000 Kilometer von diesem Zimmer entfernten Flugplatz abgestürzt war. Nun war es bereits 3.30 Uhr nachmittags. In der Zwischenzeit konnte alles geschehen sein, dachte er entsetzt, einfach alles.
Unsicher tappte er durch den Raum zum TV-Gerät, in dessen spiegelndem Bildschirm er vor einer Stunde sich selbst und Terri beobachtet hatte – war das erst eine Stunde her? Zuerst kam der Ton, dann tauchte aus der Tiefe das Bild auf, undeutlich, in verwischten Farbtönen, die sich klärten, als die Konturen Schärfe gewannen. Ein niederes Gebäude aus Naturstein mit breiter Glasfront. Auf den Rasenflächen und Wegen drängten sich Scharen schweigender Menschen um ganze Batterien von TV-Kameras. Hinter dem Bau waren windbewegte hohe Palmen und der dunkelpurpurne Steilhang eines Berges im strahlenden Sonnenschein sichtbar. Ein CBS-Korrespondent sagte soeben: »… diese Erklärung gab der Freund und Leibarzt des Präsidenten, General Raymond Marty, ab. Der Präsident verstarb um 12.16 Uhr in der Intensivstation dieses kleinen, aber nach dem neusten Stand eingerichteten Spitals. Seit General Marty wieder hineinging, ist es hier draußen sehr still geworden. Niemand spricht. Man hört nur das Rauschen des Windes. In Palm Springs herrscht klares, kaltes Wetter …« Vor innerer Bewegung versagte dem Reporter die Stimme. Dann fuhr er fort: »Und so haben wir wieder die traurige Pflicht, dem amerikanischen Volk mitzuteilen, dass sein Präsident …«, er zögerte einen Augenblick, »… dass der Präsident der USA im Amt verstorben ist. Wir alle erinnern uns des schrecklichen Tages in Dallas, und nun scheint er wiedergekehrt zu sein …« Die Kamera fuhr auf Naheinstellung des
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