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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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von der üblichen Langeweile erfüllt gewesen. Der Vizepräsident war nach dem Nahen Osten unterwegs. Der Präsident hatte zwei Tage Urlaub gemacht und war nun wieder in der Stadt. Der Kongress hatte sich vertagt. Bis zur Stunde, als sich Fowler und Mrs. Beal in ihre getrennten Schlafzimmer in ihrem Haus in Georgetown zurückgezogen hatten, war nichts Bemerkenswertes vorgefallen. Er hatte sogar in Erwägung gezogen, heute einen Ausflug nach Rockville zu machen, um eine gewisse Miß MacLean zu besuchen, die dort auf seine Kosten wohnte.
    Admiral Ainsworth gab dem Speaker eine kurze Darstellung der Ereignisse der letzten Stunden. Anschließend verteidigte er Colonel Trasks Handlungsweise als die eines loyalen, tüchtigen, mutigen Offiziers und wollte nun wissen, welche Vergeltungsmaßnahmen seitens der Russen nach Beals Meinung jetzt wohl zu erwarten wären.
    Der Speaker hatte keinen Schimmer, was man von den Sowjets erwarten konnte. Sie waren ihm immer schon ein Rätsel gewesen, sie und ihre Reaktionen. Er hatte einige Mühe, sich auf das zu konzentrieren, was der Admiral nun über Trask zu sagen hatte.
    »Ich nehme an, dass ich schon in der nächsten Stunde ein Fernschreiben von Bill Tate bekommen werde, in dem er mich ersucht, Trask abzuberufen«, sagte Ainsworth. »Ich habe nicht die Absicht, das zu tun. Aber Tate kann sich direkt an den Präsidenten wenden.«
    »Wird er das tun, Stuart? Kann er das?«
    »Leider ja«, antwortete der Admiral. »Das Abkommen, verstehen Sie?« Sooft er vom Zypernabkommen sprach, wurde seine Stimme noch kälter als sonst. Beal erinnerte sich, dass Ainsworth davor gewarnt hatte, einen Vertrag zu ratifizieren, der eine russische Präsenz auf Sinai zuließ. Der Admiral war damals, in den letzten Tagen der vorangegangenen Regierung, Stabschef der Marine gewesen. Als der Präsident ihn nach seinem Amtsantritt – trotz der allgemein bekannten Abneigung, die er gegen ihn hegte – zum Vorsitzenden der amerikanischen Vereinigten Stabschefs ernannte, gab es im Abgeordnetenhaus einige, die die Augenbrauen hochzogen. Die Ernennung war eine der typischen politischen Gesten des Präsidenten: den Tauben in seiner Regierung einen Falken vor die Nase zu setzen.
    »Unser Protokoll unterstellt das amerikanische Friedenskontingent dem Oberbefehlshaber. Sie werden sich entsinnen, dass ich mich gegen das Abkommen ausgesprochen habe. Aus diesem – und aus anderen Gründen«, fügte Ainsworth hinzu.
    Fowler Beal fand schnell in die politische Wirklichkeit zurück. Er war kein brillanter Mann, wohl aber ein politisch denkender. »Der Vizepräsident wird vermutlich darauf bestehen, dass Tate Colonel Trask ablöst. Er wird wütend sein, dass das gerade jetzt, vor seinem Zusammentreffen mit Rostow, passiert ist«, sagte Beal.
    »In Wirklichkeit geht es gar nicht um Trask. Er mag ein wenig übereifrig gehandelt haben, als er die ›Allende‹ zum Halten brachte, aber wenn es sein muß, können wir einen Rechtsfall konstruieren. Was ich befürchte, ist, dass Bailey den Zwischenfall zum Vorwand nehmen könnte, den Russen unbefugt Zugeständnisse zu machen.« Er erhob sich und ging zur Karte. »Sehen Sie«, sagte er und zeigte auf die Sinaiküste. »Die Sowjets behaupten, nur die ihnen zuerkannten fünftausend Mann in ihrer Zone zu haben. Sie werden sich erinnern, dass das Abkommen ihnen weitere zweitausend Mann zur logistischen Unterstützung gestattet. Die Ägypter haben viertausend in ihrer Zone. Nach dem Abkommen steht der anderen Seite somit eine Gesamttruppenstärke von elftausend Mann zu.« Sein langer Finger klopfte auf den oberen Abschnitt des Golfs von Suez. »Hier aber, genau westlich von der Halbinsel, stehen zwei ägyptische Panzerdivisionen.« Er zeigte auf die Westküste des Großen Bittersees. »Hier steht eine Fallschirmeinheit libyscher freiwilliger'.« Nun glitt sein Finger nach Norden, den Suezkanal entlang. »Und hier haben wir zwei Raketenbrigaden der Roten Armee, plus eine Fliegerdivision der roten Luftwaffe.« Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück und blieb einen Augenblick zwischen der mit Goldfransen besetzten Nationalflagge und seiner Admiralsflagge stehen. »Sollten sich die Russen zu einem Angriff entschließen, haben wir genau vier nicht voll gefechtsstarke Brigaden, um sie aufzuhalten. Die Juden, in ihrem Teil der Zone, haben so gut wie nichts. Dafür hat das Abkommen gesorgt.«
    Fowler Beal hatte eine vage Vorstellung, dass diese Angaben nicht genau mit den offiziell bekannt

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