36 - Das Vermächtnis des Inka
Geologe und Paläontologe!“ rief der Kleine aus, indem er zwischen den Wörtern Pausen des Erstaunens machte.
„Wenn auch das nicht; aber wenn ich ein Megatherium fehlerlos zusammenzusetzen verstehe, bin ich wahrscheinlich auch imstande, ihnen in Tucuman alles einzukaufen und zu senden, was zum Präservieren und Verpacken dieser Knochen gehört.“
„Davon bin ich vollständig überzeugt. Also Sie reisen von hier ab? Schon übermorgen?“
„Ja.“
„Wohin?“
„Hinauf nach der Barranca del Homicidio.“
„Wie gern möchte ich mit! Aber Sie sehen ein, daß mir dies nun vollständig unmöglich ist. Meine Anwesenheit ist hier ungeheuer notwendig, und auch Fritze muß hier bleiben.“
„Ich begreife es, und werde Sie den Cambas empfehlen, auf deren Freundschaft Sie sich verlassen können.“
Nach diesen Worten entfernte er sich und gab auch den anderen einen Wink, den Gelehrten und seinen Diener jetzt bei dem Skelett allein zu lassen.
Es fiel Morgenstern gar nicht ein, sich zu bedanken oder auch nur zu fragen, wie der Vater Jaguar denn eigentlich auf den Gedanken gekommen sei, das Megatherium für ihn auszugraben. Er war so sehr mit seinem wertvollen Fund und dessen Einzelheiten beschäftigt, daß er zunächst für etwas anderes gar keine Gedanken hatte. Er betrachtete und betastete die einzelnen Knochen zum zehnten- und zum hundertstenmal und sprach dabei unaufhörlich erklärend auf Fritze ein, welcher die Feuer immerfort schüren mußte, damit das Faultier ja im hellsten Licht strahle.
Der Vater Jaguar aber sagte zu Geronimo, als sie mit den anderen nach dem Lagerplatz zurückgekehrt waren und sich dort niederließen: „Ich habe meinen Zweck erreicht. Dieser Gelehrte wird uns mit seinem Diener keinen Schaden mehr machen. Die beiden bleiben hier fest kleben. Ich glaube, sie ließen sich von zehn Pferden nicht fortziehen. Wir können also ruhig hinauf in die Berge, ohne befürchten zu müssen, daß sie uns wieder einen ihrer Eulenspiegelstreiche spielen.“
„Und du willst nicht direkt nach Salta, sondern über Tucuman?“
„Ja. Über Salta müßten wir reiten; der weite Weg würde die Pferde ermüden, wodurch wir nur langsam vorwärts kämen. In Tucuman aber verkaufen wir die Pferde und fahren mit der Diligence weiter. Das geht wie ein Wetter, weil die Pferde oft gewechselt werden. In Salta aber nehmen wir Maultiere, welche in den Bergen unvermeidlich sind.“
„Von wem?“
„Von Rodrigo Sereno, welcher stets die bestgepflegten Tiere hat. Auf diese Weise kommen wir mit einem solchen Vorsprung vor dem Gambusino in die Berge, daß wir genug Zeit finden, alle unsere Vorbereitungen zu treffen, daß weder er noch Antonio Perillo uns entgehen kann.“
„Nimmst du auch Cambas mit?“
„Fällt mir nicht ein. Aber der alte Anciano und Hauka werden dabeisein.“
„Eigentlich sollte doch die Hälfte von uns im Chaco bleiben, um da Tee zu sammeln!“
„Das können diese Leute später nachholen. Jetzt brauche ich sie, um die beiden größten Halunken, welche die Erde trägt, zu fangen.“
„Und Don Parmesan, der Chirurg?“
„Diesen Menschen können wir nicht gebrauchen. Ich werde es so einzurichten wissen, daß er bei Morgenstern und Fritze bleibt.“ So waren also alle Rollen verteilt, und man legte sich nieder, um zu schlafen, da frühzeitig nach dem Dorf zurückgekehrt werden sollte. Morgenstern hätte gewiß vor freudiger Aufregung nicht geschlafen; aber da er schon gestern kein Auge zugetan hatte, fand er heute doch für einige Stunden Ruhe. Die Sonne war jedoch noch nicht aufgegangen, so stand er schon wieder bei seinem Megatherium, um die einzelnen Dimensionen desselben auszumessen und sorgfältig in sein Notizbuch einzutragen.
Er erschrak förmlich, als er hörte, daß aufgebrochen werden sollte. Am liebsten wäre er hiergeblieben, aber da dies denn doch nicht möglich war, mußte er sich von seinem Schatz trennen. Aber er brachte es doch so weit, daß vorher über dem Skelett ein Schutzdach aus Bambus und Schilf errichtet wurde, damit es nicht durch Wind und Regen leiden möge. Dann begann man den Rückweg nach dem Dorf am klaren Bach, welches am Abend erreicht wurde.
Jetzt, da Morgenstern das Megatherium nicht mehr vor sich sah, war er imstande, sich auch mit anderen Dingen zu beschäftigen. Er konnte nun auch daran denken, daß es ein sehr reiches Geschenk seitens der Cambas an ihn sei und daß er dem Vater Jaguar eine sehr schöne und freudige Überraschung zu verdanken habe.
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