36 - Die Omen von Kregen
vor. Ich erreichte die Truhe und zerrte bereits mein Schwert heraus, als ein zweiter Tentakel sich totenblaß um mich legte. Kopfüber folgte ich Nath in die Truhe. Der Boden der Kiste hielt unseren Sturz nicht auf, ebensowenig der Boden der Höhlenkammer.
Hilflos, in Tentakel gehüllt, rasten Nath und ich in die Tiefe, aus der schatzfunkelnden Höhle in eine undurchdringliche Schwärze.
17
Wir klatschten ins Wasser und verloren beinahe die Besinnung.
In die Tiefe wurden wir gezogen, tief unter die Oberfläche. Der Tentakel umschloß mich wie ein stählernes Band und hielt meinen linken Arm fest. Das Kurzschwert blieb in der Scheide. Ich hatte keine Zeit, mich zu fragen, wie es Nath ergehen mochte. Das automatische Luftschnappen, ehe der Tentakel mich umfing und in die Tiefe zog, hatte meine Lungen nicht gerade für eine lange Tauchperiode ausgerüstet.
Obwohl ich als Schwimmer oft genug mit einem Fisch verglichen wurde, bin ich doch nur ein Apim. Luft! Wenn ich nicht recht bald frische Luft bekam, war es um mich geschehen.
Das alte Seemannsmesser, das ich an der rechten Hüfte in einer Scheide trug, löste sich mit geölter Leichtigkeit.
Ich wußte, wo der Tentakel war, ich spürte, wo er meine Brust einschnürte. Ich setzte das Messer dagegen und führte dann in aufwallender Wut die Klinge darüber, immer wieder hin und her; schließlich hob ich die Waffe, drückte die Spitze hinein und sägte wie ein Verrückter, der ein Zaubergebräu umrühren mußte.
Der Tentakel löste sich und hätte beinahe das Messer mitgerissen. Die Schwärze, die mich einhüllte, war durchsetzt von winzigen Feuerpunkten. Sie befanden sich nicht im Wasser, sondern in meinen Augen.
Etwas Großes Weiches prallte gegen meine Seite. Ich hatte eben noch Zeit, den reflexhaften Messerstoß zurückzuhalten. Das massige Ding, das da im Wasser rollte, war Nath der Verstockte, und ich spürte den dicken Tentakel, der ihn umgab. Ich durchtrennte diesen Strang, wie ich schon den Tentakel beseitigt hatte, der mich festhielt.
Dann packte ich Nath und schoß zur Oberfläche hoch; dabei war mir auf unangenehme Weise bewußt, daß das unbekannte Monstrum, das uns gepackt hatte, mehr als zwei Tentakel besitzen mochte.
Hier in Csitras Labyrinth, das wußte ich, gab es mindestens einen Teich, dessen Fische und Monstren schärfere Zähne und einen wilderen Instinkt besaßen als irdische Piranhas.
So hielt ich Nath im linken Arm, strampelte mit den Beinen und hielt das Messer in der rechten Faust. Etwas Kaltes prallte mir gegen den Schenkel, und ich stach ohne Nachdenken zu.
Fisch oder ein weiterer Tentakel – ich wußte es nicht. Was immer es war, es verzog sich wieder.
Als ich wußte, daß ich keinen Herzschlag länger durchhalten konnte, stieß mein Kopf durch die Wasserfläche in eine Tasche Luft, die zwar stockig war und nach Fisch roch, die mir aber in diesem Moment wie beste kregische Luft auf einer valkanischen Landzunge vorkam.
Ich zerrte Nath hoch, klatschte ihm mit dem Handrücken gegen die Wangen und schaute mich in der undurchdringlichen Dunkelheit um.
Nein! Nicht ganz! Weiter vorn machte sich ein kränklich aussehender grüner Schimmer bemerkbar. Konnte nicht weit sein. Vorsichtig bewegte ich die Beine in dem Bemühen, das Wasser nicht unnötig aufzuwühlen, und schleppte Nath neben mir her. Zu meiner Erleichterung berührten meine Füße weichen Schlamm.
Als ich an Land gekrochen und Nath aus dem Wasser gezerrt hatte, waren wir beide mit dem übelriechenden Schlamm bedeckt.
Nath atmete noch. Nachdem ich ein wenig Wasser aus ihm herausgeholt hatte, röchelte er und spuckte und würgte hervor: »Bei Vox! Jak! Du hast mich gerettet. Ich dachte schon, ich wäre auf dem unumkehrbaren Weg zu den Eisgletschern Sicces!«
»Noch sind wir nicht in Sicherheit, Dom.«
»Nein. Aber ich danke dir für mein Leben. Und nun – wohin?«
»Schau mal hier!«
Das grüne Licht entsprang einem Schwarm winziger Geschöpfe in einer durchsichtigen Hülle, die an einer Leine baumelte. Ich bemerkte, daß die Geschöpfe nicht darin festsaßen, denn einige krochen zu einer Öffnung und flogen davon, wobei sie ihr Licht verlöschen ließen. Die Schnur hatte ihren Ursprung an einem spiralförmigen Vorsprung auf der Stirn eines Monstrums etwa von Pferdegröße, das an eine Riesenkröte erinnerte – ein Geschöpf, das da im Dunkeln hockte und mit offenem Maul wartete. Das grüne Licht baumelte vor diesem offenen Schlund.
Während wir das Gebilde
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