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34° Ost

Titel: 34° Ost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppel Alfred
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der Presseleute im ›Falascha‹ und in den Straßen von Es Schu'uts zeigten nur zu deutlich, dass die Meldungen bereits durchgesickert waren.
    »Die Bestätigung kam vor fünfzehn Minuten, General. Islin wird sie vorentschlüsseln, an die Empfänger weiterleiten, dann wird sie dechiffriert werden müssen und dann …«
    »Ja, ja, dann wird der ganze Vorgang in umgekehrter Reihenfolge nochmals ablaufen, stimmt's?«
    »Das ist die Olympus-Methode, Sir.«
    Tate warf einen Blick zu den Chronometern an der Wand. »Warten Sie noch zehn Minuten auf Antwort, Major. Wenn bis dahin keine Olympus-Meldung eintrifft, schicken Sie einen Funkspruch im Klartext an Sergeant Robinson. Er soll die Kolonne unverzüglich nach El Thamad zurückbringen. Ganz gleich, was der Vizepräsident oder dessen Begleitung dazu sagen mag. Es ist ein ausdrücklicher Befehl von mir, sagen Sie ihm das!«
    »Jawohl, Sir.« Guiberson verschwand aus dem Bildfeld, aber Echo Sierra blieb auf Sendung.
    Tate wandte sich an die Truppenkommandeure, vier Stabsoffiziere in Kampfanzügen: »Setzen Sie Ihre Einheiten in volle Alarmbereitschaft. Ab jetzt ständige Überwachung der Demarkationslinie an der entmilitarisierten Zone.«
    »Besteht nicht die Möglichkeit, dass die Sowjets und die Ägypter diesen Schritt zum Anlass nehmen, gegen uns vorzugehen?« fragte ein Major.
    Der General dachte an Jermolow und Nowotny, und einen Moment lang konnte er sich nur zu gut ausmalen, dass sie dem Kreml einen solchen Schritt nahelegen würden. Dann dachte er an die russische Geschichte und den alten General Ulanin, der in einem Krieg gekämpft hatte, für dessen Ausmaße den meisten der Anwesenden das Vorstellungsvermögen fehlte. »Nein, das würden sie nicht tun, Major. Aber treffen wir lieber entsprechende Vorkehrungen …« Nun fiel ihm auch Talcott Bailey ein, und er fügte hinzu: »… soweit wir freie Hand haben.«
    Trotz der Bemühungen des Pentagons, den Absturz der Präsidentenmaschine geheim zu halten, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer auf der ganzen Welt.
    Auf Zypern belagerten erregte Korrespondenten das Informationsbüro des Hochkommissariats. Von ihnen erfuhr um 18 Uhr 50 Osteuropäischer Zeit ein Spion die Neuigkeit und gab sie telefonisch an Damaskus weiter. Nach dieser Version war bei der ›Air Force One‹ ein Sabotageakt farbiger Bodenpersonalmitglieder erfolgt, als Sympathiekundgebung für die Befreiungsbewegungen in allen Ländern, wo ›Unterdrückung‹ herrschte. Der Informant behauptete klipp und klar, der Präsident der USA sei ›von einer Sprengladung, die schwarze Freiheitskämpfer in sein Flugzeug legten, bei der Explosion in Stücke gerissen worden‹. Unsicher, wie man auf diese erfreulichen Neuigkeiten reagieren sollte, befahl das syrische Oberkommando zunächst einmal die Beschießung der Golanhöhen. Kibbuzbewohner in diesem umstrittenen Territorium, die für die Nacht bereits ihre Bunker aufgesucht hatten, zählten vierzehn Einschläge.
    In Moskau, wo es eine Stunde später war als in Damaskus, wurde eine außerordentliche Sitzung des Politbüro-Exekutivkomitees einberufen, und in einer Reihe von dringlichen Anfragen an die sowjetische Botschaft in Washington um Aufklärung der verworrenen Situation gebeten.
    In New Haven im Staat Connecticut, wo eine Gruppe von Studenten – unter ihnen auch William Tecumseh Tate III – anlässlich des Jahrestages der Unterzeichnung eifrig mit den Planungen für eine Demonstration gegen das Zypernabkommen beschäftigt war, beschränkte sich die Rundfunkberichterstattung auf die kurze Feststellung, Air Force One sei bei der Landung in Palm Springs ›leicht beschädigt‹ worden.
    In Peking und in Tirana gab es nur lückenhafte Meldungen über einen verstärkten Kode-Funkverkehr zwischen NATO-Einheiten und Schiffen der amerikanischen Sechsten Flotte. Durch ihre Botschaft in Kanada erhielten die Chinesen die Nachricht vom Tod Verteidigungsminister Dickinsons. Seltsamerweise – vielleicht aus übertriebener Vorsicht der Diplomaten – verlautete zunächst nichts über den Zustand des Präsidenten, sondern erst Stunden später.
    In Washington wurde die Presse dazu angehalten, lediglich geheimnisvolle Andeutungen über eine erhöhte Aktivität der Spitzenpolitiker des Kongresses weiterzugeben, die Fernsehstationen brachten ihre normalen Programme, nur in Abständen von Einblendungen prominenter Kommentatoren unterbrochen, die sich jeweils eine Minute lang recht unverbindlich und vage

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