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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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der Hochkommissare zu rechnen, es könne auch noch länger dauern. Ich hatte ein Gespräch mit dem ›Prawda‹-Korrespondenten; er teilte mir mit, dass sich der Stellvertretende Ministerpräsident Rostow noch immer in der Zentralen Zone befinde. Aber er sagte nicht, dass das Abkommen auch tatsächlich erneuert worden sei. Gerade dieser Umstand wird hier als wesentlich betrachtet. Niemand will hier ernstliche Erwägungen über den Aufenthalt des Vizepräsidenten – oder besser gesagt des neuen Präsidenten – anstellen.«
    Der Moderator fragte, wie die zypriotische Bevölkerung diese kritische Entwicklung aufnehme.
    »Obwohl es bei uns erst früher Morgen ist, haben sich mehrere hundert Personen in den Straßen rund um das Johanniterkastell, den Sitz des UNO-Hochkommissariates, versammelt. Die Menge verhält sich ruhig, aber man spürt die allgemeine Nervosität, ja sogar Furcht. Das ist alles, was ich im Moment zur Lage sagen kann.«
    Beal wechselte zur CBS über. Man sah den Kairoer Korrespondenten vor dem hellerleuchteten Cairo Hilton Hotel. Gespannt hörte Beal den Ausführungen zu, und seine Befürchtungen wuchsen. Der Reporter in Ägypten war der erste TV-Berichterstatter, der ein Gerücht über Terroristenaktivität gehört hatte. »Gewährsleute, die der geächteten Arabischen Front für die Befreiung Palästinas nahe stehen, ließen durchblicken, dass sie vielleicht mehr über die Verzögerung der Rückkehr des Vizepräsidenten nach Washington wissen, als sie sagen. Wir haben erfahren, dass eine Guerilla-Organisation, sie nennt sich …« Plötzlich gab es Bild- und Tonausfall, dann blendete sich das New Yorker Studio ein, und der Moderator sagte, die Verbindung mit Kairo sei gestört, offenbar infolge eines technischen Gebrechens. Diese prompte Zensur wirkte auf Beal alarmierend. Wenn die Regierung der Vereinigten Arabischen Republik den Korrespondenten auf solche Weise mundtot machte, war eine Mitwisserschaft und mögliche Beteiligung nicht ausgeschlossen. Das erforderte eine entsprechende Antwort – und zwar bald.
    Durch die schrägen Fenster von ›CC Beta‹ sah Beal den Admiral, umgeben von Offizieren aller Streitkräfte, quer durch die ›Pit‹ herankommen. Von den Computerprojektionen an der Wand war der Bereitschaftsstand der amerikanischen Kernwaffenverbände abzulesen. Die dichtgesäten Kontrollichter, welche den Stand der Minuteman-Einheiten anzeigten, wechselten von Gelb zu Rot, das Zeichen für volle Alarmbereitschaft. Nun bedurfte es nur mehr der Weisungen des Präsidenten, um einen massiven Interkontinentalraketenschlag zu führen. Beals Kehle wurde trocken und pelzig. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass Ainsworth schon so weit gegangen war. Seine Augen suchten die Auswertungen von Informationen der Midas- und Samos-Satelliten, die nun auf ihren Umlaufbahnen Zentralasien erreicht hatten. Alle bekannten sowjetischen strategischen Positionen, die ›Bären‹-Bomberverbände und die SS-9-Raketenstützpunkte, hatten Bereitschaft 2. Grades, die der Alarmstufe Gelb der Amerikaner entsprach. Auf einer dritten Projektionsfläche konnte er die Bahn der sowjetischen Kosmos-Satelliten und die konstante Überwachung durch das amerikanische Stör-Radar verfolgen und feststellen, dass die Weltraumwaffensysteme des Gegners fast schon auf Knopfdruck gestartet werden konnten.
    Die Anhäufung dieser elektronischen Informationen und die Intensität der vielen Männer, die in der ›Pit‹ und den angrenzenden Räumen konzentriert an ihren Geräten arbeiteten, inmitten einer verwirrenden Vielzahl von Schaltpulten, Kommunikationseinrichtungen und Monitoren, all das wirkte in höchstem Maß erschreckend. Nun bereute Beal, dass er den umfangreichen technischen Teil der Dokumentation für den ›Fall Leerlauf‹, eine dicke Mappe, die ihm am Tag nach dem Referat dieses bebrillten Computerspezialisten von der Yale-Universität durch einen Kurieroffizier zugestellt worden war, nicht genau gelesen hatte. Er hatte es einfach von sich geschoben, all diese Zahlenkolonnen und die nüchternen Berechnungen von ›Megatoten‹ und ›Interdiktionen‹ – es hatte ihn geistig überfordert. Jetzt war er ganz darauf angewiesen, wie Ainsworth und der Generalstab die Lage beurteilten und was nach Meinung der Militärs zu erwarten stand, wenn die Sowjets tatsächlich diese arabischen Banditen vorgeschoben hatten, um die USA zu provozieren.
    Soweit er den Betrieb in der ›Pit‹ beobachten konnte, sah alles nach aktiven

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