35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
Plan, vor dem eigentlichen Angriff unsere Gefährten zu befreien, aber Pena war dagegen, und der Desierto stimmte ihm bei. So standen die Ansichten zweier gegen meine vereinzelte, und ich mußte mich fügen. Ich tat dies, aber nur scheinbar, denn ich war fest entschlossen, nun heimlich auf meine eigene Faust zu handeln.
Der Grund, daß die beiden gegen mich waren, bestand darin, daß es uns so leicht geworden war, die Mbocovis, als sie das Dorf der Tobas überfallen wollten, einmal durch List und das andere Mal durch Umzingelung in unsere Hände zu bekommen. Daraufhin meinte der Desierto:
„Genauso können wir es auch jetzt machen, und ich bin überzeugt, daß es uns gelingen wird. Allem Anschein nach können wir hier bleiben, ohne daß man uns bemerken wird. Wir warten bis nach Mitternacht und schließen dann das Dorf ein. Halten wir uns außerhalb des Bereiches der Giftpfeile, so kann uns nichts geschehen, während unsere Kugeln von allen Seiten bis in das Dorf fliegen werden. Die Feinde sind, wenn sie nicht nacheinander erschossen werden wollen, gezwungen, sich uns zu ergeben.“
„Es kann auch anders kommen“, entgegnete ich. „Unsere Freunde befinden sich in der Gewalt der Mbocovis. Wie nun, wenn diese letzteren uns drohen, die ersteren zu töten, falls wir Ernst machen?“
„Aber auf der Isleta del Circulo befinden sich nur drei von ihnen. Vor denen brauchen die Gefangenen nicht bange zu sein.“
„Diese drei sind bewaffnet, die Gefangenen aber nicht!“
„Sie vergessen zu bedenken, daß die drei uns gegenüber ebenso Gefangene sind; sie können die Insel nicht verlassen und befinden sich also in unserer Gewalt. Wir drohen ihnen, sie mit dem Tod zu bestrafen, falls sie unseren Freunden nur ein Haar krümmen. Da werden sie sich hüten, uns Veranlassung zur Rache zu geben.“
„Was Sie da vorbringen, klingt freilich ganz plausibel; aber es können Verhältnisse oder Zufälle eintreten, an welche wir jetzt gar nicht denken. Können wir etwa die ganze Laguna umzingeln?“
„Nein.“
„Dann liegt eben die Möglichkeit vor, daß, wenn wir Ernst machen, die drei auf der Insel befindlichen Roten die gefangenen Weißen töten und dann die Insel auf einem schnell gezimmerten Floß verlassen.“
„Nun, in diesem Fall genügt ein einziger von uns, die Leute im Auge zu behalten und sie beim Landen mit seinen Kugeln zu empfangen.“
„Was nützt uns das? Kann der Umstand, daß wir sie dann leicht töten können, uns darüber beruhigen, daß sie vorher unsere Gefährten ermordet haben? Warum wollen wir den Erfolg ganz allein von unseren Waffen abhängig machen, wobei unbedingt Blut fließen muß, wenn wir es in der Hand haben, durch List und ohne Blutvergießen unseren Zweck zu erreichen. Man muß menschlich sein. Kann ich in schonender Weise ganz an dasselbe Ziel gelangen wie durch Gewalttätigkeit, so werde ich mich doch unbedingt für die erstere entscheiden.“
„Und den Schaden davontragen!“ fiel Pena ein. „Ich habe wiederholt gegen Ihre berühmte Humanität geeifert, doch stets umsonst. Und Sie müssen mir zugeben, daß Sie stets, gelinde ausgedrückt, Unannehmlichkeiten davon gehabt haben. Warum sollen immer nur wir menschlich verfahren, während die Roten gegebenenfalls nicht die Schonung hegen würden? Nein! Sie sind überstimmt, und wenigstens dieses Mal will ich auch einen Willen haben. Es kann gar nichts schaden, wenn wir einige Mbocovis wegputzen. Je strenger wir verfahren, desto mehr werden sie sich in Zukunft hüten. Durch Ihre Milde richten Sie nur Schaden an, denn die Roten bleiben dann bei der Meinung, daß sie ungestraft fortfahren können, zu tun, was ihnen beliebt.“
„Das ist ganz richtig!“ stimmte der Alte bei. „Wir müssen ihnen eine Lehre geben, die sie nicht so leicht und so bald vergessen werden. Schonung aber verschlimmert nur die Sache.“
„So bin ich also überstimmt und muß mich Ihnen fügen“, sagte ich in gleichgültigem Ton. „Vor allen Dingen ist es da nötig, dafür zu sorgen, daß wir nicht bemerkt werden. Wir müssen daher, wenigstens so lange es Tag ist, einen Posten an den Waldrand setzen, um sofort benachrichtigt werden zu können, falls jemand sich uns nähern will.“
„Ja, das müssen wir tun“, antwortete der Desierto. „Ich werde zwei von meinen Leuten dazu auswählen.“
„Warum das? Der Posten ist wichtig, und ich denke, es ist am geratensten, daß ich ihn selbst beziehe. Ich nehme den Mbocovi mit. Wir haben das Dorf vor uns
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