34° Ost
dumpfe Tierlaute aus, während ihre Fäuste auf Deborah loshämmerten. Es war, als breche alle Bitterkeit und Entsagung eines ganzen Lebens ungehemmt aus ihr hervor.
Und dann geschah etwas, was Deborah am allerwenigsten erwartet hätte und was sie mit Abscheu erfüllte. Leila schob ihre Hand in Deborahs Hemdbluse, faßte die Brüste, und mit erschreckender Plötzlichkeit schlug der Zorn der Araberin in keuchende Erregung um. Gierig preßte sie den Mund auf Deborahs Hals. Die dünnen, eisenharten Finger verkrallten sich schmerzend in die Brust des Mädchens. Deborah starrte ihre Angreiferin mit ungläubigen Augen an. Sie wußte, dass Homosexualität unter Arabern weit verbreitet war, aber noch nie war sie einer Lesbierin begegnet. Ekel schüttelte sie bis zum Brechreiz, als Leila versuchte, sie zu Boden zu werfen.
Sie nahm all ihre Kraft zusammen, um die Hand wegzustoßen, die unter ihren Rock glitt, ihr die Schenkel zerkratzte. Sie bekam die Araberin beim Haar zu fassen und riß ihren Kopf zurück.
So jäh, wie sie ihrem Trieb nachgegeben hatte, hielt Leila inne und lehnte sich gegen die Wand. Während des Kampfes hatte sie selbst hastig die obersten Knöpfe des Tarnanzugs geöffnet, und Deborah sah den knochigen Oberkörper, die kleinen harten Brüste und die vor Erregung spitzen großen braunen Brustwarzen. Die dunklen Augen unter den geraden schwarzen Brauen waren verschleiert und glänzten feucht.
Abrupt stand die Araberin auf, knöpfte die Bluse zu und holte tief Luft. In ihrem Gesicht zuckte die mühsam beherrschte Begierde. Allmählich bekam sie sich wieder in die Gewalt. Ihre Augen richteten sich auf Deborah, die dieser starre, hasserfüllte Blick wie ein körperlicher Schlag traf.
»Nein«, sagte Leila halblaut, mehr zu sich selbst. »Nein, du wirst es nicht sein. Dich werde ich nicht zu den Amerikanern schicken.«
Dann war sie verschwunden, die klobige Tür schloß sich hinter ihr. Deborah ließ sich zu Boden gleiten, heftig zitternd kauerte sie an der Mauer. Plötzlich hob sich ihr Magen, und sie erbrach auf die Steinplatten. Als das würgende Schlingen abebbte, wischte sie sich die Lippen und zog sich mit Anstrengung am Tisch hoch, benommen vor Entsetzen, Abscheu und Verzweiflung.
19
Der durch viele Sperren und Sicherungen völlig abgeschirmte War Room des Pentagons war Fowler Beal ehedem immer als der Inbegriff eines idealen Zufluchtsortes erschienen. Obgleich der Politiker nur sehr vage Vorstellungen davon hatte, was in diesem unterirdischen Raum und anderen ähnlichen Kommandozentralen in Omaha und im Cheyenne-Berg wirklich vorging, hatte ihn diese Atmosphäre ruhiger, fast grimmiger Entschlossenheit und methodischen Handelns, in der sich Generale und Admiräle so souverän bewegten, immer tief beeindruckt.
Bei früheren Besuchen, gewöhnlich unter Ainsworth' Führung, hatte er mit ehrlicher Überzeugung den hohen Ausbildungsstand gelobt, der es ermöglichte, die vielen ihm unverständlichen Phasen bei Probealarmen und Einsatzübungen reibungslos abzuwickeln. Die Gewissheit, dass zwischen seiner Person und der atomaren Vernichtung ein solcher präzise funktionierender Apparat stand, hatte Beal das Gefühl wirklicher Sicherheit gegeben.
Aber nun, als er unter Bewachung in dem Raum mit der geheimnisvollen Aufschrift ›CC Beta‹ saß, stellte sich dieses Gefühl der Sicherheit nicht mehr ein. Vor allem hatte er in den Stunden seit dem Tod des Präsidenten den Schock nicht überwunden. Der Präsident war ein Mann, auf dessen leitende Hand und Unterstützung Beal immer zählen konnte. Die Erkenntnis, dass er nun nicht mehr da war, um mit Rat und Tat zu helfen, machte Beal Angst.
Talcott Bailey war ihm nie besonders sympathisch gewesen. Insgeheim hielt er den Vizepräsidenten für einen Snob und akzeptierte ihn nur deshalb, weil ihn eben auch der Präsident akzeptierte. Als politischer Routinier begriff er, dass ein Typ wie Bailey aus wahltaktischen Gründen der Partei wichtig gewesen war, da sein Liberalismus noch immer Wählerschichten ansprach, deren Stimmen man brauchte, um die Mehrheit zu erringen.
Ganz selten hatte Beal die Möglichkeit erwogen, dass Bailey unter gewissen Umständen Präsident werden könnte. Diese Vorstellung war wohl beunruhigend, aber man konnte sich daran gewöhnen. Natürlich hatte er es nie gewagt, diese müßigen Spekulationen vor Ainsworth zu erwähnen, dessen Meinung über den Vizepräsidenten in den politischen Kreisen Washingtons nur zu gut bekannt war.
Aber
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