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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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besten Zustand befinden werden, sich den Gefahren des Kampfes aussetzen?“
    „Nein; aber es gibt mehrere Gründe, welche mich veranlassen, vor allen Dingen zunächst an sie zu denken. Wir sind doch gekommen, sie zu befreien. Das ist der einzige, wenigstens der Hauptzweck unseres Hierseins. Folglich müssen wir uns bestreben, ihn möglichst schnell zu erreichen. Und dann bringen wir sie durch unseren Angriff auf das Dorf in die größte Gefahr, wenn sie sich noch auf der Insel befinden. Die drei Wärter können leicht auf den Gedanken kommen, die Gefangenen umzubringen, damit diese nicht gegen sie aussagen können.“
    „Das ist richtig. Weiter!“
    „Ferner kennen die Gefangenen die hiesigen Verhältnisse jedenfalls besser als wir; auf die Aussagen des Irren dürfen wir uns nicht unbedingt verlassen, und so ist es gewiß von großem Vorteil für uns, erst die Gefährten zu befreien und später an den Angriff gegen das Dorf zu denken. Wollen Sie noch mehr Gründe?“
    „Ich traue Ihnen zu, daß Sie noch einige vorbringen könnten, aber ich habe genug und muß Ihnen recht geben. Wie aber wollen Sie die Gefangenen von der Insel bringen?“
    „Ich habe die Wahl zwischen zwei Wegen. Entweder machen wir erst die Wächter unschädlich, worauf die Bewachten leicht fortgeführt werden können; oder wir holen sie heimlich, ohne daß die Wächter etwas davon merken.“
    „Beides ist schwierig. Wenn die Giftwaffen nicht wären!“
    „Die sind ungefährlich, wenn wir so rasch und unerwartet über die Roten kommen, daß sie sich derselben gar nicht bedienen können.“
    „Aber gerade dieses Über-sie-Kommen ist ja das schwerste. Sie haben ein Feuer und sehen also unser Boot kommen. Auch machen sie oft die Runde. Man vermutet sie am Feuer und stößt dann plötzlich auf sie, um eine vergiftete Pfeilspitze in den Leib zu bekommen.“
    „Nun, ich will Ihnen keineswegs zureden. Ihr Geist könnte mir später erscheinen und mir vorwerfen, daß ich Sie in einen so giftigen Tod getrieben habe. Ich getraue mir, den Coup ganz allein auszuführen. Nehmen wir uns in acht, so ist es gar nicht möglich, daß einer von uns verwundet wird, eben weil unsere Kugeln weiter fliegen als ihre Pfeile. Wir könnten die Kerle umzingeln und einzeln niederschießen, wie man Krähen von den Bäumen schießt. Aber das will ich nicht. Es soll so wenig wie möglich Blut, vielleicht nicht ein einziger Tropfen, vergossen werden. Morgen früh muß die Geschichte zu Ende sein, damit wir schon am Mittag wieder aufbrechen können.“
    „Ich glaube nicht, daß sich die Sache so sehr schnell erzwingen läßt.“
    „Und ich bin überzeugt davon. Streiten wir uns jetzt nicht, sondern kehren wir zurück. Wir wissen nun, woran wir sind und daß der Irre uns nicht belogen hat.“ Ich öffnete das Fernrohr und schaute durch dasselbe nach der Lagune. Der dieselbe umgebende Bambusgürtel war so dicht und so hoch, daß ich selbst mit Hilfe des Rohres nichts von der Insel, ja nicht einmal eine glänzende Stelle des Wassers bemerken konnte. Ich mußte mich also heute abend in der Dunkelheit zurechtzufinden suchen, nachdem ich mich vorher bei dem Irren genau erkundigt hatte. Für jetzt war nichts zu tun, und so traten wir den Rückweg an. Einen so leichten und gefahrlosen Rekognoszierungsgang hatte ich noch nie gehabt. Es war wohl nur ein Zufall gewesen, daß sich auf dieser Seite des Dorfes kein Mensch befunden hatte.
    Als wir den alten Desierto mit seinen Tobas erreichten, saß der irre Mbocovi noch immer essend bei ihnen, und ich erfuhr, daß er ohne Aufhören gekaut, aber kein Wort gesprochen hatte. Er nickte mir freundlich, ja fast liebevoll zu, sagte aber nichts, sondern aß weiter.
    „Der gute Mann muß wirklich entsetzlichen Hunger gehabt haben“, meinte der Desierto in deutscher Sprache zu mir. „Er ist von seinen Stammesgenossen vernachlässigt worden, und ich habe Lust, für ihn zu sorgen. Seine Aussagen haben uns Vorteil gebracht, und schon darum möchte ich ihm dankbar sein. Mag unser Angriff auf die Mbocovis ausfallen, wie er wolle, ich nehme mich dieses Mannes an. Er mag mit uns ziehen und fortan zu uns gehören.“
    „Daran tun Sie sehr recht, und ich habe das auch nicht anders von Ihnen erwartet. Das, was wir von ihm erfahren haben, ist für uns noch wertvoller, als Sie jetzt denken.“
    „So? Haben Sie auf Ihrem jetzigen Gang Gutes erfahren?“
    Ich teilte ihm mit, was ich beobachtet hatte, und dann wurde Beratung gehalten. Ich blieb bei meinem

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