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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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noch nicht wußte, daß der Angeschuldigte schon bald befreit sei. Ich gab ihm aber einen bezeichnenden Blick, und er verstand mich gleich.
    Der Kapitän und sein Steuermann blieben neutral. Die Yerbateros standen auf meiner Seite, und so entspann sich ein Streit, den ich dadurch zu beenden suchte, daß ich den Vorschlag machte:
    „Auf diese Weise entscheiden wir nichts. Jede Partei mag einen Sprecher wählen. Beide Sprecher bringen ihre Gründe vor, und dann wird abgestimmt.“
    „Das ist das allerbeste“, sagte Gomarra, welcher natürlich überzeugt war, daß da mehr für als gegen den Tod stimmen würden. „Halten wir ein ordentliches Gericht. Aber wo? Etwa hier? Nein. Der richtige, geeignete Ort wäre unten bei den Wagen, in Gegenwart derer, welche solche Angst ausgestanden haben.“
    Er ahnte nicht, wie willkommen mir dieser Vorschlag war, welchem alle beistimmten.
    „Aber einige müssen als Wächter hierbleiben“, sagte ich, „sonst entkommen uns die Indianer. Ich denke, wir lassen es wie bisher: Ich bleibe mit den Yerbateros hier, und Sie berücksichtigen, daß wir sieben Personen sind, welche gegen das Todesurteil stimmen.“
    „Und wer soll für Ihre Partei sprechen?“ fragte Gomarra.
    „Frater Hilario. Er wird unsere Ansicht zu vertreten wissen.“
    „Schön, bleiben Sie also als Wächter des Kellers hier. Wir andern steigen wieder hinab und nehmen den Kerl mit.“
    „So müssen einige ihn tragen, da er gefesselt ist.“
    „Fällt uns gar nicht ein! Auch noch tragen! Er mag nur laufen. Wir binden ihm die Beine los und nehmen ihn in die Mitte. Entkommen kann er uns nicht.“
    Er bückte sich nieder und knüpfte den Riemen von den Füßen; dann richtete er den Sendador auf und fuhr fort:
    „Die Arme sind doch fest auf den Rücken gebunden? Wollen einmal sehen.“ Er untersuchte die Fessel. Das war ein sehr kritischer Augenblick. Der Sendador hielt aber den Riemen sehr fest in den Händen, denn Gomarra bemerkte mit Befriedigung:
    „Na, das geht ja fast ins Fleisch; den bringt er unmöglich auf. Also vorwärts, mein Bursche!“
    Er faßte ihn am rechten Arm; Pena mußte ihn am linken nehmen, und so führten sie ihn fort, nicht dem Tod, wie sie meinten, sondern seiner Befreiung entgegen. Wir schauten ihnen nach, bis sie im Dunkel der Nacht verschwanden, und warteten dann auf den Lärm, welcher bei seiner Flucht entstehen mußte.
    Es dauerte auch gar nicht lange, so vernahmen wir ein gellendes: „Alto ahí, picaño – halt, Schurke!“
    Diesem Ruf folgten mehrere, und dann war ein kunterbuntes Gewirr von Ausrufungen des Schreckens und Zornes zu vernehmen. Büsche rauschten; Äste und Zweige knackten; eilige Schritte schallten.
    „Er ist fort; er ist frei!“ sagte Monteso. „Hoffentlich gelingt es ihnen nicht, ihn wieder zu ergreifen.“
    „Er wäre ja Ohrfeigen wert, wenn er sich wieder fangen ließe. Warten wir!“ Nach einiger Zeit kam der Bruder gelaufen, mit ihm Gomarra.
    „Señor“, rief der letztere schon von weitem. „Der Sendador ist fort!“
    „Sind Sie des Teufels? Er war doch gefesselt und wurde noch dazu von Ihnen und Pena geführt!“
    „Ja, man sollte es nicht für möglich halten; aber kaum hatten wir die Ruine hinter uns, so riß er sich los und war fort.“
    „Das ist stark! So einen Menschen entkommen zu lassen! Wäre ich doch mitgegangen! Aber man kann doch nicht überall dabei sein!“
    „Oh, Ihnen wäre er auch entflohen!“
    „Sicher nicht, denn ich hätte ihn nicht am bloßen Arm geführt, sondern mit mir zusammengebunden.“
    „Ja, das hätten wir tun sollen. Jetzt ist er fort!“
    „Aber wohin?“
    „Wissen wir es?“
    „Sie müssen doch gehört haben, nach welcher Richtung er sich wendete!“
    „Gar nichts haben wir gehört. Wir selbst machten ja so viel Lärm, daß wir von ihm gar nichts hören konnten.“
    „Das war wieder dumm. Sie hätten ganz still stehenbleiben und lauschen sollen.“
    „Ja, nun können Sie uns gute Regeln geben! Wären Sie aber dabei gewesen, so hätten Sie ebenso geschrien wie wir!“
    Laut schreiend und rufend rannte er wieder fort. Der Bruder aber setzte sich zu uns und ließ sich Aufklärung geben; er billigte unser Verhalten und sagte:
    „Wir sind nicht seine Obrigkeit, seine Richter. Befänden wir uns in der Nähe bewohnter Orte, so würde ich beantragen, ihn der Gerechtigkeit zu überliefern; da wir das nicht können, müssen wir ihn laufen lassen. Ich bin überzeugt, daß er der Strafe nicht entgeht.“
    „Und sind

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