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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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rief in dumpfem Ton in spanischer Sprache: „Ihr Verwegenen, ihr seid in diese Wohnung eingedrungen! Wisset, daß ihr verloren seid!“
    „Nein“, antwortete ich in ruhigem Ton. „Wir wissen das weder, noch glauben wir es!“
    Er musterte mich mit drohendem Blick und fuhr dann fort:
    „Wer hat euch nach der Laguna de Carapa gebracht.“
    „Niemand. Wir haben sie selbst gefunden.“
    „Und wer zeigte euch den Weg nach meiner Algarroba?“
    „Kein Mensch.“
    „Aber ihr seid herauf in diese Wohnung gekommen. Es muß euch doch jemand gesagt haben, daß sie hier liegt?“
    „Sie irren. Es hat keiner uns gesagt, daß hier jemand wohnt. Wir haben keinen einzigen Menschen gesehen, also auch mit niemandem sprechen können.“
    „Aber ihr habt doch den Baum erklettert! Folglich müßt ihr wissen, daß er die Treppe zum Felsen bildet!“
    „Wir sahen Fußstapfen, welche bis an den Baum, aber nicht wieder zurückführten. Er war also erklettert worden. Und da sich niemand auf demselben befand, so mußte es hier oben eine Höhle oder überhaupt einen Ort geben, in welchem diese Leute verschwunden waren.“
    „Ich höre, daß ihr sehr verwegene und gefährliche Menschen seid. Ihr kommt an diesen Ort, ergründet auf den ersten Blick dessen Geheimnisse und drängt euch in dieselben ein, ohne um die Erlaubnis zu fragen. Kein Fremder darf erfahren, daß ich hier im Felsen wohne. Wenn es einer weiß, so sagt er es weiter, und das darf nicht sein. Wer sich mit List oder Gewalt eindrängt, den muß ich unschädlich und stumm machen. Ihr werdet diesen Ort lebendig nicht wieder verlassen.“
    Er sprach diese Worte, bei denen er drohend die Hand erhob, mit solcher Bestimmtheit aus, daß ich gar nicht daran zweifeln konnte, daß er gewillt sei, sie wahr zu machen. Dennoch antwortete ich in zuversichtlichem Ton:
    „Ich denke nicht, daß Sie diesen Vorsatz ausführen werden! Der Ausgang steht uns offen. Wir brauchen nur zu gehen.“
    „Ihr würdet nicht weit kommen, denn selbst wenn ihr das Freie erreichtet, so würden meine Krieger euch festnehmen. Ich brauche nur ein Zeichen zu geben, so eilen sie herbei.“
    „Es wäre ihnen unmöglich, so schnell hier zu sein, weil sie bei den Chiriguanos sind.“
    „Ah! Das weißt du?“
    „Ja. Ich weiß, daß sie gegen diese Indianer gezogen sind.“
    „So seid ihr Spione, welche sich um unsere Angelegenheiten bekümmern. Ich habe also doch richtig gedacht, als ich euch für gefährliche Menschen hielt. Verlaßt euch nicht auf eure Vermutungen! Ja, die meisten meiner Leute sind zwar fort, aber es sind ihrer mehr als genug zurückgeblieben, um euch zu überwältigen!“
    „Wir werden uns wehren. Wir haben Waffen!“
    „Dazu kommt ihr gar nicht, denn ihr werdet die Algarroba gar nicht erreichen.“
    „Weißt du nicht, daß die Tür noch offen steht?“
    Ich zeigte hinter mich. Er lachte kurz auf und antwortete:
    „Sie wird sich sofort schließen. Paßt auf!“
    Er zog an einer Schnur, welche neben ihm an der Tür niederhing, und ein Schlag, welcher hinter uns ertönte, gab mir den Beweis, daß die Tür nun geschlossen worden sei. Wir kannten den Mechanismus nicht und konnten also nicht fliehen. Übrigens lag das letztere gar nicht in unserer Absicht.
    „So!“ sagte er. „Ihr seid gefangen. Gebt eure Waffen an mich ab!“
    „Meinen Sie? Das werden wir wohl bleiben lassen. Zwei so kräftige Männer, wie wir sind, haben es unter keinem Umstand nötig, sich einem Einzigen zu ergeben.“
    „Ich bin nicht allein. Überzeugt euch!“
    Er trat vollends herein und dann zur Seite, damit wir sehen konnten, wer oder was sich hinter ihm befunden hatte. Dort schien eine zweite Stube zu liegen; wenigstens war es kein schmaler Gang, in welchem zwei Indianer standen, in deren einem ich den erkannte, welcher uns geöffnet hatte. Sie hatten jeder ein Blasrohr in der einen und einen winzigen kleinen, jedenfalls vergifteten Pfeil in der andern Hand. Das war gefährlich, zumal sie jetzt, da sie unsere Augen auf sich gerichtet sahen, die Pfeile in die Rohre steckten.
    „Wenn das alle Ihre Hilfstruppen sind, so sieht es schlecht um Sie aus!“ sagte ich. „Der eine dieser Männer ist vor uns ausgerissen, und der andere wird wohl auch nicht mehr Mut besitzen.“
    „Er lief aus Schreck davon, weil es für ihn unmöglich war, sich zu denken, daß fremde Leute an der Tür sein könnten. Ihr habt denselben Eindruck auf ihn gemacht, welchen eine Gespenstererscheinung selbst auf den mutigsten Mann

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