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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein Gesicht den Ausdruck großer Spannung annahm.
    Der unvorsichtige Gelehrte, welcher das unangenehme Abenteuer gar nicht hätte erwähnen sollen, erzählte dasselbe. Im Laufe seines Berichtes nahm das Gesicht des Offiziers einen immer ernsteren Ausdruck an, und als derselbe zu Ende war, sagte er in einem viel weniger freundlichen Ton als bisher: „Das tut mir leid, Señor. Kapitän Pellejo ist mein nächster Vorgesetzter, und ich muß Ihnen sagen, daß er sich heut in Fort Uchales befindet und morgen hierherkommen wird. Glücklicherweise werden Sie uns bei seinem Eintreffen schon verlassen haben. Er hat, wie ich genau weiß, heute mit dem Frühesten eine Reise angetreten, um die Befestigungen, welche längs der Indianergrenze liegen, zu inspizieren. Hüten Sie sich, ihm zu begegnen!“
    „Haben Sie keine Sorge um mich! Ich fürchte ihn nicht.“
    „Ob Sie Veranlassung haben, ihn zu scheuen oder nicht, muß mir gleichgültig sein. Ich bin ihm als sein Untergebener für alles, was ich tue, verantwortlich, und wenn er erfährt, daß ich Sie hier aufgenommen habe, wird mich sein Zorn treffen. Es fällt mir natürlich nicht ein, Ihnen das Obdach zu verweigern, aber in einem und demselben Raum darf ich nicht mit Ihnen wohnen. Sie sollten hier bei mir schlafen; nun aber bin ich gezwungen, Ihnen einen anderen Rancho anzuweisen.“
    Er stand auf und ging hinaus. Nach kurzer Zeit kam an seiner Stelle der Chirurg und meldete, daß er den Señores ihre Schlafplätze anzuweisen habe.
    „Kommt der Leutnant denn nicht wieder?“ fragte Morgenstern.
    „Nicht eher wohl, als bis Sie sich entfernt haben, Señor. Er war plötzlich ganz anders geworden und schien zornig auf Sie zu sein. Haben Sie sich mit ihm gezankt?“
    „Nein; aber meine Erzählung, Commemoratio oder Oratio genannt, schien ihm nicht zu gefallen. Legen wir uns schlafen, um morgen mit dem Frühesten aufzubrechen!“
    Der Chirurg führte sie nach einem anderen Rancho, welchen der Bewohner verlassen hatte, um ihnen Platz zu machen. Kein Mensch bekümmerte sich um sie. Ein Talglicht in einen kleinen Kürbis gesteckt, erleuchtete die aus aufeinandergelegten Rasenstücken gebildete Hütte. Dürres Gras war das Lager, doch schliefen die drei während der ganzen Nacht so gut, als ob sie auf Daunen lägen. Beim Morgengrauen waren sie schon wach. Die Soldaten schliefen noch. Sie fingen ihre Pferde ein, sattelten sie, öffneten den während der Nacht verschlossen gewesenen Eingang und ritten davon, ohne die Besatzung des Forts zu wecken, um von ihr Abschied zu nehmen.
    Fritze kannte die Richtung genau, in welcher die Laguna Porongos von Fort Tío liegt, und der Chirurg war auch schon dort gewesen. Darum stand nicht zu befürchten, daß man sich verirren werde.
    Das Reiten kam dem kleinen Gelehrten heute viel leichter vor als gestern. Er hielt es aus bis Mittag; dann aber mußte man ausruhen, nicht nur der Menschen, sondern auch der Pferde wegen, welche man grasen ließ. Wasser gab es nicht; aber das Gras war so frisch und grün, daß die Pferde nicht zu trinken brauchten.
    Nun hatten die Herren Hunger bekommen, und es stellte sich heraus, daß die Warnungen des Leutnants gestern abend doch nicht aus der Luft gegriffen waren. Man hatte während des ganzen Vormittags außer einigen Geiern kein Tier, am allerwenigsten aber ein jagd- und eßbares gesehen. Glücklicherweise besaß der Chirurg ein großes Stück Fleisch, welches er gestern klugerweise von einem der Soldaten eingehandelt hatte. Er war so rücksichtsvoll, dasselbe in drei gleich große Teile zu zerschneiden und zwei davon seinen Reisegenossen abzulassen, allerdings nur gegen bare Bezahlung, ein Umstand, welcher ihnen sagte, was für einen Kameraden sie an ihm haben würden.
    Man brannte von vertrocknetem Gras ein Feuerchen an, um das Fleisch zu braten. Es reichte gerade aus, um die Männer zu sättigen. Nachdem man dann wieder aufgebrochen war, hielt man die Augen ungemein offen, um aufzupassen, ob sich nicht ein Wild sehen lasse. Fritze und der Chirurg hielten ihre Gewehre schußbereit. Die Sorge um die Nahrung hatte begonnen, und man wollte sich heute doch nicht hungrig schlafen legen.
    Der Nachmittag verging, und es wollte Abend werden, ohne daß man eine Jagdbeute erlangt hatte. Der Hunger stellte sich wieder ein. Da rief plötzlich der Chirurg erfreut aus: „Ich hab's, ich hab's gesehen! Wir werden zu essen bekommen.“
    „Was denn? Was haben Sie gesehen?“ fragte der Gelehrte.
    „Ein Vizcacha, ein

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