Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
Vom Netzwerk:
Hinter ihnen standen zwei KGB-Feldwebel mit umgehängten Maschinenpistolen.
    »Sind Sie Oberstleutnant Gukowski von der ›Desinform‹ des GRU?«
    »Ja, der bin ich. Was wünschen Sie?«
    »Kommen Sie mit uns, Genosse.«
    Gukowski hatte ein unangenehmes Gefühl in der Magengrube. »Darf ich nach dem Grund fragen, Genosse Oberst?«
    »Sie sind verhaftet. Ziehen Sie sich an.«
    Hinter sich hörte er einen leisen Aufschrei. Seine Freundin saß im zerwühlten Bett, die Decke über die Brüste gezogen. »Ist das Ihre Sekretärin Irina Malenkowa?« fragte der KGB-Oberst.
    »Jawohl.« Gukowskis Stimme klang brüchig.
    »Sie ist auch verhaftet. Ziehen Sie sich sofort an, Genossin Malenkowa.«
    Irina wälzte sich aus dem Bett und lief auf stämmigen Beinen zum Schrank, ihre Hinterbacken wackelten bei jedem Schritt, und auf ihrem breiten weißen Rücken hatten sich die Falten des Lakens als rötliche Striemen abgezeichnet. Der KGB-Offizier wandte sich an Gukowski: »Ich habe gesagt, ihr beide sollt euch anziehen. Los, wir warten nicht gern.«
    Gukowski gehorchte stumm. Er spürte Bartstoppeln auf dem Kinn, er war schmuddelig, fragte aber lieber gar nicht erst, ob er sich noch waschen dürfe. Während er hastig in die Uniform schlüpfte, zermarterte er sich das Hirn, was er sich wohl hatte zuschulden kommen lassen, dass so plötzlich diese Katastrophe über ihn hereinbrach. Und warum holten sie auch Irina? Wurde sein gesamtes Büropersonal verhaftet?
    Die Antwort auf diese Frage erhielt er, als er mit Irina und den KGB-Leuten auf die Straße trat. Der frühe Morgen war bitterkalt und sternenklar. Sie gingen zu einer schwarzen Limousine, die am Randstein vor dem Wohnbau parkte. Als die Tür geöffnet wurde, sah Gukowski neben dem Fahrer wie einen armen Sünder seinen Schreiber, Feldwebel Kamenew, hocken. »Es geht um diese verdammten Kosmos-Fotos, Genosse Oberstleutnant. Da haben Sie irgendwas übersehen!« Kamenews Stimme klang fast hysterisch. »Sagen Sie es ihnen, Genosse! Sagen Sie ihnen, dass ich nur ein einfacher Schreiber bin – so eine Art Laufbursche! Genosse Oberstleutnant, bitte sagen Sie es ihnen …«
    »Schweig!« fuhr ihn der KGB-Oberst an.
    Gukowski fuhr herum. »Ist das wahr? Wurden wir deshalb verhaftet?«
    Der Oberst faßte ihn scharf ins Auge. »Sie sind wegen gröblicher Vernachlässigung staatspolitisch wichtiger Pflichten verhaftet. Ihretwegen, Genosse, fliegen wir alle vielleicht innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden in die Luft.«
    Gukowski verstummte. Irina weinte, und Kamenew schrumpfte auf seinem Sitz immer mehr zusammen.
    Etwa eine halbe Stunde später sagte der KGB-Oberst, ohne eine Miene zu verziehen: »Sie werden unter Bewachung auf dem Luftweg nach El Arisch gebracht und dann dorthin, wo sich General Ulanin aufhält. Der General hofft nur eines: Wenn die Amerikaner selbst sehen, welche unfähigen Idioten beim GRU auf verantwortungsvollen Posten sitzen, werden sie es schließlich doch für möglich halten, dass ein erwachsener Mann, der sich einbildet, ein vollwertiger Offizier der militärischen Abwehr zu sein, in seiner Beschränktheit übersehen konnte, was Sie auf den Kosmos-Fotos übersehen haben, welche wir den Israelis zuspielten.« Er holte tief Atem. »Die Amerikaner sind sehr nervös, Gukowski, und wenn sie nervös sind, dann sind sie sehr gefährlich. Auch ich kann nur für uns alle hoffen, dass sie erkennen, was Sie für ein Narr sind!«
    Talcott Quincy Bailey öffnete die Augen. Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn fast glauben, dass er gestorben und in ein Paradies eingegangen sei, wie es die frommen Künstler des Mittelalters dargestellt hatten.
    Vor ihm weitete sich eine große düstere Halle, von goldenen und silbernen Lampen erleuchtet, die von einer mit goldenen Sternen bemalten Holzdecke herabhingen. Zwei Reihen geschnitzter Säulen trugen die Decke, und er sah einige Bogen, die sich ins Dunkel, offenbar zu kleinen Seitenkapellen öffneten. Die linke Säulenreihe leuchtete in farbigem Widerschein, Bailey merkte, dass es die Ostwand war und das Licht von der aufgehenden Sonne kam, die durch bunte Fenster schien.
    Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass er nun schlafen könnte, aber als ihn die Araber vor Morgengrauen zusammen mit den anderen durch ein Labyrinth von Höfen und Gärten bis in die Kirche geführt hatten, da war er, lang auf dem Steinboden ausgestreckt, in einen tiefen Erschöpfungsschlaf gesunken.
    Drei Araber mit automatischen Gewehren im

Weitere Kostenlose Bücher